Reinbek. Schlossfreunde finden keinen Vorstand. Der Verein sorgt für einen Teil des Kulturprogramms und die Führungen. Was noch gefährdet ist.

Das denkmalgeschützte Renaissance-Schloss in Reinbek ist wohl einzigartig im Norden, ja sogar von nationaler Bedeutung. Uwe Sturm, Beisitzer der Schlossfreunde, gerät darüber regelrecht ins Schwärmen: „Nicht allein die Renaissance-Architektur, die kann ich nur bewundern, und auch die gesamte Lage in der Natur kann ich nur bewundern, aber dann noch dieses Flüsschen Bille – das Gesamtensemble ist einfach unvergleichlich“, stellt er fest. Keine Frage, das Schloss ist für viele Reinbekerinnen und Reinbeker identitätsstiftend.

Vielleicht zählt der Förderverein deshalb 659 Mitglieder und war zudem in der Lage, in den vergangenen gut 20 Jahren insgesamt 700.000 Euro Spenden für das Schloss und die Kulturarbeit rund um das Bauwerk zu sammeln. Sein erklärtes Ziel ist es, das Schloss mit Leben zu füllen. „Wir haben jedes Jahr zwischen 25.000 und 27.000 Euro stiften können“, sagt Vorsitzender Helmut Busch nicht ohne Stolz. Dies alles sei nun in Gefahr. Den Schlossfreunden droht trotz ihrer Erfolge die Auflösung. Denn es finden sich keine Nachfolger für die Vorstandsarbeit. „Leider befinden wir uns in einer existenziellen Notlage“, bedauert Busch.

Schloss Reinbek: Förderverein droht das Aus

„Obwohl wir eine enorme Unterstützung und viel Lob aus der Politik, aus unserem Verein und von unseren Gästen erfahren“, ergänzt sein Stellvertreter Rudolf Mattlage. „Wir haben kein Akzeptanz-, sondern ein strukturelles Problem.“ Das Durchschnittsalter der Vereinsmitglieder liege bei 70 Jahren. Helmut Busch und Rudolf Mattlage sind beide 81 Jahre alt. Ebenso wie der Schatzmeister Peter Baeven wollen sie bei den nächsten Vorstandswahlen im April 2025 nicht wieder antreten. „Trotz intensiver Bemühungen in den vergangenen vier Jahren finden wir aber keine Nachfolger oder Nachfolgerinnen“, bedauert Mattlage. Busch erklärt: „Damit wird uns der geschäftsfähige Vorstand fehlen.“

Auch die Gestaltung des Parks ist ein Projekt der Schlossfreunde: Den von  Buxbaum gesäumten Weg und das Rondell haben sie nach historischen Vorlagen rekonstruieren lassen und finanziert. 
Auch die Gestaltung des Parks ist ein Projekt der Schlossfreunde: Den von Buxbaum gesäumten Weg und das Rondell haben sie nach historischen Vorlagen rekonstruieren lassen und finanziert.  © Susanne Tamm | Susanne Tamm

Die Konsequenz wäre die Auflösung des Vereins. Denn seine Satzung schreibt mindestens drei Vorstandsmitglieder und mindestens drei Beisitzer oder Beisitzerinnen vor. Das Vereinsvermögen würde an die Stadt fallen – zweckgebunden für das Schloss und die dortige Kulturarbeit. Doch die ehrenamtlichen Aufgaben und das Fundraising würden wegfallen.

Konzerte sind stets bis zu 90 Prozent ausgebucht

Neben dem Kulturprogramm der Stadt Reinbek organisieren die Ehrenamtlichen regelmäßig vier Veranstaltungen: die „Opernstars von morgen“ im Februar, das Konzert „Jugend musiziert“ (12. Mai), „Heiteres beim Wein“ (1. September) sowie die „Harfensoiree“ am ersten Adventswochenende (30. November). „Unsere Veranstaltungen sind immer zu 80 bis zu 90 Prozent ausgebucht“, erklärt Mattlage. Außerdem kommen noch Führungen durch das Schloss und durch den Park für unterschiedliche Altersgruppen hinzu.

