Lauenburg. Brotbacken nach alter Tradition ist nichts für Ungeduldige. Doch das gemeinsame Warten und Essen hat seinen besonderen Reiz.
Am Anfang war es nur eine Vision, die Oliver Penns hatte: Ein Lehmbackofen, um den sich Nachbarn scharen, Brote backen und miteinander schnacken. Ein Stück heile Welt in der Lauenburger Altstadt.
Doch wie das mit Ideen manchmal so ist, besonders wenn man dafür allerlei Genehmigungen braucht. Es sollten tatsächlich fast fünf Jahre ins Land gehen, bis der Traum Wirklichkeit wurde. Am Sonntag (6. Oktober) wurde der Backofen im Garten hinter dem evangelischen Gemeindehaus am Hohlen Weg zum ersten Mal angeheizt.
Lauenburger Altstadt: Hier wird ein Backofen zum Mittelpunkt
„Ich bin in einem Kaff bei Dithmarschen aufgewachsen. Da war das Backhaus das Zentrum des Dorfes mit dem neusten Klatsch und Tratsch“, erinnert sich Oliver Penns. Diese Erfahrung aus der Kindheit hat ihn sein Leben lang begleitet. Der 67-Jährige hat Archäologie studiert, später noch eine Maurerlehre abgeschlossen.
Seit 2017 wohnt er in der Altstadt, hat die Bewohner und ihre Eigenarten schätzen gelernt. Aber auch immer wieder den Wunsch wahrgenommen, etwas verändern zu wollen. „Während einige nur auf ,die da oben’ schimpfen, haben andere tolle Ideen. Dieses Potenzial müsste doch zu nutzen sein, habe ich mir gedacht“, erzählt er. Allerdings: Jeder, der in der Altstadt schon mal etwas baulich verändern wollte, weiß, dass das letzte Wort die Denkmalschützer haben.
Wer Brot backen will, braucht Geduld – in jeder Beziehung
Jetzt passt der Standort des Ofens hinter dem Gemeindehaus – und das Spätsommerwetter bei der Einweihung auch. Auch wenn es nicht der erste Backofen ist, den Oliver Penns fertiggestellt hat, ist das erste Anheizen immer eine aufregende Sache. Langsam legt sich eine weiße Ascheschicht auf das glimmende Buchenholz. 370 Grad zeigt das Thermometer. Noch viel zu heiß, winkt er ab.
„Lauenburger Landbrot“ – seit über 50 Jahren nach gleichem Rezept
Das Lauenburger Landbrot besteht aus 52 Prozent Roggen- und 48 Prozent Weizenmehl, wird mit Sauerteig und Buttermilchzusatz geknetet und ohne chemische Zusätze gebacken – so wie schon vor über 50 Jahren. Damals entwickelten der Möllner Obermeister der Bäckerinnung Ludwig Flohr und der Berufsschullehrer Herbert Reincke das noch heute gültige Rezept.
Auch wenn das Rezept des Lauenburger Landbrotes seit Jahrzehnten unverändert ist, hat sich in dieser Zeit einmal der Name geändert – und zwar unmittelbar nach dem verheerenden Elbehochwasser 2013. Eine Gruppe Bäckermeister verkaufte das Lauenburger Landbrot für kurze Zeit als „Flutbrot“. Für jeden verkauften Laib spendeten sie 50 Cent für die Lauenburger Hochwasseropfer. Insgesamt 3320 Euro kamen bei der Aktion zusammen.
Lehmofen: Brotlaibe werden direkt auf den heißen Stein gelegt
Immer wieder prüfen Oliver Penns und Bernd Lührs die Temperatur im Ofen. Endlich, das Thermometer zeigt 270 Grad. „Das sollte passen“, meint der Bäckermeister und fegt die heiße Asche aus dem Backraum. Die Brotlaibe werden nach alter Tradition direkt auf die heißen Steine gelegt.
Es dauert nicht lange, dann zieht ein köstlicher Duft über den Kirchplatz. Die ersten Nachbarn recken ihre Nase aus dem Fenster. Lange wird es sie wohl nicht mehr im Haus halten. Genauso ist es gedacht. Die Initiative „Brotbacken“ möchte mit diesem Projekt das Gemeinschaftsgefühl in der Altstadt stärken. Natürlich seien auch Bewohner der Oberstadt sehr willkommen, sagt Andrea Weber.
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Wenn die Stühle nicht reichen, rückt man zusammen
Wann der Ofen jeweils angeheizt wird, werde sich herumsprechen oder verbreite sich über die sozialen Netzwerke. Wer mag, bringt Teiglinge mit oder belegte Pizzaböden. Der Austausch über Rezepte oder Neuigkeiten komme dann von selbst, sind die Initiatoren überzeugt.
Etwa eine halbe Stunde lang müssen die Brote im Ofen backen. Danach heißt es wieder warten, bis die Laibe abgekühlt sind und das Messer die krachende Kruste teilt. Einige Bewohner haben inzwischen den Tisch gedeckt und mit buntem Herbstlaub dekoriert. Butter, Salz und Schmalz stehen bereit. Später werden die Plätze nicht reichen. Sie rücken zusammen und stellen Stühle dazu. So macht man das eben in der Altstadt von Lauenburg.