Geesthacht. Bereits 1100 Unterschriften in den ersten acht Stunden gesammelt. Station ist bei Insolvenz des Krankenhauses am stärksten bedroht.

Bei den Bemühungen um den Erhalt des insolventen Geesthachter Krankenhauses sieht es für den Fortbestand der Geburtshilfe am düstersten aus. Daraus machte der Sanierungsgesellschafter Tobias Vaasen in einer Sitzung des schleswig-holsteinischen Sozialausschusses am vergangenen Donnerstag (17. Oktober) keinen Hehl.

Ein kritischer Bereich sei dies, räumte Vaasen ein, weil zu wenig Kinder für einen wirtschaftlichen Betrieb geboren würden. Das will Jennifer Fröhlich nicht auf sich sitzen lassen. Die Schwarzenbekerin hat eine Petition für den Erhalt der Geburtshilfe ins Leben gerufen. Besorgte Mütter, deren Kinder in Geesthacht geboren wurden, haben sich auch in unserer Redaktion gemeldet.

Petition zur Rettung von Geesthachts Geburtshilfe

Mit einer Unterschrift unter die Petition fordern Bürgerinnen und Bürger aus der Region den langfristigen Erhalt des Krankenhauses Geesthacht, einschließlich der Geburtshilfe-Abteilung. Die sei für viele Familien aus dem Herzogtum Lauenburg und den umliegenden Gemeinden unverzichtbar und weit über die Grenzen des Kreises hinaus bekannt. Sie wurde seit 2012 mehrfach als „Babyfreundliche Geburtsklinik“ ausgezeichnet und bildet Hebammen in einem dualen Studiengang mit aus.

Geburtsklinik
Jennifer Fröhlich hat die Petition zum Erhalt der Geesthachter Geburtsklinik ins Leben gerufen. © Alexander Reimers | Alexandra Reimers

Die Petition richtet sich an die Landesregierung in Schleswig-Holstein und fordert konkrete Schritte zur Sicherung des Krankenhauses – explizit auch der Frauen- und Geburtsklinik. Werden innerhalb von sechs Wochen 2000 Unterschriften über das Petitionsportal des Landes erreicht, würde Jennifer Fröhlich zu ihrem Anliegen vom Petitionsausschuss des Kieler Landtags angehört werden.

Schon 1100 Unterschriften nach acht Stunden

„Jetzt ist der Moment, um ein klares Zeichen zu setzen – für unsere Familien, unsere Kinder und eine sichere Zukunft in unserer Region. Jede Stimme zählt“, heißt es in der Petition, die im Netz zu finden ist unter landtag.ltsh.de/petitionen/rettet-das-krankenhaus-geesthacht-mit-seiner-geburtshilfe. In den ersten acht Stunden, in denen die Seite aktiv war, hatten bereits über 1100 Personen unterschrieben.

Geburtsklinik Geesthacht
Setzt sich für den Erhalt der Geburtsklinik ein: Claudia Glumb aus Worth mit ihrem im August in Geesthacht geborenen Sohn Eddy. © privat | Privat

„Ich wollte nicht schweigend hinnehmen, dass es diese tolle Arbeit, die auf der Station geleistet wird, einfach nicht mehr geben soll“, begründete Fröhlich ihre Aktion. Als Hebammenstudentin hat sie ihren praktischen Teil der Ausbildung in dem Haus Am Runden Berge geleistet und konnte so hinter die Kulissen in Geesthacht blicken.

Wegen des Angebots: Aus Stade zur Geburt nach Geesthacht

Sie berichtete von einer werdenden Zwillingsmutter aus Stade, die ihre Kinder auf natürlichem Weg zur Welt bringen wollte, aber in mehreren anderen Kliniken abgelehnt worden war, weil eines der Kinder in einer sogenannten Beckenendlage in ihrem Bauch lag. Nur ein Kaiserschnitt sei möglich, erhielt sie zur Antwort – bis sie in Geesthacht vorstellig wurde und beide Kinder gesund und natürlich zur Welt brachte.

„In Geesthacht wird eine Geburt primär als natürlicher Prozess gesehen. So wird auch mit den Familien umgegangen“, sagt Fröhlich. So könnten in Geesthacht Geschwisterkinder mit ins Familienzimmer der neuen Eltern einziehen, während Corona waren Väter nicht ausgeschlossen, und gibt es nur hier den sogenannten Geesthachter Geburtszirkel.

Geesthacht ermöglicht natürliche Geburten

Angehenden Müttern wird durch ein spezielles Zirkeltraining die Geburt erleichtert. Durchlaufen werden acht Stationen. Sie beinhalten Techniken wie Atmung und Entspannung, Bewegung und Mobilisation sowie Konzentration und Meditation. Angewendet wird das neue Konzept seit Anfang dieses Jahres.

Auch Claudia Glumb berichtet von einer Geburt bei Beckenendlage. „Wir haben uns vor der Geburt meines ersten Sohnes in 2017 die Kreißsäle in Bergedorf und Reinbek angeschaut“, sagt die Wortherin. Genau die beiden Kliniken, die aus der Sicht eines Teils der Landespolitiker die Aufgaben von Geesthacht mit übernehmen könnten. „In allen anderen Krankenhäusern in der Umgebung wäre nur ein geplanter Kaiserschnitt möglich gewesen“, so Glumb. Anders in Geesthacht, wo im August 2024 auch in Geesthacht ihr zweites Kind das Licht der Welt erblickte.

Zur Einordnung: Die Kaiserschnittrate in Schleswig-Holstein war 2022 mit 34 Prozent die höchste in Deutschland (Durchschnitt 31 Prozent). Im Johanniter-Krankenhaus Geesthacht lag sie mit rund 22 Prozent deutlich darunter. „Die persönliche Geburtsanmeldung, die geburtshilfliche Sprechstunde, Angebote zur Förderung einer normalen Geburt – auch für Frauen mit Kindern in Steißlage, und die große Leidenschaft der Mitarbeiter sind Faktoren, die die niedrige Rate begründen“, hatte die Leitende Hebamme Miriam Jens damals als Gründe dafür genannt.

Durchschnittlich 710 Geburten in Geesthacht

Auch Michelle Kleinschmidt weiß nur Gutes über die Geburtsklinik in Geesthacht zu berichten. „Wir hatten bei der Geburt dauerhaft eine 1:1-Betreuung. Auch zuvor wurde ich schon bei jedem Kontakt mit Mitarbeitern von der zuvorkommenden und freundlichen Art positiv überrascht. Wenn wir irgendwann ein zweites Kind bekommen sollten, würde ich wieder dieses Krankenhaus wählen“, so die Geesthachterin.

Mehr zum Thema

Vorausgesetzt, die Geburtsstation in Geesthacht bleibt erhalten. Für einen wirtschaftlichen Betrieb hatte Vaasen im Sozialausschuss eine Zahl von 1200 Geburten genannt. Im Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre waren es rund 710.