Geesthacht. Auch dem Fachärztezentrum MVZ an der Bergedorfer Straße in Geesthacht droht die Pleite. Wie es jetzt mit der Klinik weitergehen soll.
- Johanniter-Krankenhaus Geesthacht eröffnet Insolvenzverfahren
- Löhne und Gehälter der Mitarbeiter bis Ende November gesichert
- Bürgermeister hilft bei der Suche nach einem Käufer für die Klinik
Es ist ein Schock: Steht die größte Stadt des Kreises Herzogtum Lauenburg bald ohne Krankenhaus da? Für das Johanniter-Krankenhaus in Geesthacht sowie die Klinik für Geriatrie und Seniorenhaus GmbH wurde am Montag, 23. September, vorsorglich ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung beantragt, für das Fachärztezentrum MVZ an der Bergedorfer Straße eine Regel-Insolvenz. „Das Amtsgericht Schwarzenbek hat den zu bestellenden vorläufigen Insolvenzverwalter/Sachwalter noch nicht benannt“, so das Johanniter-Krankenhaus.
Als Hauptgrund wird eine „chronische Unterfinanzierung“ angegeben. „In den letzten Jahren sind am Standort Defizite in Millionenhöhe aufgelaufen, die durch die Johanniter GmbH, die Trägergesellschaft der Geesthachter Einrichtungen, finanziert wurden“, erklärt der für den Bereich Krankenhäuser der Johanniter GmbH zuständige Geschäftsführer Matthias Becker.
Insolvenz: Johanniter-Krankenhaus sieht im Antrag die Chance einer Sanierung
Zum Jahresende 2023 hatte das Krankenhaus erneut mit Verlusten in Millionenhöhe abgeschlossen. „Leider hat sich herausgestellt, dass die Entwicklung des Krankenhauses selbst hinter den Mindestplanungszielen für 2024 zurückbleiben wird. Vor diesem Hintergrund haben sich die Zukunftsaussichten gegenüber der ursprünglichen Planung deutlich verschlechtert“, sagt Matthias Becker.
Das Aufrechterhalten der Grund- und Regelversorgung mit Notfallversorgung sowie die Geburtshilfe sei sehr teuer. Kosten, die über die Patientenzahlen nicht refinanzierbar seien. Becker: „Für das Johanniter-Krankenhaus am Runden Berge bedeutet die Insolvenz in Eigenverwaltung nach einer dreimonatigen Übergangsphase die Chance auf eine Sanierung trotz finanzieller Schieflage.“ Ziel müsse für alle Beteiligten sein, bis zum Jahresende eine Lösung zu präsentieren.
Bürgermeister Olaf Schulze hilft, einen Käufer zu finden
Das Eigenverwaltungsverfahren für das Johanniter-Krankenhaus Geesthacht und für die Johanniter Geriatrie und Seniorenzentrum Geesthacht GmbH solle als Schutzschirm Grundlagen für eine Sanierungsperspektive des Standortes bieten. Gespräche mit der Stadt Geesthacht seien mit dem Ziel angeschoben worden, das Krankenhaus am jetzigen Standort mit möglichst vielen Fachabteilungen zu erhalten.
„Ich bin vor zwei Wochen informiert worden und habe versucht, das mit abzuwenden“, sagt Geesthachts Bürgermeister Olaf Schulze. „Wir werden versuchen, jemanden zu finden, der bereit ist, sich hier zu engagieren“, erklärt er sein Engagement. Gesucht wird ein Käufer. Geesthacht ist seit 1946 Krankenhausstandort. Zunächst war das Krankenhaus in städtischer Hand, 1982 übernahmen die Johanniter den Betrieb.
Bisherige Gespräche zur Lösungsfindung verliefen erfolglos
Auf der Suche nach Lösungen zur Vermeidung des Insolvenzverfahrens seien im Vorfeld Gespräche mit anderen Krankenhausträgern in der Region über eine mögliche Zusammenarbeit oder Übernahme geführt worden, die bisher ergebnislos verlaufen seien, heißt es von den Johannitern. „Dadurch, dass das Insolvenzverfahren läuft, ist es ja vielleicht eine neue Situation. Wir werden zumindest prüfen, was wir tun können“, sagt Olaf Schulze. So soll auch ein beratender Experte mit ins Rettungsboot geholt werden.
