Geesthacht. Ungewöhnlich: Im Verkaufswagen auf dem Gelände der Bäckerei Zimmer wird nach Gewicht abgerechnet. Warum kein Krümel ungenutzt bleibt.
Morgens um 11 Uhr in Geesthacht: Fünf Menschen stehen bei nasskaltem Wetter an einem ungewöhnlichen Verkaufswagen auf dem Gelände der Bäckerei Zimmer an. Es ist der wohl einzige Stand in der Stadt, an dem Brot, Brötchen und Gebäck nach Gewicht verkauft werden.
Die 90-minütige, außergewöhnliche Verkaufsaktion gibt es bereits seit etwa zehn Jahren – und hat sich vor allem durch Mundpropaganda herumgesprochen. Pro Tag zieht sie etwa 50 Fans an. „Es sind Kunden, die nicht so viel Geld in der Tasche haben, aber auch Schnäppchenjäger sind dabei“, berichtet Bäckerei-Chef Denis Zimmer.
Ungewöhnlicher Verkaufsstand: Brot, Brötchen und Gebäck werden nach Gewicht bezahlt
Denn wer hier zur Spandauer Straße kommt, weiß: Beim Einkauf nach Waage macht man ein gutes Geschäft. Ofenwarm ist das Angebot dafür nicht. Die Backwaren sind jeweils einen Tag alt. Deshalb bleibt der Schnäppchenwagen auch an Feiertagen und dem darauffolgenden Tag geschlossen.
Der Grund: Dann gibt es keine Backwaren, die verkauft werden könnten. Was die Bäcker am Sonntag backen, geht hier nicht am Montag, sondern erst mit einem Tag Verzögerung über die Ladentheke. Geöffnet ist von Dienstag bis Sonntag von 11 bis 12.30 Uhr.
Der Verkaufswagen ist Teil einer Nachhaltigkeitskette
Als Einheitspreis werden für Kuchen 3,20 Euro pro Kilo gezahlt, für Brot und Brötchen 2,99 Euro pro Kilo. Das gesamte Zimmer-Sortiment anzubieten, ginge nicht. Sachen, die verderblich seien, würden ausscheiden. „Kuchen mit Cremefüllung sind nicht möglich, da es im Wagen keine Kühlung gibt“, sagt Denis Zimmer.
„Es wäre schön, wenn es noch mehr Kunden wären“, wünscht sich Denis Zimmer. Denn der Wagen erfüllt eine wichtige Funktion: Er ist Teil einer Nachhaltigkeitskette, mit dem Ziel, nichts von der Produktion wegwerfen zu müssen. Die Artikel würden nicht als Rückläufer aus einem der Geschäfte angeliefert, erklärt er. Die dürfe er nicht verkaufen.
Bei der morgendlichen Qualitätskontrolle durchgefallen
Einige weisen leichte Mängel auf und sind bei der morgendlichen Qualitätskontrolle durchgefallen. Zu schmecken sind diese Fehler nicht. Es geht hierbei eher um optische Defizite – so sind Brötchen dabei, die beim Formen zu unförmig geraten sind.
Oder sie stammen aus der Überproduktion. „Dieser Überschuss ist immer mit dabei. Wir machen immer ein bisschen mehr“, erklärt Denis Zimmer. Der Grund ist, eine gewisse Reserve in der Bäckerei zum Ausliefern vorhalten zu können, sollten es in den Filialen Nachorderungen durch große Bestellmengen geben.
Zerkleinerte Reste sorgen für Röstaromen im neuen Brot
Ein Teil der Reste wird zerkleinert und dem Teig für die nächste Produktion mit einem Anteil von drei Prozent auf die gesamte Mehlmenge beigemischt. „Das ist geschmacklich ein Vorteil, es sorgt für Röstaromen“, sagt Denis Zimmer.
Auch die Tafeln für Bedürftige holen sich einen Teil ab. Was dann noch übrig bleibt, wird von einem Unternehmen für die Schweinemast abgeholt. Aber nur, wenn die Backprodukte frei sind von tierischen Fetten. Belegte Brötchen wiederum, die mal mit Butter beschmiert wurden, werden abgeholt und in Biogasanlagen verwertet. „Im gewöhnlichen Müll landet nichts“, meint Denis Zimmer stolz.
Ausweitung des Angebotes scheitert am fehlendem Personal
Denis Zimmer würde das Angebot der 24 Stunden alten Backwaren gern ausbauen. Doch hier stößt er auf ein weitverbreitetes Problem. Das Personal fehlt. „Räumlichkeiten zu finden, wäre kein Problem. Hier gibt es mehr Angebot als Nachfrage“, sagt Denis Zimmer.
Um das gekaufte Brot zu Hause länger frisch zu halten, hat er einen Tipp auf Lager: Ein großer Holzkasten ist für ihn das Mittel der Wahl. Das Holz nimmt Feuchtigkeit auf und gibt sie wieder ab, sorgt so im Inneren für ein ist ausgeglichenes Klima. Wer größere Brotvorräte lagern möchte, könne sie auch einfrieren.
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Kooperation mit 24 Aldi Filialen um Geesthacht herum
Die frischen Backwaren der Bäckerei gibt es übrigens auch bei einem Discounter zu kaufen. „Aldi hat uns angefragt, ob wir nicht zusammenarbeiten wollen. Es ist eine gute Zusammenarbeit, sie sind sehr fair“, lobt Denis Zimmer.
Die Bäckerei Zimmer ist nun mit beliebten Klassikern ihres Sortimentes wie der „Geester Kruste“ in 24 Aldi-Filialen in einem Umkreis von etwa 30 Kilometern rund um Geesthacht vertreten, von Reppenstedt bis Reinbek, Oststeinbek bis Lauenburg und natürlich in Bergedorf und Lohbrügge.