Sahms/Lütau. 35 Hektar groß wird das Umspannwerk in Sahms. Jetzt sucht Netzbetreiber 50hertz eine ebenso große Fläche für ein Multiterminal-Hub.
Die Pläne für die Stromautobahn vom Kreis Herzogtum Lauenburg gen Süden nehmen Gestalt an: Allerdings bekommt das Projekt auch gigantische Dimensionen. Neben dem geplanten Mega-Umspannwerk (Netzwerkknotenpunkt) in Sahms, mit dessen Bau schon bald begonnen werden soll, sucht Netzwerkbetreiber 50hertz jetzt einen Standort für einen Multiterminal-Hub, ein Gleichstromdrehkreuz, und zwei Konverter.
Diese Anlage – sofern alle Komponenten an einem Standort gebaut werden – wird ebenfalls etwa 35 Hektar groß werden. Derweil läuft das Genehmigungsverfahren für die 380 Kilovolt Elbe-Lübeck-Leitung und in der kommenden Woche wird erstmals eine mögliche Trasse für den Stromhighway (SüdWestLink) nach Baden-Württemberg vorgestellt.
Herzogtum Lauenburg: Stromtrasse erfordert zweite große Anlage im Kreis
Dahinter steht das ehrgeizige Ziel, dass Deutschland bis zum Jahr 2045 klimaneutral sein soll. „Dafür werden nicht nur die erneuerbaren Energien ausgebaut, auch unsere Stromnetze müssen erweitert werden. Denn Strom wird zunehmend nicht mehr dort erzeugt, wo er verbraucht wird, sondern dort, wo der Wind weht und die Sonne scheint“, sagt Klemens Lühr, Sprecher von Netzbetreiber 50hertz. Damit das funktioniert, werden Stromhighways von den Windkraftanlagen an der Nordsee nach Süddeutschland benötigt.
Bis zum Jahr 2037 soll die insgesamt 740 Kilometer lange Leitung, die in dem Dorf Sahms im Kreis Herzogtum Lauenburg beginnt und in Oberjettingen in Baden-Württemberg endet, ans Netz gehen. Parallel dazu läuft das Projekt Elbe-Lübeck-Leitung, das ebenfalls am Knotenpunkt Sahms umgespannt wird und für die Verteilung von Ökostrom in der Region zuständig ist. Denn auch der Norden soll besser mit dem Ökostrom aus den Windparks versorgt werden.
Planungsunterlagen für ersten Abschnitt bis Sahms liegen aus
Dreh- und Angelpunkt im Nordwesten ist das kleine Dorf Sahms, in dem ein Mega-Umspannwerk mit 35 Hektar Fläche gebaut werden soll. „Der erste wichtige Meilenstein ist erreicht. Die Genehmigungsbehörde, das Amt für Planfeststellung Energie in Kiel, hat die Offenlage der Planfeststellungsunterlagen für den Abschnitt von Stockelsdorf bei Lübeck bis zum geplanten Netzverknüpfungspunkt in Sahms angekündigt. Das Genehmigungsverfahren in diesem ersten Abschnitt des wichtigen Energiewendeprojekts hat damit offiziell begonnen“, sagt Jan Niklas Wölfel, Referent für Bürgerbeteiligung in dem Projekt.
Das bedeutet konkret: Die Planfeststellungsunterlagen für die neue Freileitung werden bis zum 9. Oktober unter der Adresse Verfahren | Sahms-Lübeck West | BOB-SH Planfeststellungsverfahren online einsehbar sein. Bis zum 23. Oktober haben Privatpersonen und Träger öffentlicher Belange die Möglichkeit, schriftliche Einwendungen bei der Kieler Genehmigungsbehörde geltend zu machen.
Gute Nachricht: Neue Strommasten nehmen auch alte Kabel mit auf
Die neue 380-Kilovolt-Elbe-Lübeck-Leitung ist ein Kernprojekt der Energiewende im Höchstspannungsnetz. „Aufgrund des starken Anstiegs erneuerbarer Energien muss die bestehende Netzstruktur in Schleswig-Holstein ausgebaut werden. Die Elbe-Lübeck-Leitung nimmt dabei eine Schlüsselrolle ein. Als eine Nord-Süd-Achse sorgt sie für den Transport grünen Stroms in andere Teile Deutschlands“, erläutert Jan Niklas Wölfel. Die Trasse verläuft von Sahms in Richtung Krümmel und wird dort über die Elbe geführt.
