Norderstedt. Emil Shlil floh 2015 aus Syrien. Heute ist er deutscher Staatsbürger und leitet Yahala-Markt in Norderstedt. Was er über Umsturz denkt.
- Viele Menschen syrischer Herkunft sind erleichtert über den Umsturz der Regierung in ihrem Heimatland.
- Emil Shlil kam 2015 als Flüchtling nach Deutschland und führt inzwischen den Yahala-Markt in Norderstedt.
- Seine Familie in Syrien fürchtet sich vor weiterem Bürgerkrieg.
Wer oft in Norderstedt-Mitte einkaufen geht, kennt ihn: den Yahala-Markt, in dem viele orientalische Lebensmittel zu finden sind. Inhaber Emil Shlil, 35, betreibt den kleinen Markt seit drei Jahren zusammen mit seinen Brüdern. Ende 2015 kam Shlil als Flüchtling nach Deutschland, mittlerweile spricht er nahezu perfekt Deutsch – und ist inzwischen deutscher Staatsbürger. Wie Tausende andere Menschen syrischer Herkunft in Norddeutschland verfolgt er in diesen Tagen gebannt die Nachrichten über den Umsturz in seinem Herkunftsland.
„Mein erster Gedanke war: Puh. Krass. Endlich!“, erzählt Shlil. Er findet es nach wie vor unglaublich, dass die Herrschaft des Assad-Clans nach mehr als 50 Jahren enden konnte. Und stellt sofort klar: „Ich bin auf jeden Fall erleichtert. Jeder in Syrien hatte unter dieser Regierung Probleme.“
Norderstedt: Emil Shlil kommt aus Syrien, seine Familie ist christlichen Glaubens
Seine Familie ist christlichen Glaubens, lebte in der Stadt Homs, bis der Bürgerkrieg kam. Gemeinsam mit einem Bruder floh Emil Shlil im Jahr 2015 über die Türkei, Griechenland und Ungarn nach Deutschland, wo er zuerst in Neumünster wohnte. In Deutschland fasste er schnell Fuß. „Ich bin im September angekommen und habe sofort mit einem Sprachkursus begonnen“, erzählt er. In Syrien hatte Shlil bereits Wirtschaftswissenschaft studiert, in Hamburg machte er noch eine Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann, war einige Jahre angestellt, bis er 2021 den Supermarkt in Norderstedt eröffnete.
„Einige meiner Geschwister leben noch in Homs“, sagt Shlil. Über sie sagt er: „Momentan haben alle Angst und bleiben zu Hause. Sie befürchten, dass es einen weiteren Bürgerkrieg geben könnte.“ Auch Emil Shlil fürchtet das, denn er fragt sich: „Wo sind denn all die Leute hin, die bis vor Kurzem noch Assad bis zum Gehtnichtmehr unterstützt haben?“
Befürchtung, dass Syrien ein „zweites Libyen“ werden könnte
Er befürchtet, dass aus Syrien ein „zweites Libyen“ werden könnte, in dem viele Gruppen um die Macht ringen. „Syrien ist ein Land mit vielen verschiedenen Religionen“, sagt er. Aber er hat auch die Hoffnung, dass es nun endlich Frieden und eine bessere Zukunft für sein Heimatland geben könnte. „Im Moment sieht es ganz gut aus, was die Übergangsregierung macht“, sagt er. Diese dürfe jetzt „nicht nur für die etwas tun, die gekämpft haben“. Außerdem sagt er: „Rache wäre schlimm.“ Stattdessen müsse ein Staat aufgebaut werden, der „für alle da ist und nicht nur für bestimmte Gruppen“. Shlil: „Die Regierung darf keinen Unterschied zwischen den Menschen machen. Syrien gehört allen.“
Syriens Ministerpräsident fordert zur Rückkehr auf – was Shlil sagt
Mohammed al-Baschir, Ministerpräsident von Syriens neuer Übergangsregierung, hat im Ausland lebende Syrer kürzlich aufgefordert, nun in ihr Heimatland zurückzukehren. Das ist für Emil Shlil aktuell keine Option. Er ist mittlerweile deutscher Staatsbürger, hat sich hier etwas aufgebaut, lebt mit seiner Ehefrau Remi und seinem drei Monate alten Sohn Emilio in Moorrege im Kreis Pinneberg.
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Auf die Frage, ob aus seiner Sicht Deutschland etwas tun könne für Syrien, sagt er: „Deutschland und andere Mächte in der Welt sollten erst einmal nur beobachten, was die neue Regierung macht.“ Begehe sie keine schlimmen Fehler, könne das Land finanziell unterstützt werden.
Bleibt die Frage, warum Emil Shlil eigentlich einen deutsch klingenden Namen hat. Er lacht und sagt: „Ich werde manchmal gefragt, ob ich den hier geändert habe. Aber ich hieß immer schon so! Meine Mutter hat mich so genannt, weil sie den französischen Schriftsteller Émile Zola bewunderte.“