Geesthacht. Nach 31 Jahren im Johanniter-Krankenhaus Geesthacht geht Oberin Carmen Schönberg in Rente. Wie sie die Zukunft des Krankenhauses sieht.

Die grau-rote Uniform, die sie als Oberin der Johanniter-Schwesternschaft kenntlich machte, hat Carmen Schönberg am 5. Juli für immer abgelegt. Nach 31 Jahren im Johanniter-Krankenhaus Geesthacht ist die Leiterin des Pflegedienstes in den Ruhestand gegangen. Fortan wird die gelernte Krankenschwester stattdessen noch häufiger Lederkluft tragen. Denn Frau Oberin fährt leidenschaftlich gern Harley Davidson.

„Mit dem Motorrad bin ich schon fast überall gewesen, zum Beispiel dreimal in den USA. Für die Rente habe ich mir die nordischen Länder und England aufgehoben“, sagt Schönberg. Aktuell ist sie im Umzugsstress. Mit Mann und Hund Winja zieht sie von Geesthacht an den Ratzeburger See. „Um nach dem Berufsleben einen freien Blick zu haben“, wie sie sagt.

Lederkluft statt Uniform: Frau Oberin Harley fährt jetzt Harley

Doch wie wird man eigentlich Oberin im Johanniter-Orden? „Man muss dazu vom Herrenmeister berufen werden“, erklärt Carmen Schönberg das etwas aus der Zeit gefallene Prozedere. In ihrem Fall geschah dies 2017 durch Oskar Prinz von Preußen, den 37. Herrenmeister der Johanniter.

Oberin Carmen Schönberg (links) mit ihrer Nachfolgerin als Pflegedienst-Leiterin Bianca Schöning.
Oberin Carmen Schönberg (links) mit ihrer Nachfolgerin als Pflegedienst-Leiterin Bianca Schöning. © Dirk Schulz | Dirk Schulz

Zuvor war Carmen Schönberg seit 2011 Mitglied der evangelischen Johanniter-Schwesternschaft gewesen. Diesem gehören zurzeit über 700 Frauen aus Pflege- und Gesundheitsberufen an. Die meisten von ihnen arbeiten in Häusern des Johanniter-Ordens. Der Rest ist in anderen kirchlichen, staatlichen oder privaten Einrichtungen tätig.

Sie hat die Pflege 31 Jahre durch sämtliche Schwierigkeiten gebracht

Bevor Schönberg in Rente ging, blickte sie noch einmal auf die vergangenen Jahre zurück. Ihre Botschaft: „Der Pflegeberuf muss gestärkt werden.“ Das fängt mit der Bezahlung an. „Wer im Drei-Schicht-System in Vollzeit gearbeitet hat, bekommt auch dank der VBL, der Betriebsrente für Beschäftigte im öffentlichen Dienst, eine gute Rente. In Teilzeit ist das schon etwas anderes“, sagt sie.

Carmen Schönberg (4.v.l.) war auch beim Treffen mit Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (2.v.l.) dabei.
Carmen Schönberg (4.v.l.) war auch beim Treffen mit Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (2.v.l.) dabei. © Dirk Schulz | Dirk Schulz

Und in Teilzeit arbeiten viele der immer noch überwiegend weiblichen Mitarbeiter der Pflege. Von den Schönberg unterstellten 300 Mitarbeitern war lediglich ein Zehntel Männer. „Meine Aufgabe war, die Pflege 31 Jahre durch sämtliche Schwierigkeiten zu bringen“, betont die scheidende Pflegedienstleiterin, die stolz darauf ist, dass der Krankenstand im Vergleich zu anderen Häusern immer gering war.

Ambulante Nachsorge zu Hause sollte gestärkt werden

Schönberg erinnerte an die Schließung des Lauenburger Krankenhauses und die Eingliederung der Angestellten in Geesthacht (2004) und nannte es eine „Meisterleistung“, bei der Gründung der Psychiatrie in Geesthacht das Personal für drei Stationen ad hoc bespielen zu können. Aber auch schwere Zeiten galt es zu überstehen, etwa als eine Mitarbeiterin auf dem Weg zur Arbeit mit dem Auto verunglückte, in der eigenen Notaufnahme eingeliefert wurde und später verstarb.

Oberin Carmen Schönberg vor einem Modell des Johanniter-Krankenhauses Geesthacht, das 31 Jahre lang ihr Arbeitsplatz gewesen ist.
Oberin Carmen Schönberg vor einem Modell des Johanniter-Krankenhauses Geesthacht, das 31 Jahre lang ihr Arbeitsplatz gewesen ist. © Dirk Schulz | Dirk Schulz

Derweil hält sie die Krankenhaus-Reform für unerlässlich. „Wichtig ist aber, die mitzunehmen, die es betrifft“, sagt Schönberg. Ihrer Ansicht nach sollte der Fokus darauf liegen, die ambulante Nachsorge zu Hause zu stärken. „Dort möchte man doch lieber sein als im Krankenhaus“, sagt Schönberg.

Zivildienstleistende würden die Personalsituation entlasten

Die Personalsorgen in der Pflege ließen sich wie folgt lösen: „Ich war hoch traurig, als der Zivildienst abgeschafft wurde. Ich finde, junge Leute können sehr wohl ein Jahr ihres Lebens abgeben.“ Darüber hinaus gibt es in Geesthacht eine Krankenpflegeschule mit jährlich 15 Absolventen.

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Eindeutig ist Schönbergs Meinung in Bezug auf die Zukunft des Geesthachter Krankenhauses: „Es wird Einschnitte nach der Reform geben. Aber dieser Standort kann nicht aufgegeben werden. Wer soll die Leute denn versorgen? Das haben wir bei Corona gemerkt. Wenn hier die Politik versagt, weiß ich nicht, was in Schleswig-Holstein werden soll.“

Nachfolgerin ist Bianca Schöning

Im vergangenen November war Schönberg dabei, als Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach Geesthachts Krankenhaus besucht hatte. Aber für die Ausgestaltung der Krankenhaus-Landschaft sind die Bundesländer zuständig. In diesem Fall bestimmt also die schwarz-grüne Landesregierung in Kiel, welche Krankenhäuser erhalten bleiben.

Die Leitung des Pflegedienstes in Geesthacht hat währenddessen Bianca Schöning übernommen. Seit Anfang des Jahres konnte die 40-jährige Geesthachterin in ihren neuen Job eingearbeitet werden. „So habe ich das Haus kennengelernt“, sagt Schöning, die gekommen ist, um zu bleiben. „Ich bin nicht auf der Durchreise“, betont sie. Ob sie auch einmal Oberin wird, darauf hat sie natürlich keinen Einfluss. „Aber eine Johanniter-Schwester zu werden, das ist schon eine Option“, sagt Schöning. Dafür müsste sie aber zunächst ein Jahr lang eine sogenannte „Anwärterin“ werden.