Geesthacht. Pläne für den Rückbau des Atomkraftwerks bei Geesthacht werden vorgestellt. Warum es vor dem Start der Arbeiten noch Erneuerungen gibt.

Auf Tag X warten Leiter Torsten Fricke und seine Mitarbeiter vom Kernkraftwerk Krümmel seit dem 30. Juni 2011. Damals beschloss der Deutsche Bundestag unter dem Eindruck der Nuklearkatastrophe von Fukushima (Japan) vom 11. März des gleichen Jahres Deutschlands Ausstieg aus der Atomenergie. Tag X, so nennt Fricke den Beginn des Rückbaus „seines“ Kernkraftwerks. Allein neun Jahre dauerte es, bis im Juni endlich die Genehmigung von der zuständigen Atomaufsichtsbehörde in Kiel vorlag.

Nun steht Tag X unmittelbar bevor. „Vielleicht haben wir am 22. Oktober schon damit begonnen“, rechnet Fricke täglich mit dem behördlichen Go für den endgültigen Beginn der Arbeiten. An jenem Dienstag stellt Kraftwerksbetreiber Vattenfall der Öffentlichkeit im Geesthachter Oberstadttreff detailliert die Rückbaupläne vor und beantwortet Fragen dazu (19 Uhr, Dialogweg 1).

Krümmel bekommt vor Abbau noch ein neues Dach

Der normale Bürger wird von dem Abbau lange nichts mitbekommen. Der Rückbau erfolgt von innen nach außen. Los geht es im Innersten der kerntechnischen Anlage mit der Zerlegung der Einbauten im Reaktordruckgefäß. Das ist sehr zeitintensiv. Obwohl zwischen zehn und 15 Mann einer Spezialfirma permanent im Zwei-Schicht-System daran arbeiten werden, wird allein dieser Arbeitsschritt etwa drei Jahre Zeit in Anspruch nehmen. Parallel soll 2025 mit dem Abbau von Rohrleitungen und Pumpen begonnen werden.

Kernkraftwerk Krümmel
Leiter Torsten Fricke vor dem Kernkraftwerk Krümmel. © Vattenfall | Karsten Wulff

Die verbliebenen Einzelteile – etwa des sogenannten Dampftrockners, der unter Wasser als erstes mechanisch zersägt wird – werden anschließend in sogenannte Konrad-Container verpackt. In diesen sollen die schwach- und mittelradioaktiven Abfälle irgendwann einmal im Endlager Schacht Konrad bei Salzgitter eingelagert werden.

Schwach- und mittelradioaktiver Abfall fürs Zwischenlager

Zuvor kommen diese ins Krümmeler Zwischenlager, einer 65 x 48 x 16 Meter großen Halle im rückwärtigen Bereich des Geländes. Betrieben wird es von der Bundesgesellschaft für Zwischenlagerung (BGZ). Platz gibt es dort für 1200 Konrad-Container. Etwa 170 davon werden durch den Abbau in Krümmel anfallen.

Allerdings können diese zunächst nicht im Standort-Zwischenlager deponiert werden. Auch hierfür wartet Vattenfall auf eine Genehmigung aus Kiel. Nach derzeitigem Stand sei damit Mitte 2025 zu rechnen und es könnte ab Herbst mit der Einlagerung begonnen werden. Bis dahin werden die Container im Kraftwerk aufbewahrt. Allerdings sind nur rund zwei Prozent der gesamten Abbaumasse schwach- oder mittelradioaktiv.

Großteil des Abfalls ist nicht oder kaum belastet

Der Großteil des Stahlschrotts wird umfangreich gereinigt, „freigemessen“ und kommt, so weit möglich, entweder wieder in den Wertstoffkreislauf oder wird auf normalen Deponien entsorgt werden. Im vergangenen Jahr hat Vattenfall eine zweite Halle fürs Freimessen auf dem Gelände eingerichtet. „Bei uns fallen jetzt zunächst keine Deponie-pflichtigen Abfälle an. Die sind alle fürs Zwischenlager“, sagt Vattenfall-Sprecherin Barbara Meyer-Bukow.

Das Abfallwirtschaftszentrum Wiershop hatte zuvor schon unbedenkliche Betriebsstoffe (konkret Isolierwolle) aus Krümmel eingelagert, nachdem die Gemeindevertretung dafür ihr Okay gegeben hatte. Rückbauabfälle hat die Gemeinde bislang ausgeschlossen.

Derweil hat das Gerüst an der Außenhülle des einst größten Siedewasserreaktors der Welt übrigens – anders als anzunehmen – nichts mit dem Rückbau zu tun. Im Gegenteil. Vor dem Abbau wird das Krümmels Dachs zunächst für immerhin 400.000 Euro saniert. „Das muss dicht sein. Das gehört zu den sicherheitstechnischen Anforderungen“, erklärt Fricke.

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Frühestens in zehn Jahren würden an der Gebäudestruktur von außen Veränderungen sichtbar werden, so Fricke weiter. Der gesamte Rückbau wird etwa 15 Jahre in Anspruch nehmen. Wer mehr wissen will, kann seine Fragen bei der Veranstaltung „Energiewende konkret“ am Dienstag, 22. Oktober, im Oberstadttreff an Leiter Torsten Fricke oder den Fachbereichsleiter Abbau Jens Manthey stellen.

Vattenfall-Sprecher Karsten Wulff, der durch den Abend führt, bietet immer mittwochs auch Führungen für kleine Gruppen beim Kernkraftwerk Krümmel an, bei denen er über den Rückbau informiert. Anmeldung unter karsten.wulff@vattenfall.de