Die Gute Nachricht für die Region: Betreiber TenneT wird zwei 110-Kilovolt-Systeme der Schleswig-Holstein Netz auf den neuen Masten mitnehmen. „Dadurch können die Masten der Bestandsleitungen im Bereich der Mitnahme zurückgebaut werden. Diese Huckepack-Lösung führt zu umfassenden Entlastungen in der Region“, verspricht Wölfel, weil die neue Trasse parallel zu den bisherigen Leitungen liegt. Bislang hatten Gegner des Projekts befürchtet, dass es sehr breite Trassen mit nebeneinander geführten Leitungen geben könnte.
Ebenfalls für den Transport von Strom nach Süden ist der SüdWestLink vorgesehen. Diese Kabel starten auch in Sahms, werden aber unterirdisch verlegt. Knackpunkt: Für die Einspeisung des Stroms in die neue Höchstspannungs-Gleichstrom-Übertragungsleitung, die bis zu vier Gigawatt Strom transportieren kann, ist ein Multiterminal-Hub erforderlich, das mit Konvertern gekoppelt ist. Diese Anlage ist 35 Hektar groß und es gibt einen Suchkorridor im Umkreis von zehn Kilometern rund um das Umspannwerk in Sahms.
Ohne Konverter lässt sich der Windstrom in der Region nicht nutzen
Der Multihub ist für die Einspeisung des Windstroms in die Gleichstromleitung nach Baden-Württemberg erforderlich. Die Konverter wandeln den Strom in Wechselstrom um, sodass er von Sahms aus in die Netze der Region transportiert und in Norddeutschland genutzt werden kann. „Hintergrund ist, dass Gleichstrom wesentlich besser über weite Strecken transportiert werden kann. Für den SüdWestLink werden wir in einem 61 Meter breiten Korridor zwei Gräben anlegen, in denen in 1,3 Meter Tiefe jeweils drei Kabel verlegt werden. Ein Pluspol, ein Minuspol und ein Ersatzkabel, falls Schäden auftreten“, erläutert 50hertz-Sprecher Lühr.
Auch interessant
- Anwohner verärgert: Hier werden immer wieder Autos angefahren
- Schwarzenbek plant Gründung einer Energiegenossenschaft
- Stadtbusse: Wie es nach der Pilotphase weitergehen kann
Während das Projekt Überlandleitung in Verbindung mit dem Umspannwerk Sahms schon ziemlich weit gediehen ist, steckt die Trasse für den unterirdischen Stromhighway noch in den Kinderschuhen. Die Elbquerung wird östlich von Lauenburg liegen, vermutlich in Mecklenburg-Vorpommern. „Wir haben eine grobe Trassenführung im Amt Lütau. Betroffen sind die Gemeinden Buchhorst, Krüzen, Lanze und Lütau. Nördlich dieser Gemeinden schließt der Suchraum für den Multiterminal-Hub an, in dem die Trassenführung noch nicht klar ist, da sie von der Standortfindung abhängt“, so Klemens Lühr.
Standort für Multiterminal-Hub soll bis kommendes Jahr gefunden sein
Er geht davon aus, dass bis Mitte kommenden Jahres ein möglicher Standort gefunden ist. „Wir werden dann voraussichtlich mit den drei am besten geeigneten Standorten in das weitere Verfahren gehen. Die Suche ist nicht ganz einfach, weil der Standort nicht zu weit von Sahms entfernt sein sollte und der Bereich dicht besiedelt und stark bewaldet ist“, so der 50hertz-Sprecher.
Das erste Mal soll die breite Öffentlichkeit über die Entwurfstrasse von SuedWestLink am Montag, 23. September, von 16 bis 19 Uhr in Lauenburg informiert werden. Weitere Infoveranstaltungen folgen in Niedersachsen. „Für jeweils drei Stunden beantworten unsere Fachleute an verschiedenen Themenständen individuelle Fragen rund um Trasse, Technik und das weitere Verfahren“, sagt Lühr. Die Veranstaltung ist im Hotel Bellevue (Blumenstraße 29).