Geesthacht. Unternehmen aus Geesthacht nimmt Lagerhalle für Medizinprodukte in Betrieb. KI sorgt für hohe Effizienz. Wie das neue System funktioniert.

Bei Intermed sind die Roboter los. Neun dieser kleinen Automaten, die entfernt an Kultroboter R2D2 aus der Kinoreihe Krieg der Sterne erinnern, wuseln in rasender Geschwindigkeit hoch oben unter der Decke der neuen Hochregal-Lagerhalle am Tempelhofer Weg auf einer futuristischen Stahlgitterkonstruktion herum.

Das alles funktioniert ziemlich geräuschlos. Manchmal bleiben die knallroten Hightech-Würfel auf acht Rädern an einem der vielen quadratischen Löcher stehen. Aus den zwei Ärmchen vorneweg sausen Greifer in der Tiefe, um blitzschnell mit einer herausgefischten grauen Box wieder aufzutauchen.

Mini-Roboter wuseln in rasender Geschwindigkeit unter der Decke der Halle herum

Mit der Beute zwischen dem Ärmchen geht die rasende Fahrt weiter zum nächsten Loch. Dort wird die Box wieder versenkt. 16 Etagen stehen zur Verfügung und in ihnen rund 13.300 Lagerflächen für die Boxen. Autostore-Automatisation heißt die Technik mit dem intelligenten, modularen Robotiksystem.

Die Anzahl der Roboter kann erweitert werden. Ihre Arbeitszeit ist menschlich: von 7 bis 17 Uhr. Aber ein 24-Stunden-Betrieb wäre auch möglich. Sie laden sich selbständig auf. Innerhalb eines Jahres ist auf einem knapp 5000 Quadratmeter großen Areal in direkter Nachbarschaft zum Unternehmenssitz von Intermed an der Spandauer Straße eine Logistik-Halle mit der modernsten Technik entstanden.

Aktuell höchste Lagerdichte am Markt ist noch erweiterbar

Die Geschäftsführer Dr. Jan Kramer, Hendrik Leger (Logistik), Michael Leistenschneider (Handel) und Lagerleiter Mario Rieger schnitten symbolisch ein Flatterband durch. 6,5 Millionen Euro wurden in die neue Halle investiert, die Autostore-Regale sind das Herzstück.

Intermed weiht neues modernes Hochregallager ein. KI-Roboter sorgen für die Stapelarbeit
Dr. Jan Kramer, Mario Rieger, Hendrik Leger und Michael Leistenschneider (v.l.) weihen das neue KI-Lager von Intermed offiziell ein. © Dirk Palapies | Dirk Palapies

Die bisherigen Lagerflächen von Intermed erweitern sich damit um rund 2700 auf nun insgesamt knapp 10.000 Quadratmeter. Damit verfügt Intermed über die aktuell höchste Lagerungsdichte am Markt. Und sie lässt sich bei Bedarf beliebig erweitern. „Da ist noch Luft“, meinte Dr. Jan Kramer.

Für das menschliche Auge sieht das Tun chaotisch aus

„Es mag für das menschliche Auge etwas chaotisch aussehen“, sagt Mario Rieger. Aber für die Künstliche Intelligenz (KI), die die kleinen Roboter in Marsch setzt, ist es das ganz und gar nicht. Jeder Weg der kleinen Helferlein macht Sinn. Die Roboter transportieren die medizinischen Produkte auf dem kürzesten, durch den Controller berechneten Weg. Es geht darum, die Ladung in den Boxen so effizient wie möglich einzulagern.

Die Bedürfnisse wechseln ständig über das Jahr. Ist gerade Schnupfensaison? Oder Sommer? Dann gehen die Menschen seltener zum Arzt, und es werden andere Dinge aus dem Sortiment bestellt. In dem intelligenten System werden die 6000 Produkte gehändelt, die am häufigsten verlangt werden.

Ständig wechselnde Bedürfnisse bei den Bestellungen

Zum Beispiel Einmalprodukte wie Hygienehandschuhe oder Dinge, die schnell verbraucht werden wie Desinfektionsmittel und Pflaster. Andere, die nicht so oft nachgefragt sind, weil sie wie Scheren eine sehr lange Lebensdauer haben oder aufgrund ihrer Größe keinen Platz in den Norm-Kästen finden, sind weiterhin in den „normalen“ Lagerflächen untergebracht.

Intermed
Eine Autostore-Anlage in der Grafik. 13.316 Fächer stehen zur Verfügung. Auf dem Dach wuseln mit Bewegungsmöglichkeiten wie ein Turm beim Schach die Roboter. © Intermed | Intermed

Die KI lernt dazu, und die Roboter wissen immer, was zu tun ist. Sie sortieren die Waren für die Auslieferung immer wieder neu. „Unsere Leistungen werden noch schneller, auch wenn bereits heute bei Bestellung bis 14 Uhr die Lieferung am folgenden Werktag in der Arztpraxis ist“, sagt Dr. Jan Kramer. Ein 24‐Stunden‐Betrieb ist möglich. Verglichen mit einem manuellen Lager ist die Kommissionierleistung bei der Autostore-Anlage zehnmal höher.

Die Waren werden am Fuße der Anlage händisch in die grauen Boxen gelegt. 14 menschliche Kollegen arbeiten am Standort, 530 insgesamt für Intermed allein in Geesthacht, bundesweit sind es über 1280. Die Technologie soll nicht zu einem Stellenabbau führen.

Intermed weiht neues modernes Hochregallager ein. KI-Roboter sorgen für die Stapelarbeit
Die Autostore-Anlage ist das Herzstück des neuen Hochregallagers. Unten werden die Boxen mit Waren von Hand eingegeben. © Dirk Palapies | Dirk Palapies

„Unsere Mitarbeitenden stehen im Mittelpunkt unserer organisierten Prozesse. Die innovative Automatisierung macht den Arbeitsplatz sicher und ergonomisch. Bei Spitzenbelastungen bedeutet der Roboter weniger körperliche Belastung, Stress, Überstunden und ungünstige Arbeitszeiten“, verspricht Hendrik Leger.

Ein Kreiselsystem im Erdgeschoss sorgt für ständigen Nachschub. In einem Computer werden Daten wie der Inhalt einer Box erfasst, dann zischt sie per Fahrstuhl hoch zu den Robotern. Die wissen, was weiter zu tun ist. Die Boxen sind wieder verwertbar. „Dadurch haben wir Massen an Pappen eingespart“, weist Dr. Jan Kramer auf die Nachhaltigkeit hin.

25.000 Stopps beim Ausliefern der bestellten Ware

1200 bis 1300 Produktnachfragen laufen täglich bei Intermed ein. Seit 1985 werden Praxen versorgt sowie Krankenhäuser, Laboratorien, Apotheken, MVZ und andere Einrichtungen des Gesundheitswesens. Medikamente gehören nicht zum Sortiment.

Die Zahl der Pakete, die das Lager zur Auslieferung verlassen, schwankt jahreszeitlich bedingt zwischen täglich 2500 und 3000. Bundesweit werden dafür gut 25.000 Stopps von den Fahrern eingelegt. Die Aufträge gehen über den Online-Shop ein – der wird als nächstes großes Projekt im ersten Halbjahr 2025 neu aufgestellt – und manchmal auch noch per Fax.

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Aber auch eine KI benötigt mal menschliche Hilfe. „Regelmäßig müssen die Sensoren geputzt werden“, erklärt Mario Rieger. Sie sind die Augen der Roboter. Das ist wichtig, damit sie sich erkennen können, sonst wäre ein Zusammenrasseln wie beim Autoscooter nicht ausgeschlossen.