Lauenburg. Auf der Ausweichstrecke für die gesperrte Hafenstraße gilt Schritttempo. Die Polizei kontrolliert seit der Sperrung der B209 verstärkt.
Stoßstange an Stoßstange schiebt sich die Autokolonne im Feierabend durch die Elbstraße – immer kurz unterbrochen von der Rotphase auf der halbseitig gesperrten Kanalbrücke. Weil die Hafenstraße (B209) wegen der Sanierung des abgerutschten Elbhangs noch bis Februar voll gesperrt ist, ist die schmale Kopfsteinstraße zwischen den historischen Häusern die Ausweichstecke für Pendler von und nach Niedersachsen.
Viele Autofahrer würden sich nicht an die vorgeschriebene Schrittgeschwindigkeit halten, klagen Anwohner. Abgesehen von den schweren Lastern, die sich verbotenerweise durch die enge Gasse quetschen, nicht selten am steilen Anstieg der Neustadt und Grünstraße scheitern und dann für einen riesigen Rückstau sorgen. Fast jeden Tag versucht mindestens ein Brummifahrer den langen Umweg über Geesthacht zu vermeiden. Aber ist die Situation wirklich so chaotisch? Wir wollten es genau wissen und haben die Lauenburger Polizei bei einer Verkehrskontrolle in der Elbstraße begleitet.
Lauenburg: Polizei kontrolliert die Ausweichstrecke in der Altstadt
Seit dem 16. November ist die Lauenburger Kanalbrücke am Bahnhof zumindest halbseitig wieder frei. Der erste Bauabschnitt auf der Hafenstraße war bis auf ein paar Restarbeiten planmäßig fertig geworden. Parallel zur Sanierung des abgerutschten Elbhangs hatte die Stadt die Tiefbauarbeiten links und rechts der Lauenburger Marina veranlasst. Die Anwohner der Elbstraße hatten den Beginn des zweiten Bauabschnittes mit gemischten Gefühlen erwartet. Unmittelbar nach dem Hangrutsch hatte die zweiwöchige Vollsperrung der Hafenstraße und die damit verbundene Umleitung des Verkehrs durch die Altstadt dort zeitweise zu einem Verkehrschaos geführt.
„Seit dem 16. November kontrollieren wir verstärkt den Verkehr in der Elbstraße. Die meisten Autofahrer halten sich zwar an die vorgeschriebene Schrittgeschwindigkeit, aber es gibt auch immer wieder Fahrzeugführer, die sich darüber hinwegsetzen“, sagt Lauenburgs Polizeichef Daniel Stephan. Auch wenn sich mal wieder ein Lkw in den engen Gassen festgefahren hat, werden die Beamten von Anwohnern gerufen, um den Fahrer aus der Falle zu lotsen. Grundsätzlich sei die Verkehrssituation in der Altstadt aber beherrschbar, sagt der Hauptkommissar.
Polizeichef Daniel Stephan: „Das geht hier nur durch gegenseitige Rücksichtnahme“
An diesem Nachmittag stehen die Lauenburger Beamten auf Höhe des Elbschifffahrtsmuseums. Hier kann es besonders im Feierabendverkehr ganz schön unübersichtlich werden. An dieser Stelle wird die Elbstraße zur Einbahnstraße: Fahrzeuge aus Richtung Elbbrücke treffen auf die aus westlicher Richtung. Die einen wollen an der Kirche vorbei über den Hohlen Weg in die Oberstadt fahren. Die anderen fahren über die Neustadt nach oben. „Das geht nur durch gegenseitige Rücksichtnahme. Meist klappt das auch“, sagt der Polizeichef.
Unterdessen hält sein Kollege Carsten Schumann einen dunkelblauen Skoda an. Der Fahrer ist Anwohner und hat die kurze Rotphase auf der Kanalbrücke genutzt, um nicht in der nächsten Autokolonne zu landen. Anschließend drückt er mehr aufs Gas, als er laut Vorschrift sollte. Polizeihauptmeister Carsten Schumann hält den Wagen an. „Bitte Schrittgeschwindigkeit fahren“, mahnt er. Der Fahrer nickt schuldbewusst. Unterdessen hat Daniel Stephan einen Dacia mit Berliner Kennzeichen gestoppt. „Wissen Sie, wie schnell Sie hier fahren dürfen?“, fragt er den Hauptstädter. Der zuckt mit den Schultern: „20 oder 30 Stundenkilometer?“
Für Anlieger frei im Hohlen Weg. Was heißt das eigentlich?
