Lauenburg. Es ist die dritte Auflage des Lärmaktionsplanes, den die Politik beschließen soll. Geändert hat sich in zehn Jahren aber kaum etwas.
Es klingt erst mal gut: Die Politik wird sich mit einem Lärmaktionsplan für die Stadt beschäftigen. Nötig auf jeden Fall, das wird jeder bestätigen, der an einer der beiden Bundesstraßen wohnt, die durch Lauenburg führen. Hier kann Lärm sogar krank machen. Der Haken: Es ist bereits die dritte Auflage, doch geändert hat sich in den vergangenen Jahren so gut wie nichts. Und da ein solcher Aktionsplan für die Betroffenen keine einklagbaren Festlegungen trifft, droht auch die Neuauflage ein zahnloser Papiertiger zu werden.
Doch immerhin gibt es jetzt neue Zahlen. Im Abschnitt, in dem die B5 und die B209 gemeinsam verlaufen, hat das beauftragte Hamburger Büro Lärmkontor 12.000 Kraftfahrzeuge am Tag gezählt. Über den anschließenden Teil der B5 in östlicher Richtung sind rund 9200 Kfz am Tag unterwegs. Auf der B209 (Hafenstraße) sind es bis zu 14.000 Kraftfahrzeuge pro Tag – Tendenz steigend. Ob sich damit auch die Zahl der lärmgeplagten Anwohner erhöht hat, ist allerdings unklar. Die Gutachter weisen auf ein verändertes Rechenmodel hin, das keine Vergleiche zu den Aktionsplänen von 2014 und 2019 zulässt.
Viel zu laut in Lauenburg: Lärmgrenzwerte werden an beiden Bundesstraßen massiv überschritten
Dass Lärm krank machen kann, ist bekannt. Bei Menschen, die vor ihrer Haustür permanent ein Straßenverkehrslärm tagsüber von 65 Dezibel oder mehr haben, ist zum Beispiel ein 20 Prozent höheres Herzinfarktrisiko zu befürchten. Darum empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation (WHO), den durchschnittlichen Straßenverkehrslärm auf unter 53 Dezibel und nachts auf unter 45 Dezibel zu senken.
Dieser Wert wird in Lauenburg mit rund 12.000 Einwohnern für fast jeden zehnten überschritten. Fast 500 Lauenburger müssen sogar mit einer ständigen Geräuschkulisse von 65 bis 75 Dezibel leben. Nachts werden die Werte von 45 Dezibel im Umfeld von 930 Lauenburgern deutlich überschritten. Die Gutachter von Lärmkontor gehen davon aus, dass etwa 300 Lauenburger bereits an lärmbedingten gesundheitlichen Störungen leiden.
Stationäre Blitzer kommen für den Kreis nicht infrage
Das Problem: Die Betroffenen wohnen fast ausschließlich an den beiden Hauptverkehrsstraßen, für die nicht die Stadt, sondern der Landesbetrieb für Straßenbau und Verkehr (LBV) zuständig ist. Auf beiden Bundesstraßen in der Lauenburger Ortsdurchfahrt gilt Tempo 30. Auf dieser Grundlage haben die Gutachter auch die Lärmbelastung berechnet. „Die tatsächliche Belastung ist wesentlich höher, als die Werte, die dem Lärmaktionsplan zugrunde liegen“, kritisierte das Bürgeraktionsbündnis „Lauenburg reicht‘s!“ (BAB) schon bei der Vorstellung der vorigen Aktionspläne. Um die Einhaltung der Geschwindigkeitsbegrenzung von 30 km/h zu gewährleisten, sollten entlang der Bundesstraßen stationäre Geräte zur Geschwindigkeitsüberwachung aufgestellt werden, schlagen die Gutachter vor.
Solche festen Blitzer hatte die untere Straßenverkehrsbehörde des Kreises allerdings schon im Oktober 2018 abgelehnt. Das Abbremsen und Bescheunigen hinter diesen Geräten würde nach Meinung des Behörde die Lärmbelastung noch erhöhen. Stattdessen soll die Geschwindigkeitskontrolle regelmäßig durch den Kreis und durch die Polizei mittels mobiler Geräte an verschiedenen Stellen vorgenommen werden.
Autofahrer motivieren, ihr Fahrzeug stehenzulassen
Die Hamburger Lärmexperten geben auch der Stadt und den Busunternehmen Hausaufgaben auf, um den Verkehrslärm in Lauenburg zu reduzieren. Demnach könnte eine bessere Taktung der Bus- und Bahnverbindungen mehr Autofahrer motivieren, ihr Fahrzeug stehenzulassen. Der Einsatz elektrisch betriebener Busse würde sich auf den Straßen weiter lärmmindernd auswirken.
Auch die Förderung des Radverkehrs trüge aus Sicht der Gutachter zu einer Reduzierung des Verkehrslärms in Lauenburg bei. Gängige Maßnahmen wären unter anderem die Anlage von Radschutzstreifen und Fahrradstraßen sowie eine spezielle Wegweisung für Radfahrer. Diese Ansätze sind bereits Bestandteil des in diesem Jahr beschlossenen Radverkehrskonzeptes, das auf Umsetzung wartet.
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Fördermittel für Einbau von Schallschutzfenstern
Auch wenn die lärmgeplagten Anwohner der B5 und B209 kein Anrecht darauf haben, dass die empfohlenen Maßnahmen zur Lärmminderung auch ergriffen werden, müssen sich Behörden, etwa beim Aufstellen von neuen Flächennutzungs- und Bebauungsplänen, danach richten. Wer an einer besonders lärmintensiven Straße wohnt, hat Anspruch auf finanzielle Förderung, unter anderem für den Einbau von Schallschutzfenstern.
Über den Entwurf des Lärmaktionsplanes wird am Montag, 18. November, im Ausschuss für Umwelt, Energiewende und Digitalisierung diskutiert. Die Sitzung beginnt um 19 Uhr im Haus der Begegnung, Fürstengarten 29. Die Tagesordnung ist im Ratsinformationssystem auf der Seite www.lauenburg.de abrufbar.