Weitere Abstimmungen mit Stadt, Kreis und Gesundheitsministerium Schleswig-Holstein sollen kurzfristig stattfinden. Schleswig-Holsteins Gesundheitsministerin Kerstin von der Decken (CDU) kritisiert vor dem Hintergrund des Insolvenzantrages die Bundesregierung und insbesondere Karl Lauterbach (SPD): „Seit mehr als eineinhalb Jahren setzen sich die Länder geschlossen und parteiübergreifend mit konkreten Vorschlägen für eine Übergangsfinanzierung für Kliniken ein, bis die geplante Krankenhausreform greift. Die Ländervorschläge werden vom zuständigen Bundesgesundheitsminister ignoriert.“
Lohn- und Gehaltszahlungen nur bis Ende November gesichert
Immerhin sollen die Versorgung der Patienten sowie der Geschäftsbetrieb zunächst uneingeschränkt fortgeführt werden, verspricht das Krankenhaus. Mit dem Lohn ist das nicht ganz so. Die Lohn- und Gehaltszahlungen in beiden Verfahren sollen zwar über das Insolvenzgeld der Bundesagentur für Arbeit und die beantragte Insolvenzgeldvorfinanzierung abgesichert werden – aber nur bis Ende November.
Zusammen mit den betroffenen Einrichtungen kommt einiges an Patienten und Beschäftigten zusammen. Das Johanniter-Krankenhaus mit seinen etwa 600 Mitarbeitern ist ein Akut-Krankenhaus der Grund- und Regelversorgung und alleiniger Versorger für das Fachgebiet Psychiatrie für das gesamte Herzogtum Lauenburg. Es hat rund 300 voll- und teilstationäre Behandlungsplätze, verteilt auf sechs Fach- und zwei Belegabteilungen. Jährlich werden 10.000 Patientinnen und Patienten stationär und 20.000 Patientinnen und Patienten ambulant behandelt.
Johanniter mit einziger verbliebener Geburtsstation im Kreis
Das Seniorenzentrum Johanniter-Haus verfügt über 76 stationäre Pflegeplätze mit etwa 50 Beschäftigten, die Klinik für Geriatrie über 73 stationäre Betten, versorgt werden jährlich etwa 1000 Patienten von etwa 100 Mitarbeitern. Und das MVZ an der Bergedorfer Straße beherbergt eine Praxis für Angiologie und eine für Allgemeinmedizin. Hier sind 13 Mitarbeiter tätig, behandelt werden rund 2500 Patienten pro Quartal.
„Das Krankenhaus Geesthacht ist sehr wichtig für die gesamte Region, erst recht, nachdem die Krankenhäuser Ratzeburg und Mölln bereits vor Jahren zusammengelegt und wichtige Fachabteilungen wie die Geburtsstation dort geschlossen worden sind“, ordnen Olaf Schulze und Geesthachts Erste Stadträtin Melanie Grimm-Meyer die Bedeutung des Krankenhauses ein. So hat das Johanniter nun die einzige Geburtsabteilung des Kreises – etwa 700 Babys kommen dort pro Jahr zur Welt.
Krankenhausversorgung eigentlich Aufgabe von Kreis und Land
Auch Landrat Christoph Mager ist erschrocken: „Das Insolvenzverfahren erfüllt mich natürlich mit großer Sorge – sowohl in Bezug auf die Versorgung der Menschen im Südkreis als auch in Bezug auf die Arbeitsplätze. Leider kann ich diesen Schritt inhaltlich nicht bewerten, weil die Johanniter erst am vergangenen Freitag mit ihren Absichten auf mich zugekommen sind.“
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„Zur Einordnung: Die Krankenhausversorgung der Einwohnenden zu sichern, ist nach Landeskrankenhausgesetz Aufgabe von Land und Kreis beziehungsweise der kreisfreien Städte“, so die Stadtverwaltung. Man werde dennoch gemeinsam versuchen, das Krankenhaus zu retten.
Olaf Schulze und Melanie Grimm-Meyer kündigen ein Vorgehen an, das mit den Fraktionen der Ratsversammlung abgestimmt ist. „Auf politischer Ebene haben wir bereits Gespräche geführt, die auch fortgesetzt werden.“ Der Kampf um Geesthacht als Krankenhausstandort – er hat gerade erst begonnen.