Geesthacht. Großauftrag eines Automobilherstellers: Die Firma Riftec baut Böden für Elektroautos aus dem Premium-Segment. Was geplant ist.

Noch ist es schweres Gerät, das neben dem Hauptgebäude von Riftec an der Mercatorstraße in Geesthacht die Aufmerksamkeit auf sich zieht. Ein Bagger hat begonnen, auf einer Wiese Boden auszuheben. Hier soll eine weitere Halle entstehen. Die Produktionsfläche erweitert sich mit ihr von derzeit 1800 auf dann insgesamt rund 4000 Quadratmeter.

Sie wird benötigt, weil der Spezialist für Rührreibschweißen von Aluminium und anderen Leichtmetallen im April einen Großauftrag für Fahrzeuge der eleganten Art an Land gezogen hat. In Geesthacht werden ab 2025 im großen Stil die Karosserieböden für E-Autos aus dem „Luxus-Premium-Segment“ fabriziert, berichtet Riftec-Geschäftsführer Dr. Axel Meyer.

Großauftrag vom Premium-Autohersteller macht Hallenbau nötig

Welches Unternehmen konkret dahintersteckt, darf er derzeit nicht verraten, „da laufen die Diskussionen mit dem Auftraggeber noch“, erklärt er. Nur so viel: „Es ist ein zentraleuropäischer Hersteller.“ Weniger Sportwagen als vielmehr gediegene Limousinen sollen zu der hochwertigen Modellpalette gehören, die um den E-Antrieb erweitert werden soll.

Das öffnet Raum für Spekulationen – und Träume: Als die luxuriösesten und teuersten Marken der Welt zählen zum Beispiel Rolls-Royce, Bugatti, Maybach und Bentley. Wird einer dieser edlen Namen bald mit Geesthacht verknüpft sein?

Von jedem Auto stammt ein Bauteil aus Geesthacht

„Es ist für unseren Kunden das erste Mal, dass er so ein großes Bauteil extern zukauft“, berichtet Axel Meyer. Der Boden für die Fahrzeuge wird aus vielen Einzelteilen wie zwölf unterschiedlichen Profilen mit der Rührreibtechnik zusammengeschweißt, ist am Ende etwa 2,40 Meter lang und 1,40 Meter breit. Es gibt drei Varianten, die sich auch etwas in der Größe unterscheiden. Alles besteht aus leichtem Aluminium.

Deswegen wiegt der Boden auch nur zwischen 60 und 70 Kilogramm. Die Böden für die gesamte E-Fahrzeugflotte des Herstellers werden nur bei Riftec hergestellt. „Von jedem Auto, das dann durch die Gegend fährt, kommt ein wichtiger Teil aus Geesthacht“, erklärt Axel Meyer stolz.

Sobald die Halle steht, wird losproduziert

Ein geringes Gewicht von Bauteilen ist generell wichtig für E-Fahrzeuge. Jedes Kilogramm weniger sorgt für mehr Reichweite. Zur Bautechnik gehören Hohlprofile, die für Steifigkeit und Stabilität sorgen. „Sie sind auch von der Akustik her sehr interessant“, sagt Axel Meyer. Der Boden wird dann als Basis für den weiteren Aufbau der Autos zum Kunden ausgeliefert.

Sobald zum Jahresbeginn die neue Halle steht, wird produziert. „Vor dem Start der Serienfertigung baut man diverse Fahrzeuge über einen längeren Zeitraum“, erklärt Axel Meyer. So werden zunächst zwei Jahre lang Böden für Tests gefertigt, in der Summe 300 Stück.

Langjähriger Auftrag für jährlich 30.000 Karosserieböden

Der Beginn der Serienproduktion ist für 2027 vorgesehen, dann sollen jährlich 30.000 Böden die Werkshalle verlassen, wobei die Stückzahl über die Jahre variieren wird. „Geplant ist, dass uns das Projekt 13 Jahre lang begleiten soll. Das ist eine Riesen-Auszeichnung bei der Größe des Unternehmens“, freut sich Axel Meyer über das Vertrauen.

