Norderstedt. Ein Teil der Familie will Wohnungsbau an altem Standort des Traditionsunternehmens in Norderstedt. Doch Claus Meyer kämpft dagegen.
- Standort des Gartenmöbel-Unternehmens an der Ohechaussee soll Wohnungen weichen
- Innerhalb der Familie Meyer gibt es zwei Lager
- Claus Meyer setzt auf Widerstand aus der Bevölkerung – doch das Grundstück gehört längst einem Investor
Eigentlich schien fast alles geklärt. Auf dem Eckgrundstück von Meyer‘s Mühle an der Ohechaussee/Ochsenzoller Straße in Norderstedt sollen in den nächsten Jahren rund 119 Wohnungen entstehen, die Hälfte davon gefördert, dazu Gewerbeflächen, mit bis zu sechs Geschossen samt Tiefgarage. Vom Traditionsunternehmen, das hier seit 100 Jahren seinen Sitz hat, würde maximal noch in nostalgischer Form die goldene Inschrift bleiben. Doch nun hat sich plötzlich eines der Geschwister, Claus Meyer, mit Kritik an dem Neubauprojekt zu Wort gemeldet. Das sorgt für einige Unruhe – in der Politik, aber eben auch innerhalb der Familie.
Im Protokoll des Ausschusses für Stadtentwicklung und Verkehr wurde das Statement sorgfältig vermerkt. Zuvor hatten die Fraktionen mit deutlicher Mehrheit für die Fortführung des Bebauungsplans gestimmt (14 Ja-, eine Nein-Stimme), sodass im nächsten Schritt die frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung stattfindet. Dazu gehört eine öffentliche Infoveranstaltung, irgendwann im ersten Quartal 2025.
Traditionsunternehmen Meyer‘s Mühle in Norderstedt: Brüder-Streit um Neubauprojekt
Meyer stellte sich dagegen. Er habe den Eindruck, „dass ein Abriss von dem Objekt ‚Meyer‘s Mühle‘ und ein anschließender Neubau von der Bevölkerung nicht gewünscht sei“. Er zweifelte an, ob diese überhaupt befragt worden sei, und brachte zum Ausdruck: Die Planung müsse überdacht werden.
Im Gespräch mit dem Abendblatt bekräftigt er das. Zur Erklärung: Claus Meyer ist, genauso wie sein Sohn Martin, Geschäftsführer der Meyer‘s Mühle Gartenmöbel GmbH. Verkauft werden hochwertige Stücke, allerdings befindet sich hier lediglich die Ausstellung, das Abhollager ist am Rugenbarg. Das Unternehmen besteht getrennt von dem Gartentechnik-Zweig sowie der neuen „Meyer‘s Welt“. Diese umfasst den Norderstedter Wohngarten, also die 2022 unter neuem Namen umfirmierte Gartenabteilung, die Markthalle und den Santos-Grillshop am Rugenbarg.
„Das Objekt gehörte Harald und Lorenz Meyer, das sind meine Brüder. Die haben vor Jahren ohne unser Zutun an einen Investor verkauft. Der plant, dort eine maximale Bebauung zu ermöglichen.“ Aber, so Claus Meyer, „das hat alles nichts mit Meyer’s Mühle zu tun.“ Er betont immer wieder: Das Unternehmen selbst sei nicht verkauft worden. „Der Wohngarten und Santos ist nicht Meyer’s Mühle.“
Eigentümer der Fläche und des Gebäudes an der Ohechaussee ist seit 2021 der Hamburger Immobilieninvestor Timo Stelling, dieser ist zugleich Vermieter von Claus Meyer, der also keine Handhabe über das Grundstück hat. „Es wird so dargestellt, dass das Bauprojekt im Interesse von Meyer’s Mühle ist. Das ist nicht der Fall. Es gibt zwei gegensätzliche Interessenlagen: Auf der einen Seite der Käufer, auf der anderen Seite Meyer’s Mühle und die Bürger der Stadt. Die haben völlig andere Interessen.“
Und wollen, so empfindet er es, die Firma behalten. „Die Kunden haben seit zwei Jahren nichts als Kopfschütteln geäußert. Die Politik macht eine Planung, die an den Wünschen der Bevölkerung vorbeigeht.“
Meyer‘s Mühle: Abriss werde das Unternehmen „nicht überleben“
Claus Meyer sagt: Das Gartenmöbel-Unternehmen werde einen Abriss „nicht überleben“, würde keinesfalls andernorts neu gebaut. „Dafür bräuchten wir 6000 Quadratmeter Verkaufs- und Lagerfläche. Möbel wird es hier so lange geben, wie das Objekt steht.“ Vielfach käme die Kundschaft übrigens auch aus dem nördlichen Hamburger Raum.
