Erneut gilt das Johanniter Krankenhaus als „Babyfreundliche Geburtsklinik“. Das zahlt sich aus: Bald gibt es einen neuen Baby-Rekord.

Geesthacht. Die geburtshilfliche Abteilung des Johanniter-Krankenhauses Geesthacht ist gerade erneut als „Babyfreundliche Geburtsklinik“ rezertifiziert worden. Die erste Zertifizierung war 2012. Sie gilt nicht für immer, sondern muss regelmäßig neu erworben werden. Die jüngste ist schon die dritte Rezertifizierung, das Gütesiegel gilt nun bis zum November 2024. „Das ist schon etwas Besonderes, das wir in Geesthacht haben“, sagt Katharina Steffens. In der Nachbarschaft in Schleswig-Holstein ist das Johanniter damit fast allein auf weiter Flur, nur noch das St.-Adolf-Stift in Reinbek ist ebenfalls ausgezeichnet.

Der Schwerpunkt für die neue Zertifizierung wird jedes Mal verschoben. Damit verbunden sind neue Schulungen für alle Mitarbeiter. Im nun abgeschlossenen Verfahren wurde der Fokus auf die Reduzierung von Schmerz und Stress für das Neugeborene durch Stillen im Hautkontakt gelegt. Denn das Baby muss ja gar nicht krank sein, um gleich nach der Geburt ein „Aua“ zu erleiden. Es kann zum Beispiel entstehen durch den Piks für die Blutentnahme für eine der Standarduntersuchungen nach der Geburt.

Im Johanniter Krankenhaus kommen die Babys nach der Geburt zur Mutter

Die werden deshalb im Johanniter aufgeschoben. Das Wichtigste nach der Geburt ist erstmal der innige Hautkontakt zwischen Mutter und Kind. „In dem Moment sind wir nur Beobachter und treten in den Hintergrund“, sagt Katharina Steffens. „Die Kinder kommen nicht erst in den Nebenraum für Untersuchungen. Das ist der Unterschied, den wir hier machen“, sagt die Medizinerin. Wiegen, Messen und so weiter kommen erst später.

„Das ist kein Schritt, damit man einen Werbeeffekt hat“, erklärt Miriam Jens. „Es hat einen medizinischen Hintergrund.“ Der ist begründet durch hormonelle Prozesse. „ Es ist wichtig, dieses Zeitfenster nicht mit Routineuntersuchungen zu zerstören. Die wichtige Stunde hat Einfluss auf Stillraten“, sagt die Hebamme.

Nähe zur Mutter hat viele positive Effekte

Die Effekte sind vielfältig. Die Nähe ist hilfreich für unruhige Kinder, die sich durch die warme Haut der Mutter beruhigen, quälende Bauchschmerzen der Babys durch Blähungen werden abgepuffert. Um weitere Berufsgruppen im niedergelassenen Bereich wie zum Beispiel Kinderärzte und Arzthelferinnen zu sensibilisieren, dass Stillen und Hautkontakt schmerzlindernd und beruhigend wirken sowie Stress reduzieren, wurden Lesezeichen für den Mutterpass entwickelt.

Um die Position des Babys im Hautkontakt mit der Mutter optimal zu gestalten, haben die Kyffhäuserfrauen im Kyffhäuser Landesverband des Kreises Bondingtücher genäht und der Klinik gespendet. Über die Näherinnen erhält das Johanniter auch die Pucksäckchen.

Der innige Kontakt von Mutter Christine Büchler mit Baby Elias soll das „Aua“ lindern, das Pflegerin Susanne Kruse bei der Blutabnahme gleich verursacht.
Der innige Kontakt von Mutter Christine Büchler mit Baby Elias soll das „Aua“ lindern, das Pflegerin Susanne Kruse bei der Blutabnahme gleich verursacht. © Johanniter Krankenhaus Geesthacht | Johanniter Krankenhaus Geesthacht

Konzept spricht sich rum bei den werdenden Müttern

Das Konzept spricht sich herum. Und kommt gut an bei den werdenden Mamas und Papas. Mit Stand 4. Juli, 9.30 Uhr, liegt das Johanniter um nur 20 Geburten im Vergleich zu 2021 zurück. Und das war ein Rekordjahr, das babystärkste in dieem Jahrtausend.

„Zur gleichen Zeit hatten wir im vergangenem Jahr 405 Geburten und 2022 nun 385 Geburten“, berichtet Krankenhaus-Sprecherin Sylvia Ziesmann-Bu­sche. „Es bleiben uns also noch sechs Monate, um die Geburtenzahl von 2021, nämlich 790 Geburten, zu übertreffen.“

Einige Mütter waren mit Corona infiziert

Auch mit Corona infizierte Mütter waren darunter. In 2021 waren es fünf, 2022 bisher 18. Die Entbindung von diesen Müttern ist personell sehr aufwendig, sie erfolgt in Vollschutz. Die Begleitperson, in der Regel der Vater, konnte stets dabei sein – ganz im Sinne einer babyfreundlichen Geburtsklinik. Die Kinder sind zunächst mit einem Schutz gegen Covid versehen, einer „Leih-Immunität“.

Christine Büchler ist eine der Frauen, für die „das Johanniter bei der Auswahl unschlagbar vorn lag“. Sie hatte bereits vor drei Jahren Hannah hier zur Welt gebracht, nun folgte am Sonntag vor einer Woche um 3.50 Uhr Brüderchen Elias. Elias wog bei der Geburt 3,525 Kilo und war 52 Zentimeter groß. Aber das wurde erst später ermittelt. Zuerst kam das Kuscheln. „Elias war die ganze Zeit im Hautkontakt. Es war richtig schön“, erzählt die frischgebackene Mama. Das findet Elias bestimmt auch. Wie zum Beweis schläft er völlig zufrieden auf dem Bett.

Coronabedingtes Besuchsverbot tut den Neugeborenen gut

So stressig die Corona-Zeit im Krankenhaus wegen der vielen Sicherheitsvorkehrungen und Hygienemaßnahmen für alle Beteiligten auch sein mag – für die Neugeborenen ist die Besucherbeschränkung himmlisch. Durch den Wegfall von Gruppen wie Großeltern, Onkel und Tanten oder auch Freunden, die unbedingt alle umgehend das Baby sehen wollen, sei es viel stressfreier für die Kinder, erzählt Dr. Katharina Steffens, leitende Oberärztin im Geesthachter Johanniter Krankenhaus.

Denn der Trubel und die vielen ungewohnten Stimmen setzen die Kleinen gewaltig unter Druck, den sie nachts dann verarbeiten. „Die Kinderschwestern im Nachtdienst hatten früher alle Hände damit zu tun, die Kinder wieder zu beruhigen. So aber gab es eher ruhige Wachstationen. Für Eltern und Kinder war das ein positiver Neben­effekt“, berichtet Miriam Jens, die leitende Hebamme.