Das Rührreibschweißen gilt als eines der besten Verfahren, um Aluminium miteinander zu verbinden, wulstige Schweißnähten entstehen nicht, das Material bleibt eben. Platten werden unter Druck gegeneinander eingespannt. Dann fährt eine Maschine mit einem sich drehenden Stichel die Kanten entlang.

Riftec ist 21 Jahre nach der Gründung Marktführer im Rührreibschweißen

So funktioniert Rührreibschweißen: Ein sich drehender Stichel fährt an der Werkstoffkante entlang und sorgt für Reibungshitze.
So funktioniert Rührreibschweißen: Ein sich drehender Stichel fährt an der Werkstoffkante entlang und sorgt für Reibungshitze. © Dirk Palapies | Dirk Palapies

Durch die Reibungshitze, die durch die Umdrehungsgeschwindigkeit entsteht – je nach Material 100 bis 3500 Umdrehungen in der Minute – verbinden sich die Kanten miteinander. Die Temperatur – etwa 550 Grad bei Aluminium – muss unter dem Schmelzpunkt der Werkstoffe liegen, damit er nicht verläuft.

Die Riftec GmbH ist 21 Jahre nach der Gründung Marktführer im Rührreibschweißen von Aluminium und anderen Leichtmetallen. Die Kunden kommen aus so unterschiedlichen Branchen wie der Automobil-, Luft- und Raumfahrt-, Rail- und Lebensmitteltechnik. „Breit und flexibel aufgestellt zu sein, ist enorm wichtig“, findet Axel Meyer. Der Erfolg gibt ihm recht. Der Jahresumsatz liegt bei sechs Millionen Euro.

Schienenfahrzeugbau als weiterer Wachstumsmarkt

Seit 2013 ist Riftec Teil der Hammerer Aluminium Industries (HAI-Gruppe) aus Österreich. „Wir haben die volle Unterstützung der Gruppe, hier solche Investitionen durchführen zu können. Das rechne ich den Eigentümern der Gruppe hoch an, das ist ein ganz schöner Schluck aus der Pulle“, sagt Axel Meyer zur Investition in Höhe von 14 Millionen Euro.

Die neue Halle wird nicht nur für den Automobilbau errichtet. Ein weiteres Schwergewicht – im wahrsten Sinne – ist der Schienenfahrzeugbau. Hier kann ein massives Bauteil für Bahnwaggons trotz Verwendung von Leichtmetall schon mal 1,5 Tonnen wiegen. Weil dieses Segment für Riftec ein „extremer Wachstumsmarkt“ ist, wird die eine Hälfte der Halle für Aufträge aus der Schienenbranche benötigt. Die Vergrößerung der Produktionsfläche bedeutet auch, dass der Maschinenpark erweitert wird.

Auch der Maschinenpark wird kräftig aufgestockt

Und letztlich werden durch die vollen Auftragsbücher auch Arbeitsplätze geschaffen. „Wir sind derzeit bei 42 Mitarbeitern und gehen dann perspektivisch hoch auf 55“, sagt Axel Meyer. Gesucht wird im Bereich Metallverarbeitung, Zerspanungstechnik und auch Produktionshilfe.

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„Wir schaffen es immer noch, in vertretbarer Zeit Mitarbeiter zu bekommen“, meint Axel Meyer zum Fachkräftemangel. Und neben der Ausbildung zum Maschinen- und Anlagenführer bietet Riftec ab 2025 auch den Beruf des Zerspanungsmechanikers an. „Die Industrie lebt, und wir blicken optimistisch in die Zukunft“, erklärt er, um der eher schlechten Allgemeinstimmung in der Industrie etwas Positives entgegenzusetzen. „Bei uns läuft das anders, wir wachsen.“