Er hätte einen anderen Vorschlag: „Der Geschäftskomplex bleibt bestehen, mit den 100-jährigen Bäumen. Und der hintere Bereich könnte mit einem Hochhaus-Komplex bebaut werden.“ So etwas ist bislang aber nicht Thema gewesen. Um genauer zu wissen, was die Norderstedter wollen, regt er eine „repräsentative Umfrage an, es könnten 1000 Leute befragt werden“.
Seit 2021 gehört das Meyer‘s-Mühle-Grundstück einem Investor aus Hamburg
Doch die Entscheidungen laufen eben nicht über den Gartenmöbel-Chef. Sein Bruder Harald betont: „Der historische Standort war Eigentum von meinem Zwillingsbruder und mir. Aus Altersgründen haben wir den Gartenmarkt vor drei Jahren geschlossen und das Grundstück veräußert. Die Stadt will hier Stadtentwicklung.“ Und Claus Meyer? „Mein Bruder ist mit den Gartenmöbeln Mieter gewesen von uns.“ Und jetzt sei er das weiterhin, aber eben vom neuen Besitzer.
„Mein Bruder hat ein Eigeninteresse“, sagt Harald Meyer und spricht von einer „Einmischung“. Was er meint: Je länger das Verfahren läuft, oder gar scheitert, desto eher bleiben die Gartenmöbel, wo sie heute schon sind. Denn ein Weiterbetrieb an der Ohechaussee ist in den Planungen nicht vorgesehen.
„Meyer‘s Welt“ am Rugenbarg: „Das ist die Zukunft“
Dort, und das sogar direkt gegenüber, ist die „Meyer’s Welt“ entstanden. „Das ist die Zukunft“, so Harald Meyer. Sein Sohn Niklas trägt hier Verantwortung, führt den Santos-Grillshop, und Geschäftsführerin des Norderstedter Wohngartens ist die langjährige Mitarbeiterin Anni Joseph.
Auch Timo Stelling bestätigt auf Anfrage schriftlich: „Claus Meyer ist seit Erwerb des von Harald Meyer verkauften Projektgrundstückes Mieter in unserer Liegenschaft mit befristetem Mietvertrag.“ Dieser laufe bis zum Baustart. „Claus Meyer war und ist in den vergangenen Jahren ein zuverlässiger Mieter. Um so mehr verwundert uns seine Aussage, da allen Parteien bereits zum Eigentumsübergang klar war, welche Maßnahmen an dem Standort umgesetzt werden sollen.“ Eben ein „vollständiger Abriss“.
Ob auch andere Faktoren eine Rolle gespielt hätten bei den Aussagen von Claus Meyer, darüber wolle er keine Aussage treffen. Und Harald Meyer stellt seinerseits klar: „Wir als Familie stehen voll hinter den Plänen und wollen es der Stadt ermöglichen, das Grundstück zu entwickeln. Eigentlich sind wir verwundert, dass noch nicht gebaut wird.“
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Meyer‘s Mühle soll weichen: Präsentation der Pläne Anfang 2025
Auf jeden Fall ist das Vorhaben nun in einer neuen Phase. Im neuen Jahr wird es die gesetzlich vorgeschriebene öffentliche Präsentation geben, vielleicht im Rathaus oder in der Willy-Brandt-Schule, ein Termin steht noch nicht fest. Dort stellen in der Regel das Amt für Stadtentwicklung und Verkehr sowie der jeweilige Investor die Pläne vor.
Wichtig für alle Bürger: Es können direkt Fragen gestellt oder Anregungen vorgebracht werden. Spätestens dann wird sich zeigen, ob es die von Claus Meyer zitierte Ablehnung in der Bevölkerung tatsächlich gibt. Im Anschluss liegen die Unterlagen dann vier Wochen im Rathaus aus, in dieser Zeit sind schriftliche Stellungnahmen möglich. Später kommt der Bebauungsplan dann wieder in den Ausschuss, wo möglicherweise in der zweiten Jahreshälfte ein Satzungsbeschluss folgen könnte. Wann allerdings Meyer‘s Mühle an seinem historischen Standort abgerissen wird, ist – Stand jetzt – offen.