Lauenburg. Der Wasser- und Bodenverband wirft das Handtuch, das Land fühlt sich nicht zuständig. Warum die Stadt jetzt den „Schwarzen Peter“ hat.

Auch wenn das verheerende Hochwasser im Juni 2013 in Lauenburg schon über elf Jahre zurückliegt, kann von Entwarnung keine Rede sein. In den ersten beiden Monaten dieses Jahres musste die Stadt dreimal die erste Hochwasseralarmstufe ausrufen. Und als Ende September die Fluten in Österreich, Polen und Tschechien große Schäden anrichteten, galt die Sorge erneut der Altstadt von Lauenburg. Doch zum Glück blieb die Katastrophe diesmal aus.

Eine Warnung war es aber allemal, bewirkt hat sie allerdings nichts. Im Gegenteil: Der geplante Flutschutz für Lauenburg ist in eine Sackgasse geraten. Der Lauenburger Wasser- und Bodenverband hat als Träger der Maßnahme das Handtuch geworfen. Das Land lehnt es nach wie vor ab, sich für zuständig zu erklären. Jetzt hat die Stadt den „Schwarzen Peter“: Entweder sie lässt sich den Hut dafür aussetzen oder es wird keinen Hochwasserschutz für Lauenburg geben.

Hochwasserschutz Lauenburg: Wasser- und Bodenverband wirft das Handtuch

Dass der Wasser- und Bodenverband hingeworfen hat, kommt nicht von ungefähr. Mit einer so großen Aufgabe sei ein ehrenamtlich geführter Verband strukturell überfordert, hieß es in der Vergangenheit von verschiedenen Seiten. Die immer wieder kritisierten bürokratischen Strukturen und langen Entscheidungswege auf Landesebene hätten ihr Übriges getan. So musste der Verband in der Vergangenheit bei der Begleichung von Rechnungen an Auftragnehmer immer wieder in Vorleistung gehen, weil es bei der Bearbeitung der Rechnungen auf Landesebene klemmte.

Die neue Situation bewirkt nun nicht etwa ein Umdenken in Kiel. Zwar sieht der aktuelle Änderungsentwurf für die „Landesverordnung über die Einrichtung des Landesamtes für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz“ vor, den Zuständigkeitsbereich des LKN stromaufwärts ab Wehr Geesthacht zu erweitern. Nach einer fachlichen Überprüfung der Sturmflut-Auswirkungen hatten sich die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein auf eine Ausdehnung des Küstengebiets bei Artlenburg geeinigt – drei Elbkilometer von Lauenburg entfernt.

Das ist keine Formalie: Würde der Hochwasserschutz von Lauenburg in den Zuständigkeitsbereich des Landes gelangen, wäre es nicht nur für die Errichtung und Finanzierung verantwortlich, sondern auch für die Unterhaltung der Schutzanlagen. Auch in Lauenburg sind der Tideeinfluss und vor allem die gravierenden Auswirkungen einer Sturmflut der Nordsee mittlerweile nachgewiesen.

Stadt kann Personalkosten für zusätzliche Mitarbeiter nicht aufbringen

Nachdem der Wasser- und Bodenverband aus dem Rennen ist und das Land weiterhin nicht zuständig sein will, müsste man das Projekt Hochwasserschutz für Lauenburg eigentlich begraben. Die Stadt hat zwar noch einen Versuch unternommen, gegen die erneute Ausklammerung von Lauenburg aus dem Küstenschutzprogramm schriftlich zu protestieren, räumt sich aber selbst keine großen Erfolgsaussichten ein. „Das ändert zwar nichts an unserer Auffassung, aber wir müssen uns jetzt Gedanken über mögliche Alternativen machen“, sagt der zuständige Amtsleiter Christian Asboe.

Hocheasserschutz
Bauamtsleiter Christian Asboe (l.) und Reinhard Nieberg (Wasser- und Bodenverband) sorgen sich um den Hochwasserschutz in Lauenburg.  © Elke Richel | Elke Richel

So stehe inzwischen die Überlegung im Raum, ob und unter welchen Bedingungen die Stadt Lauenburg die Trägerschaft für den Hochwasserschutz übernehmen könnte. „So wie wir heute personell aufgestellt sind, brauchen wir darüber gar nicht weiter nachdenken. Wir müssten mindestens zwei bis drei zusätzliche Mitarbeiter haben, um diese Aufgabe zu stemmen. Die dafür benötigten Personalkosten können aus dem Stadthaushalt aber nicht aufgebracht werden“, sagt Asboe. Auch müssten die Zuständigkeiten neu abgesteckt werden. Auf jeden Fall bedürfe es einer deutlichen Straffung der Entscheidungswege auf Landesebene. Ein kleiner Lichtblick: Der Leiter des Wasser- und Bodenverbandes, Reinhard Nieberg, will Signale des Landes vernommen haben, dass sich in dieser Richtung etwas bewegen könnte.

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Politik ist sich einig: Für den Hochwasserschutz ist das Land zusändig

Einen möglichen Vorteil der direkten Trägerschaft sieht Asboe aber auch: „Wir wären dichter dran. Möglicherweise könnten Schnittstellen wegfallen, die jetzt die Arbeit komplizieren“, sagt er. Allerdings war das auch die Hoffnung, als die Stadt im Dezember 2017 die Projektsteuerung für den Hochwasserschutz übernahm. Konkret ging es damals um Abstimmungsarbeiten, Terminüberwachung und Information der Öffentlichkeit. 

„Das ist eine große Herausforderung für uns. Aber wir haben durch die örtliche Nähe gute Voraussetzungen für die Koordination der anstehenden Aufgaben“, sagte Asboe, damals noch Teamleiter im Bauamt. Erfüllt hat sich diese Hoffnung von vor sechs Jahren nicht: Allein die Terminfindung der Zusammenkünfte der beiden Lenkungsgruppen sei ein riesen Problem, heißt es regelmäßig vonseiten der Stadt. Von ständig wechselnden Ansprechpartnern in den Landesbehörden ganz zu schweigen.

Thema wird in den Fraktionen diskutiert

Die Mitglieder des Bau- und Planungsausschusses wurden im nichtöffentlichen Teil ihrer Sitzung am Montagabend von der neuen Entwicklung überrascht. „Wir waren uns fraktionsübergreifend einig, dass der Hochwasserschutz für Lauenburg Sache des Landes ist“, fasst Ausschussvorsitzender Martin Scharnweber (SPD) die Stimmung zusammen.

Sollte die Stadt die Kröte dennoch schlucken müssen, solle das Land zunächst die personellen und finanziellen Voraussetzungen für die neue Struktur schaffen. Einen Beschluss haben die Politiker an diesem Abend nicht gefasst, sondern das Thema zur Diskussion mit in die Fraktionen genommen.