Aus westlicher Richtung der Elbstraße rollt ein Lkw an, deutlich größer als ein Kleintransporter, der hier passieren dürfte. Der Hamburger Spediteur hat Möbel geladen, auf die ein Anwohner im Hohlen Weg wartet. Der Fahrer schaut ein wenig ratlos auf die Beamten und das Verkehrsschild vor ihm. Das besagt, dass die Durchfahrt für Fahrzeuge über 2,8 Tonnen verboten ist. Allerdings haben Anlieger freie Fahrt, steht auf dem Zusatzschild.
Daniel Stephan winkt ihn durch. Der Hamburger darf die Möbel an den Kunden ausliefern. „Eine gesetzliche Definition des Begriffs Anlieger gibt es nicht. Man geht aber davon aus, dass Anlieger ist, wer ein an der Straße anliegendes Grundstück bewohnt oder dort etwas erledigen muss“, erklärt der Polizeichef.
Nicht jedem Altstadtbewohner gefällt die Polizeipräsenz
Bußgeldbescheide verteilen die Beamten nicht. „Die meisten Autofahrer sind einsichtig. Sie sehen ja selbst, dass wir hier nur mit gegenseitiger Rücksichtnahme weiter kommen“, sagt Stephan. So bleibt es meist bei ein paar mahnenden Worten, dann heißt es „Gute Weiterfahrt!“ Der Polizeichef hat Verständnis für die Anwohner, die wegen der langen Autokolonnen genervt sind. Und auch für diejenigen, die sich wünschen, dass die Polizei möglichst jeden Tag in der Altstadt präsent ist, um Verkehrssünder zu schnappen. „Wenn die Autos hintereinander über das Kopfsteinpflaster fahren, ist schon wenig über Schrittgeschwindigkeit eine zusätzliche Belastung“, weiß er.
Allerdings freuen sich offenbar nicht alle Altstadtbewohner über die Polizeikontrolle an der Elbstraße. „Sie behindern hier mit ihrem Fahrzeug nur zusätzlich den Verkehr. Sorgen sie lieber dafür, dass es hier bald wieder läuft“, schimpft ein Anwohner. Offenbar ist ihm auch ein Dorn im Auge, dass die Beamten stichpunktartig den einen oder anderen Fahrer rechts ran winken. Daniel Stephan lässt sich von dem gereizten Ton des Mannes nicht provozieren. „Wir können uns ja nicht in Luft auflösen. Lassen sie uns bitte unsere Arbeit machen“, sagt er ruhig.
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Polizeikontrolle in der Elbstraße: Beamte stoppen besonders verantwortungslosen Autofahrer
Bei ihren Kontrollen in der Altstadt haben die Beamten nämlich nicht nur die Geschwindigkeit der Fahrzeuge im Blick. „Handy am Ohr, falsch gesicherte Ladung oder Fahren ohne Gurt, wir hatten hier schon alles“, erzählt Carsten Schumann. Dass ihnen an diesem Tag noch ein besonders verantwortungsloser Autofahrer ins Netz gehen würde, ahnte er zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Ein paar Minuten später hält Daniel Stephan einen schwarzen Opel Zafira mit RZ-Kennzeichen an.
Ein Blick ist Fahrzeuginnere zeigt ihm, dass neben dem Fahrer noch vier Kinder an Bord sind. Zwischen einem und neun Jahren sind die Jungs, alle ohne Kindersitz und nur zwei von ihnen sind angeschnallt. Er habe nur mal kurz das Auto seines Vaters ausgeborgt, die Papiere lägen zu Hause, stammelt der Mann. Eine kurze Abfrage, dann steht fest: Der Familienvater hätte gar keinen Führerschein vorzeigen können. Den hatte er nämlich schon 2015 abgeben müssen. Der 35-jährigen Lauenburger muss sich jetzt nicht nur wegen der Gefährdung seiner Kinder verantworten, sondern auch wegen des Fahrens ohne Führerschein.