Geesthacht. Hohe Werte in privaten Brunnen hatten erschreckt. Was die Stadtwerke zu der Belastung sagen - und wo investiert werden muss.

Diese Messergebnisse erschreckten die Experten: Wer in Geesthacht und Umgebung einen privaten Brunnen im Garten betreibt, konnte im August beim Labormobil des VSR-Gewässerschutzes daraus entnommene Wasserproben abgeben. Die Analysen ergaben teilweise eine enorm hohe Nitratbelastung mit bis zu 76 Milligramm Nitrat pro Liter.

Nitrat kann bei Aufnahme im menschlichen Körper in Nitrit umgewandelt werden, die Entstehung von krebserregenden Stoffe ist möglich. Die Ursache für die hohe Belastung des Brunnenwassers wird in der Düngung durch die Landwirtschaft gesehen.

Hohe Nitratbelastung in Brunnen – wie steht es um das Geesthachter Trinkwasser?

Diese Verunreinigung macht auch Verbraucher unruhig, die gar keinen eigenen Brunnen betreiben. „Wie steht es eigentlich um das Geesthachter Trinkwasser?“, ist die Frage. Darauf hat Björn Griechen eine klare Antwort: „Der Nitratwert liegt unterhalb der Nachweisgrenze“, berichtet der Abteilungsleiter Trinkwasserversorgung bei den Stadtwerken Geesthacht.

Explizite Anfragen nach Nitrat kämen ansonsten gar nicht vor, erzählt Björn Griechen. Die Klassiker seien vielmehr: Jemand sei neu nach Geesthacht gezogen und frage dann bei den Stadtwerken an, ob man das Leitungswasser hier trinken könne, oder Frauen in Erwartung eines Babys erkundigten sich nach der Qualität.

Eine dicke Tonschicht soll giftige Einträge vom Trinkwasser abschirmen

In allen Fällen gibt Björn Griechen Entwarnung: Die Erfrischung aus dem Hahn sei bedenkenlos möglich. Das Leitungswasser habe Trinkwasserqualität, es werde regelmäßig beprobt. „Analysiert werden das Wasserwerk, das Vornetz, die Brunnen und die Grundwassermessstellen. Alles wird ständig überwacht, damit wir früh genug mitkriegen, ob etwas auf dem Weg zu uns ist“, sagt Björn Griechen.

Das Wasser in Geesthacht entspreche sogar den Standards zur Herstellung von Säuglingsnahrung (Werte einsehbar www.stadtwerke-geesthacht.de/wasser). Für die Wassergewinnung werden mittels Brunnen von mehr als 100 Metern Tiefe eiszeitliche Schichten unter Geesthacht angezapft. Ein sehr spezieller Schutzschirm hält Verunreinigungen, wie sie durch die Bewirtschaftung auf den landwirtschaftlichen Feldern darüber entstehen, ab.

Private Bohrungen haben die schützende Tonschicht stellenweise durchlöchert

„In unserem Fall ist das wie ein Geschenk Gottes“, sagt Björn Griechen. „Wir haben hier den Hamburger Ton, er schützt unser Grundwasser extrem gut.“ Die undurchlässige Schicht ist 20 Meter dick und liegt wellenförmig in etwa 40 bis 80 Meter Tiefe. Sie zieht sich fast durch den gesamten Geesthachter Bereich der Wassergewinnung.

Und doch haben die Stadtwerke vor einem halben Jahr einen runden Tisch mit den örtlichen Landwirten organisiert, der seit März bis zu zweimal im Jahr zum Thema Grundwasserschutz tagen soll. Das Problem: Zwar gelangen die Auswirkungen von Düngung und Pestizid-Einsatz unter normalen Umständen wegen der Tonschicht nicht tief genug, um das Trinkwasser zu verunreinigen.

Hohe Nitratwerte im Grundwasser nicht relevant für das Geesthachter Wasserwerk
In einer Vitrine sind Problemwasserrohre ausgestellt. Sie wurden ausgetauscht. Steine im Erdreich haben Löcher hineingedrückt. © Dirk Palapies | Dirk Palapies

Aber wegen privater, nicht immer professionellen Standards genügenden Brunnenbohrungen vornehmlich aus den 1960er- und 1970er-Jahren ist die Tonschicht an manchen Stellen von Brunnenwänden durchstoßen, sodass an solchen Stellen eben doch mal unerwünschte Einträgen aus Richtung Oberfläche durchsickern könnten. „Die Bauern sind total interessiert an dem Thema. Die trinken das Wasser ja auch“, berichtet Björn Griechen.

Zwei Wasserwerke versorgen Geesthacht und Umlandgemeinden mit Trinkwasser

Die zwei Wasserwerke am Richtweg und in Krümmel fördern jährlich zwei Millionen Kubikmeter Trinkwasser für Geesthacht sowie die Umlandgemeinden Hamwarde, Kollow, Gülzow, Wiershop und Worth. Beide Wasserwerke mit ihren insgesamt sechs Brunnen sind in die Jahre gekommen. Das am Richtweg ist 32 Jahre alt, das in Krümmel 44. Als „Deadline“ gilt eine Betriebsdauer von 50 Jahren.

