Norderstedt. Im verfallenen Gebäude stiegen einst die härtesten Partys der Stadt. Abrissarbeiten laufen. Die Pläne fürs Areal am Ochsenzoll-Kreisel.

Für manche Menschen in Norderstedt war es eine Kultkneipe, die an jedem Wochenende angesteuert wurde (oder auch dazwischen), wo sich Leute aller Gesellschaftsschichten am Tresen trafen und die Nächte in Tage übergingen, andere verschrien diesen Ort wegen exzessiver Saufgelage, Gewalt oder dem Ruch von Prostitution, hätten hier nie einen Fuß hineingesetzt. Doch das „Moby Dick“ ist irgendwie ein Teil der Stadtgeschichte. 2010 wurde es geschlossen, nun verschwindet das weiße Gebäude am Ochsenzoll-Kreisverkehr für immer. Denn der Abriss hat begonnen. Es ist der Startschuss für eine Neustrukturierung des südlichen Stadtrandes.

Von den früheren härtesten Partys in Norderstedt sind längst so gut wie alle Spuren vergangen. Das Abrissunternehmen entrümpelt derzeit die Räume, die wohl viele Geschichten zu erzählen hätten. Vor der Tür türmen sich Heizkörper, verrottete Möbel und Kücheneinrichtung, dazu viele Einkaufswagen. Auf dem Parkplatz steht ein Golf ohne Nummernschilder, auch der muss abtransportiert werden.

Abriss des „Moby Dick“: Norderstedts berüchtigtste Kneipe verschwindet

Norderstedt: Abriss des ehemaligen Moby Dick am Ochsenzoll-Kreisel hat begonnen. Ende Februar sollen die Arbeiten abgeschlossen sein. Einst war hier die berüchtigste Kneipe der Stadt. 2010 schloss der Laden, seitdem verfiel das Gebäude. Seit Jahren gibt es Pläne, hier ein Wohnquartier zu bauen. Das Grundstück ist in Besitz der städtischen Entwicklungsgesellschaft, diese sucht nach einem Investor. Dass jetzt schon abgerissen wird, hat auch Sicherheitsgründe: Gerüchten zufolge haben hier immer wieder Obdachlose gehaust. Zum Areal gehören auch ein früherer Kaminhandel und ein öffentlicher Parkplatz.
Das Grundstück ist in Besitz der städtischen Entwicklungsgesellschaft, diese sucht nach einem Investor. © Christopher Mey | Christopher Mey

Mutmaßlich haben in der alten Kneipe zuletzt immer wieder Obdachlose gelebt, die durch die zerbrochenen Scheiben gestiegen sind. Auch deswegen sollte es jetzt in diesem Winter schnell gehen, denn das Betreten des Hauses war nicht mehr sicher. Das gilt auch für den leerstehenden früheren Kaminhandel Brose, der direkt angrenzt.

1998 erschoss hier der Wirt einen Gast

Norderstedt: Abriss des ehemaligen Moby Dick am Ochsenzoll-Kreisel hat begonnen. Ende Februar sollen die Arbeiten abgeschlossen sein. Einst war hier die berüchtigste Kneipe der Stadt. 2010 schloss der Laden, seitdem verfiel das Gebäude. Seit Jahren gibt es Pläne, hier ein Wohnquartier zu bauen. Das Grundstück ist in Besitz der städtischen Entwicklungsgesellschaft, diese sucht nach einem Investor. Dass jetzt schon abgerissen wird, hat auch Sicherheitsgründe: Gerüchten zufolge haben hier immer wieder Obdachlose gehaust. Zum Areal gehören auch ein früherer Kaminhandel und ein öffentlicher Parkplatz.
Zum Areal gehören auch ein früherer Kaminhandel und ein öffentlicher Parkplatz, auf dem ein Golf ohne Kennzeichen zurückgelassen wurde. © Christopher Mey | Christopher Mey

Seinen Ruf hatte sich das „Moby Dick“ durchaus verdient, auch die Polizei war hier Stammgast, um nach Schlägereien aufzuräumen oder weil sich Nachbarn über den Radau beschwerten. 2005 wurde eine Frau in der direkten Umgebung vergewaltigt, sie hatte ihren Peiniger im Lokal kennengelernt. 1998 erschoss der damalige Wirt einen Gast, 2001 schlug ein Kraftfahrer, der selbst einmal Türsteher war, zwei Männer brutal zusammen. 2002 bedrohte ein arbeitsloser Lackierer mit über zwei Promille im Blut und Springerstiefeln an den Füßen zwei andere Personen mit einer geladenen Pistole, gab draußen sogar Schüsse ab.

Der frühere Eingang des „Moby Dick“ im Jahr 2010. Damals wurde die Kneipe geschlossen.
Der frühere Eingang des „Moby Dick“ im Jahr 2010. Damals wurde die Kneipe geschlossen. © Andreas Burgmayer | HA

Doch die Historie geht noch viel weiter zurück, schon in den 1970er-Jahren wurde im „Moby Dick“ gefeiert. Dort, wo sich heute ein öffentlicher, nun aber gesperrter Parkplatz befindet, war von 1938 bis 1970 sogar ein Kino, das „Parkhof“ mit 375 Plätzen, wo zur Eröffnung „Das Fest der Völker“ lief, der Olympia-Propagandafilm von Leni Riefenstahl.

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Dass im Dezember 2024 hier immer noch ein Schild „Dieses Grundstück ist an Investoren zu verkaufen“ hängt, ist längst überholt. Eigentümerin ist die städtische Entwicklungsgesellschaft (EGNO). Das ausdrückliche Ziel ist, hier ein Wohnquartier zu schaffen. Vor sechs Jahren lag dafür auch schon ein konkretes Projekt vor mit 86 Wohnungen. Doch dieses fiel bei der Politik durch, wurde zwar überarbeitet, aber 2022 dann gestoppt – auch wegen der Baukrise.

Norderstedt: Abriss des ehemaligen Moby Dick am Ochsenzoll-Kreisel hat begonnen. Ende Februar sollen die Arbeiten abgeschlossen sein. Einst war hier die berüchtigste Kneipe der Stadt. 2010 schloss der Laden, seitdem verfiel das Gebäude. Seit Jahren gibt es Pläne, hier ein Wohnquartier zu bauen. Das Grundstück ist in Besitz der städtischen Entwicklungsgesellschaft, diese sucht nach einem Investor. Dass jetzt schon abgerissen wird, hat auch Sicherheitsgründe: Gerüchten zufolge haben hier immer wieder Obdachlose gehaust. Zum Areal gehören auch ein früherer Kaminhandel und ein öffentlicher Parkplatz.
Der Abriss des ehemaligen Moby Dick am Ochsenzoll-Kreisel in Norderstedt hat begonnen. Ende Februar sollen die Arbeiten abgeschlossen sein. Einst befand sich hier die berüchtigtste Kneipe der Stadt. © Christopher Mey | Christopher Mey

Man ist also auf der Suche nach einem neuen Investor. Wie es ab 2025 weitergeht, steht aber nicht fest, im zuständigen Ausschuss für Stadtentwicklung und Verkehr war der entsprechende Bebauungsplan lange kein Thema mehr, das dürfte sich aber im nächsten Jahr ändern. Möglich wäre, dass parallel ein Investoren-Auswahlverfahren läuft, sich also Interessenten bewerben können unter festen Rahmenbedingungen. Klar ist dafür, wann die Vergangenheit ausradiert sein wird. Laut EGNO sollen die Abrissarbeiten voraussichtlich bis Ende Februar abgeschlossen sein. Bis dahin ist das Gebiet gesperrt.