Norderstedt. Geplantes Quartier am Kohfurth in Norderstedt: Toxischer Stoff im Boden gefunden. Es ist das Erbe der früheren industriellen Nutzung.

Die meisten neuen Wohngebiete entstehen in Norderstedt immer noch auf grüner Wiese. Doch dort, wo der Platz fehlt, im urbanen Stadtteil Garstedt, ist es anders. Während in diesen Tagen Baubeginn ist auf der ehemaligen Fläche von Möbel Kabs am Herold-Center, ist ein weiteres Großprojekt noch längst nicht so weit. Und: Das Areal für das geplante Quartier „Garstedter Tor“ zwischen Kohfurth und Stettiner Straße hat bei Untersuchungen etwas zu Tage gefördert, das wiederum besondere Maßnahmen erfordert. Denn im Boden sind giftige Altlasten vorhanden.

Das erfuhr die Politik nun im Detail in der Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung und Verkehr. Dort auf der Tagesordnung: Die notwendige Änderung des Flächennutzungsplans, ohne die das Unternehmen Plambeck hier nicht die anvisierten 230 Wohnungen errichten könnte. Denn über Jahrzehnte hatten die Grundstücke einen anderen Zweck, hier befand und befindet sich Gewerbe. So auch in dem Teil, der sich als kritisch erwiesen hat.

Cyanid: Altlasten auf Neubaufläche am Kohfurth in Garstedt

Es geht um eine Härterei, die einst, und zwar seit den 1950er-Jahren, an der Hausnummer Kohfurth 21 ansässig war. Hier wurden Metalle verarbeitet für die Industrie. Doch Anfang der 2000er machte die Firma dicht, meldete Insolvenz an. Seitdem verfällt das alte Hallengebäude. Unsichtbar sind die Spätfolgen des Betriebs. Denn für das Härten wurden Cyanide verwendet, die hoch toxisch sind.

Die Böden seien mit „umweltgefährdenden Stoffen“ belastet, teilte auch die Verwaltung mit, das hätten Untersuchungen ergeben. Plambeck bestätigt das auf Abendblatt-Nachfrage. „Was wir sagen können, ist, dass die Hauptschadensquelle Cyanid-Verunreinigungen aus dem alten Härtereibetrieb sind“, heißt es.

Plambeck als Investor muss die Bodensanierung bezahlen

Das wird jedoch kein Hindernis sein für den Wohnungsbau. „Die Belastungen werden im Rahmen des Bebauungsplan-Verfahrens ausgeräumt werden, da gibt es eine vertragliche Vereinbarung“, so das Bauamt. Die Sanierung sei „technisch und wirtschaftlich möglich“, stünde der Entwicklung des Wohngebiets nicht entgegen. Die Kosten müsse der Investor tragen. Das sei auch mit dem Kreis Segeberg als zuständiger übergeordneter Umweltbehörde abgestimmt.

Dass der eigentliche Verursacher noch zur Kasse gebeten werden kann, scheint sehr unwahrscheinlich zu sein, wobei weder Stadt noch Plambeck da ins Detail gehen wollen.

Früher „Autofriedhof“ auf dem Areal – und immer noch Handwerksbetriebe

Auch alte Autos und sogar Laster wurden hier auf einer Fläche sogar einmal gelagert, Anwohner nannten das „Autofriedhof“, mittlerweile ist aber alles abtransportiert. Allerdings gibt es auf der Fläche keineswegs nur Leerstand. Ein Garten- und Landschaftsbauer, ein Kfz-Betrieb sowie eine Firma für Heizung und Sanitär sind hier ebenso ansässig.

Neubaugebiet in Norderstedt: Für das Quartier
Schon seit mehr als 20 Jahren ist der Betrieb am Kohfurth geschlossen, die einst ansässige Firma ging insolvent. © Christopher Mey | Christopher Mey

Die Verwaltung hatte hierzu bereits vor Jahren gesagt, dass es aus ihrer Sicht in Norderstedt genügend Grundstücke gebe, damit die Betriebe umziehen könnten. „Die Gemengelage von Wohnbebauung und Gewerbebetriebe ist aus städtebaulicher Sicht unbefriedigend und birgt viele Konfliktpunkte“, hieß es etwa 2019 bei einer Infoveranstaltung im Coppernicus-Gymnasium.

„Garstedter Tor“: Wohngebiet mit nur wenigen Parkplätzen

Die Zukunft wird parallel zur Änderung des Flächennutzungsplans über den neuen B-Plan 337 („Garstedter Tor“) gestaltet. Hier ist das Verfahren im Mai deutlich vorangekommen. Denn die Politik beschloss für zwei Plambeck-Projekte, neben jenem hier auch eines an der Schumanstraße, direkt am Herold-Center, einen Stellplatzschlüssel von 0,3 Parkplätzen pro Wohnung.

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Das hatte zwei Gründe: Erstens sind Tiefgaragen enorm teuer, pro Stellplatz wird in der Regel mit einer fünfstelligen Summe kalkuliert. Und zweitens gelten die neuen Quartiere als optimal angebunden an den öffentlichen Nahverkehr, schließlich sind U-Bahn und ZOB in Garstedt fußläufig in wenigen Minuten erreichbar.

Neubaugebiet: Abriss der alten Gebäude könnte 2025 beginnen

„Wir waren immer davon überzeugt, dass sich Kohfurth mit seiner guten Anbindung an das Nahversorgungsgebiet Kösliner Weg und einem guten Mobilitätskonzept mit geringer Stellplatzzahl realisieren lässt“, sagte der zuständige Projektleiter bei Plambeck, Christian Eikhof, als Begründung.

Das Projekt wird in einer Gesellschaft zusammen mit der Norderstedter Bank sowie einem weiteren (Privat-)Eigentümer umgesetzt. Ende dieses Jahres soll das Bauleitverfahren abgeschlossen sein, dann könnte 2025 der Abriss durchgeführt werden sowie die Sanierung des Cyanid-belasteteten Untergrunds.