Eigentlich sollten längst die Pläne bereitliegen, um ein neues Wasserwerk zu bauen. Doch Björn Griechen hat um zwei Jahre Planungsverlängerung gebeten. Ein Werk, wie gedacht, an der Mercatorstraße zu bauen, hat sich als nicht möglich erwiesen.

Zu wenig Platz für künftig eventuell erforderliche Erweiterungen

Bis 2040 sollten in Krümmel auf dem Gelände des alten Werks zwei voneinander unabhängige Wasserwerke für die Gesamtversorgung entstehen – mit bis zu acht neuen Brunnen. Aber dort ein neues zu errichten, sieht Björn Griechen mittlerweile kritisch, wegen eingeschränkter Erweiterungsmöglichkeiten. Dort ließe sich zwar genug gutes Wasser sogar für eine Komplettversorgung fördern, aber das Grundstück liegt eingezwängt zwischen Elbuferstraße und Geesthang.

Viel Raum für Erweiterungen gibt es dort daher nicht. Also wird zunächst weiter nach einem anderen Standort gesucht. In den Wasserwerken wird in riesigen, natürlichen Filteranlagen das einströmende Wasser durch Kies geleitet. Die Steinchen binden Eisen und Methan. Einmal jährlich werden sie zur Entsorgung abgeholt. „Sollte irgendwann mal ein neuer Stoff gefunden werden, der herausgefiltert werden muss, müssten hier mehr Filter stehen“, sagt Björn Griechen.

Das könnte zum Beispiel mit Aktivkohlefiltern, UV-Beschuss oder auch Chloren geschehen. Dies ist aber nur möglich, wenn der Raum drumherum es hergibt. „Wir bauen ja nicht für 50 Jahre ein Wasserwerk, um in einem solchen Fall dann wie die Deppen dazustehen“, meint Björn Griechen.

Trinkwasser Geesthacht: Erhöhung der Fördermenge ist nicht notwendig

Immerhin: Ein Antrag auf eine Erhöhung der Kapazitäten bezüglich der Fördermenge sei nicht notwendig. „Beim Bau eines Brunnens oder Wasserwerkes lässt man sich die Wassermengen vom Kreis genehmigen. Die Mengen, die wir genommen haben, sind noch lange ausreichend, auch für den Fall, dass Geesthacht weiter wächst“, sagt Björn Griechen.

War man in den 80er-Jahren noch davon ausgegangen, dass der Wasserverbrauch stark steigen werde, ist der Verbrauch etwa durch die Einführung von Spartasten an Toiletten und anderen Vorrichtungen zum Wassersparen tatsächlich viel geringen als ursprünglich angenommen.

Feinste Leckagen im Rohrsystem können erhört werden

Auch die Digitalisierung hilft, Wasser zu sparen. „Mit der Detektiermaschine wird das Rohrnetz auf ungewöhnliche Geräusche abgehört, das kann die Digitalisierung für uns leisten“, berichtet Björn Griechen. „Wir hören und orten so feinste Leckagen, bevor ein großer Rohrbruch daraus wird, der hoch sprudelt, das Rohr oder auch den Asphalt kaputt macht. Es ist ein Zehntel des Preises, da vorher herunterzugehen und das zu beheben. Und der Wasserverlust sinkt.“

Hohe Nitratwerte im Grundwasser nicht relevant für das Geesthachter Wasserwerk
Monika Jensen (Marketing) und Björn Griechen (Leitung) zeigen es: Das Trinkwasser im Becken hinter der dicken Glasscheibe wird mittels Fontäne frisch gehalten. © Dirk Palapies | Dirk Palapies

Im Prinzip ließe sich auch für jeden einzelnen Haushalt hören, wo eine Dichtung undicht ist und es zum ungewollten Wasserverbrauch komme. „Wir könnten sagen, Herr Meier, bei ihnen tropft der Wasserhahn“, erzählt Björn Griechen. „Ein Pilotprojekt ist positiv ausgefallen.“ Problem: Der Datenschutz lasse solche Hinweise in Deutschland anders als in Dänemark nicht zu.

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Trinkwasser Geesthacht: Größte Bedrohung ist der Klimawandel

Dabei wäre jede Möglichkeit zum Wassersparen bereits heute dringend geboten, meint Björn Griechen. Damit das Geesthachter Wasser auch übermorgen noch sprudelt. Denn die größte Bedrohung sieht er im Klimawandel und zunehmend trockenen, heißen Sommern. „Unsere Generation wird es nicht merken, die nachfolgende auch noch nicht, aber die dann nachfolgende, die wird es treffen“, erwartet er.

Selbst der viele Regen von Oktober 2023 bis zum März dieses Jahres habe nur „ein kleines bisschen“ zur Neubildung des Grundwassers beigetragen in der tiefen Bodenregion, die relevant sei für die Förderung. Im Mai und Juni, als es trockener gewesen sei, sei der Effekt gleich wieder verschwunden gewesen. Björn Griechen. „Wasser ist eine so wichtige Ressource, dass wir bereits heute nicht verschwenderisch damit umgehen sollten.“