Der Vize führt regelmäßig die Kinder-Rallyes durch das Schloss. „Das macht denen richtig Spaß“, hat er beobachtet. Und offenbar nicht nur den kleinen Gästen, sondern auch ihm. „Diese positiven Rückmeldungen sind auch immer richtige Erfolgserlebnisse“, erzählt er. Er wohnt seit 1971 in Reinbek und habe eine innere Verbindung zur Schlossstadt entwickelt. Als ein Freund und eine Nachbarin ihn überzeugt hatten, dem Verein beizutreten, habe er zwei Beweggründe dafür gehabt: „Einerseits war da das Interesse: ‚Was ist das eigentlich für ein Gemäuer?‘ und andererseits wollte ich der Stadt auch etwas zurückgeben“, erinnert sich der 81-Jährige.

Herzensanliegen: Leben in das Schloss tragen

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Auch Helmut Busch sagt, er habe den brennenden Wunsch gespürt, historische Bildung zu vermitteln. „Das ist heute wichtiger denn je“, stellt er fest. „Der Austausch mit den Besuchern, ihr Verständnis für die Renaissance zu wecken, was drückt das Gebäude aus, vor welchem historischen Hintergrund haben die Menschen dort gelebt.“ Dies und die Reaktionen der Gäste habe ihn all die 22 Jahre motiviert. „Wir arbeiten hier nichts ab“, erklärt der 81-Jährige. „Es ist uns ein Anliegen, dieses Leben ins Schloss zu tragen.“

Bei einer Führung durch das Schloss, zuletzt waren 50 Besucher gekommen, würden auch die Guides im Dialog mit den Gästen immer Neues hinzulernen. Er ermuntert Interessierte dazu, sich an ihn oder seinen Vize zu wenden. „Ich wäre auch bereit, einem neuen Vorstand im Hintergrund ein Jahr lang Hilfestellung zu geben“, versichert Helmut Busch.

Ohne die Schlossfreunde wäre das Bauwerk leer

Uwe Sturm ermuntert Interessierte dazu, neue kulturelle Aspekte zu Projekten zu entwickeln. „Ich habe damals den historischen Schlosspark für mich entdeckt“, erzählt der 71-Jährige. „Es lohnt sich einfach, sich für dieses historische Kleinod einzusetzen, es zu fördern und im Sinne des Denkmalschutzes weiterzuentwickeln.“

In der Vergangenheit hat der Verein beispielsweise die Audioguides, die der Schauspieler Bjarne Mädel besprochen hat, bespielt und mit 4500 Euro finanziert. Für das Jahr 2024 planen die Schlossfreunde in einige Projekt zu investieren: Restaurierung eines Gobelins im Eingang (5000 Euro), Abdeckung für den Gedenkstein des Amtsmannes Edgar von Hobe (4000 Euro), Restaurierung des Flügels (3000 Euro), 6000 Euro für ein Rondell im Schlossgarten sowie 2000 Euro für allgemeine Reparaturen im Schloss.

Dänischer Herzog ließ Schloss Reinbek ab 1571 bauen

Tatsächlich gäbe es ohne die Schlossfreunde im Innern des Bauwerks nicht viel zu besichtigen. Denn von der Ausstattung war nichts erhalten. Ein historischer Kronleuchter, der aus dem Schloss stammt, hängt heute im Schleswiger Dom. Der Förderverein hat schließlich einen Leuchter für 23.000 Euro rekonstruieren lassen. Er sorgt heute im Treppenhaus für Stimmung. Die meisten Gobelins und Möbelstücke haben die Schlossfreunde gespendet.

Ab 1571 ließ der dänische Herzog Adolf I. von Schleswig-Holstein-Gottorf es auf dem Gelände des ehemaligen Zisterzienserordens mit dem Holz aus dem angrenzenden Sachsenwald errichten. Die Bauzeit betrug fünf Jahre. Zuerst Residenz für Herzöge und Amtsmänner, war es ab 1874 ein Hotel, 1939 wurde es von der Stadt Hamburg erworben. Dort war bis in die 1970er Jahre das Holzwissenschaftliche Institut der Universität Hamburg untergebracht.

Restaurierung hat 23 Millionen Mark gekostet

Der Kreis Stormarn und die Stadt Reinbek hatten das Schloss 1972 für Null Mark und zum Grundstückspreis von 250.000 Euro von Hamburg erworben. Es wurde von 1977 bis 1987 für 23 Millionen Mark aufwendig restauriert und 1985 als Kulturzentrum eröffnet. Seitdem sind auch die Freunde des Schlosses dort aktiv. Wer daran mitarbeiten möchte, dass das historische Gebäude ein kulturelles Zentrum bleibt, erreicht Helmut Busch telefonisch unter 04104/4926 oder per E-Mail an Helmut.Busch@googlemail.com.