Geesthacht. Vamed-Klinikum will dem Fachkräftemangel im Bereich Logopädie Paroli bieten. Und es soll noch mehr für Auszubildende getan werden.
Mit einer Feierstunde und 50 geladenen Gästen hat das Vamed-Klinikum in Geesthacht am Montag (30. September) seine Logopädieschule eröffnet. Mit der Einrichtung wirkt das Unternehmen dem akuten Fachkräftemangel entgegen. Zuletzt sei es kaum noch möglich gewesen, Logopäden für die Behandlung der Patienten zu bekommen. „Selbst ein Headhunter hatte keinen Erfolg“, sagt Klinikgeschäftsführerin Astrid Kusmat. Daher macht Vamed nun Nägel mit Köpfen und bildet in Zukunft selbst Logopäden und Logopädinnen aus.
Die Zukunft beginnt im Falle der Geesthachter Logopädieschule schon am Dienstag. Dann starten die ersten Schülerinnen (15) und Schüler (2) in ihre dreijährige Ausbildung. Diese findet in Kooperation mit der Medical School Hamburg (MSH) statt. So können die Schülerinnen und Schüler nach drei Jahren Ausbildung noch ein Jahr dranhängen und ihren Bachelor-Abschluss machen.
Logopädieplatz: Betroffene müssen häufig lange warten
Wie Geschäftsführerin Astrid Kusmat erklärt, können die Wartezeiten für einen Behandlungsplatz bei weit über einem Jahr liegen. „In Deutschland sprechen von allen gesunden Kindern acht bis zehn Prozent nicht so, dass sie eingeschult werden können. Das fällt bei der Schuleingangsuntersuchung auf“, erklärt sie. Für die Eltern sei dies häufig ein Schock – und Hilfe nicht leicht zu bekommen. Betroffene Kinder haben Schwierigkeiten, Zusammenhänge in Sätzen richtig wiederzugeben und eine sinnvolle Satzstruktur zu bauen.
Die Idee, eine eigene Logopädieschule zu eröffnen, wurde 2020 geboren. Zuvor war die Deutsche Rentenversicherung auf Vamed zugekommen, ob es möglich wäre, Plätze für Sprachrehabilitation anzubieten. Der Grund: Leiden Kinder unter Sprachproblemen, kann dies später ihre Erwerbsfähigkeit beeinträchtigen. Ein Jahr später reiste Geschäftsführerin Kusmat in das Kieler Gesundheitsministerium, um die Projektidee vorzustellen. „Jeder war der Meinung, dass wir sowas brauchen“, erzählt sie. Ein Förderantrag wurde gestellt und Gelder bewilligt.
Logopädieschule Geesthacht: Schwere Schäden durch Starkregen
Jetzt, drei Jahre später, konnte Astrid Kusmat gemeinsam mit Geesthachts Bürgermeister Olaf Schulze und Sven Eichler vom Schleswig-Holsteinischen Institut für Berufliche Bildung das symbolische Band durchtrennen. Die achteinhalb Monate dauernden Arbeiten an dem 1911 als Stall errichteten Gebäude haben buchstäblich bis zur letzten Sekunde vor der Eröffnung gedauert. „Wir hatten einen sehr ambitionierten Zeitplan, bei dem nichts schiefgehen durfte“, gibt Kusmat Einblick. „In der letzten Wochen sind die Arbeiter der einzelnen Gewerke übereinander gestolpert.“ Eine große Katastrophe sei der Starkregen im August gewesen. Damals habe das Gebäude 30 Zentimeter unter Wasser gestanden. Die Kosten betragen insgesamt 3,7 Millionen Euro, die über Einzelfördermittel des Krankenhauses finanziert werden.
Geesthachts Bürgermeister Olaf Schulze ist voll des Lobes: „In drei Jahren so ein Projekt umzusetzen, ist bemerkenswert“, sagt er. Dabei, so betont es Schulze, seien auch Aspekte des Denkmalschutzes berücksichtigt worden. Historische Elemente des Stalls wie die hellgraue Farbe und die Stützbalken an den Decken sind auch heute noch gut sichtbar.
Logopädieschule Geesthacht: Wohnheim und Praxisgebäude geplant
Mit der neuen Logopädieschule werde Geesthacht immer mehr zum Medizinstandort, sagt Schulze, der einen sorgenvollen Blick auf das nur wenige hundert Meter entfernte Johanniter-Klinikum warf. Denn zwischen dem Vamed-Klinikum und der Klinik für Geriatrie am Runden Berge, für die ein Insolvenzverfahren angemeldet wurde, besteht eine Kooperation. Dass Vamed mit der Bildungsstätte einen besonderen Schritt geht, hebt er hervor. „Ich würde mir wünschen, dass sich andere daran ein Beispiel nehmen.“
Mit dem Umbau des ehemaligen Stallgebäudes ist das Bauprojekt Logopädieschule noch nicht abgeschlossen. Wie Vamed-Pressesprecher Nils Metzger erklärt, sollen die Kapazitäten sukzessive für 45 Lernende ausgebaut werden. Ein Praxisgebäude, in dem Schülerinnen und Schüler unter Anleitung von erfahrenen Logopäden erste Patientenkontakte sammeln können, soll Ende des Jahres fertiggestellt werden. Geplant ist außerdem, ein Wohnheim zu errichten, das im Oktober 2027 eröffnet werden soll. „Für den Übergang werden für die Schüler Wohnungen angemietet. Das macht sonst keine Logopädieschule“, sagt Metzger.
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Die Ausbildung zur Logopädin oder zum Logopäden dauert drei Jahre. In Geesthacht beinhaltet sie fachtheoretischen Unterricht zu Themen wie Atemführung und Sprachstörungen. Deutlich umfangreicher ist der fachpraktische Unterricht, mit Hospitationen und Exkursionen, mit Blockpraktika und realen Fällen in direkter Anwendung. Seit 2019 gilt die Logopädie als Mangelberuf. Die Zahl der berufstätigen Logopäden reicht nicht im Ansatz für den Patientenbedarf. Wartezeiten für einen Behandlungsplatz liegen häufig bei über einem Jahr.