Wedel. Binnen der nächsten sechs Monate braucht das Rathaus einen gewählten Chef. Die Zeit drängt, aber die Politik zögert noch ein wenig.
Nachdem die Wedeler ihren Bürgermeister Gernot Kaser am 9. Juni vier Jahre vor dem regulären Amtsende abgewählt hatten, wurde das Wahlergebnis vom Gemeindeabstimmungsausschuss am 20. Juni offiziell bestätigt. Nun tickt die Uhr. Denn laut der Gemeindeordnung Schleswig-Holstein muss innerhalb von sechs Monaten ein neuer Bürgermeister gewählt werden.
Die Wedeler Ratsfraktionen möchten dieses Mal einen Politiker aus den eigenen Reihen ins Rennen um den Job an der Wedeler Verwaltungsspitze schicken, nachdem bei der Bürgermeisterwahl 2022 mit dem damaligen Amtsinhaber Niels Schmidt, dem Sieger Gernot Kaser und dem vor der Stichwahl unterlegenen Tobias Kiwitt drei parteilose Kandidaten zur Wahl angetreten waren. Christian Stolle, ebenfalls parteilos, hatte seine Kandidatur zuvor zurückgezogen.
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Die Parteien halten sich bei der öffentlichen Aufstellung von Kandidaten bisher noch bedeckt. Kiwitt, mittlerweile Ratsherr in der Grünen-Fraktion und neben Julia Fisauli-Aalto stellvertretender Bürgermeister, hält sich eine Kandidatur um das Amt offen. Interimsweise hatte die damalige CDU-Fraktionsvorsitzende Julia Fisauli-Aalto nach Ratsbeschluss und initiiertem Abwahlverfahren das Rathaus seit Ostern geführt. Und die CDU-Politikerin macht es nach Kasers Abwahl – 10.758 Wedeler stimmten dafür, 4172 dagegen – auch weiterhin.
Ob sie sich zur Wahl stelle, stehe nach wie vor nicht fest, sagt sie. Wie die anderen Parteien auch befinde sich die CDU nach der Abwahl noch in einer „Findungsphase“. Über ihren Interimsjob sagt Fisauli-Aalto: „Es macht mir Spaß und ich möchte in der Zeit bis zur kommenden Bürgermeisterwahl diese Aufbruchstimmung in der Verwaltung aufrechterhalten.“
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In den bisherigen gut drei Monaten sei es aus ihrer Sicht gelungen, die nötige Ruhe ins Rathaus zu bekommen. „Ich habe mich in die Strukturen eingearbeitet, an die Abläufe gewöhnt und meine Wertschätzung den Verwaltungsmitarbeitern gegenüber zum Ausdruck gebracht. Die Verwaltung ist das Herz Wedels und die Mitarbeiter haben signalisiert, dass sie den Weg mit mir gehen wollen“, lobt die 51 Jahre alte stellvertretende Bürgermeisterin ihre Teams.
Die CDU ist mit 13 Sitzen die stärkste Ratsfraktion in Wedel, es folgen die Grünen mit neun Ratsfrauen- und herren. Die SPD stellt sieben Mitglieder, die Wählergemeinschaft Wedeler Soziale Initiative (WSI) kommt auf fünf Mitglieder. Die FDP hat vier Vertreter im Stadtparlament, die Linke stellt zwei Ratsherren. Die Linke und auch die WSI wollen keinen eigenen Kandidaten aufstellen.
Bürgermeister-Kandidatin oder -kandidat: Wedeler Grünen tagen am 3. Juli
Die Grünen möchten voraussichtlich einen Bewerber für das Bürgermeisteramt stellen, starten allerdings erst in der kommenden Woche wegen der Urlaubszeit ihre Sondierungsgespräche. Am Mittwoch, 3. Juli, wird getagt. Die Wedeler Parteivorsitzende Petra Kärgel spricht von einer großen Herausforderung, binnen sechs Monaten den Wahlkampf zu bestreiten.
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„Auf der Sitzung diskutieren wir unser weiteres Vorgehen und stellen uns den vielen Fragen zu diesem Thema. Wir sind das Thema Kandidatur zwar schon vor zwei Jahren intensiv durchgegangen, müssen nun aber sehen, welche Kriterien wir nach den Erfahrungen einer Abwahl für eine mögliche Auswahl einer Kandidatin oder eines Kandidaten ansetzen. Mehr kann ich dazu nicht sagen, weil wir uns im Vorstand zunächst abstimmen müssen“, so die Vorsitzende.
Grüne fordern eine „Persönlichkeit“ – kandidiert SPD-Vorstand Claudia Wittburg erneut?
Frauen in Spitzenpositionen in den Gemeinden in Schleswig-Holstein – und auch in ganz Deutschland – seien unterrepräsentiert. Kärgel könne sich daher auch gut eine Bürgermeisterkandidatin vorstellen, doch das passende Anforderungsprofil für den Job in Wedel sei letztlich wichtiger als das Geschlecht. „Aus meiner Sicht bräuchten wir einen offenen und kommunikativen Kandidaten für das Amt. In die beruflichen Felder kann man sich einarbeiten, aber eine gewisse Persönlichkeit müsste schon mitgebracht werden“, so Kärgel.
Aus den Reihen der Wedeler SPD könnte der Wedeler Jochen Möller, aktuell Landesvorsitzender der DLRG Schleswig-Holstein, ein Bürgermeister-Kandidat sein, hat seine Kandidatur allerdings nicht bestätigt. Die aktuelle SPD-Vorsitzende Claudia Wittburg trat 2016 gegen Niels Schmidt an und scheiterte mit 45,6 Prozent in der Stichwahl nur knapp am langjährigen Amtsinhaber. Direkt danach kündigte sie an, es noch einmal versuchen zu wollen. 2022 kandidierte sie allerdings nicht. Vielleicht 2024?
SPD hat eine Findungskommission eingerichtet – und lädt zur außerordentlichen Mitgliederversammlung
Doch auch bei den Sozialdemokraten möchte sich niemand so recht zum jetzigen Zeitpunkt in die Karten schauen lassen. „Dazu kann ich nichts sagen. Nur so viel: Es gibt eine SPD-Findungskommission und die Kandidatur ist intern ausgeschrieben. Der Punkt steht auf der Tagesordnung unserer außerordentlichen Jahreshauptversammlung am 4. Juli“, sagt Wittburg.
Die Wedeler FDP-Parteivorsitzende Nina Schlling hat es in Bezug auf die kommende Bürgermeisterwahl auch noch nicht eilig: „Bisher ist die Stellenausschreibung für den zukünftigen Bürgermeister oder die Bürgermeister noch nicht veröffentlicht und alle Beteiligten, ob nun auf Seiten der Verwaltung oder auf Seiten der ehrenamtlichen Politik atmen einmal durch, während das Tagesgeschäft ja weiterläuft.“
Die FDP werde die Bewerbungen aller Kandidatinnen und Kandidaten gern entgegennehmen. Und: „Aktuell gibt es keine Tendenz, ob die FDP Wedel einen eigenen Kandidaten stellen wird.“ Eine Abendblatt-Anfrage an die Wedeler Verwaltung bezüglich der anstehenden Bürgermeisterwahl blieb bisher unbeantwortet. Ex-Bürgermeister Niels Schmidt hatte gleich nach der Abwahl Kasers abgewinkt. Er werde nicht noch einmal kandidieren.