Schwarzenbek. Familie schon zum dritten Mal betroffen. Von Polizei und Stadt fühlt sie sich alleingelassen. Sind die Fahrer zu schnell unterwegs?
Rebecca Klose muss nicht lange warten, da braust schon der weiße Kastenwagen eines Paketlieferdienstes an ihr vorbei. Auf gut 50 Kilometer pro Stunde schätzt sie die Geschwindigkeit des Lieferwagens. Auf der Brüggemannstraße in Schwarzenbek, wo Klose mit ihrem Mann und Sohn Finn wohnt, sei das absolut keine Ausnahme. Dass die Schwarzenbekerin sich über schnell fahrende Autos ärgert, hat einen besonderen Grund: Bereits drei Mal wurden Autos der Familie bei Unfällen beschädigt.
Das erste Mal sei 2018 ein Auto gegen den geparkten Pkw von Ehemann Björn gefahren. „Das Auto von meinem Mann war Schrott“, sagt sie. Kurze Zeit später knallte es ein zweites Mal. Zuletzt fuhr ein 89-Jähriger gegen das Auto von Rebecca Kloses Mutter. Der Senior überschlug sich nach der Kollision mit seinem Fahrzeug. Klose ist sich sicher, dass die Unfälle passieren, weil Autofahrer auf der geraden Brüggemannstraße deutlich schneller als die erlaubten 30 km/h. „Es wird jedes Mal gesagt, dass es an der tief stehenden Sonne liegt“, berichtet sie. „Aber wenn die Sonne so tief steht, fahre ich doch nicht so schnell.“
Schwarzenbek: 14 Unfälle seit Januar 2020 auf der Brüggemannstraße
Auch Nachbarin Stephanie P. hält die Brüggemannstraße für gefährlich. „Die Straße hier ist so schmal, dass manche Autofahrer auf den Bordstein ausweichen“, sagt sie. Deshalb habe sie Angst, wenn ihre drei Kinder unterwegs sind. „Das ist lebensgefährlich“, ist sie überzeugt. Wer in Richtung Stadtzentrum fährt, muss an der Peerkoppel vorbeifahren und anschließend eine Linkskurve durchqueren. „Danach geben die Leute Gas“, sagt Stephanie P.. Auf Höhe der Grundstücke der beiden Familien seien die Autos deutlich zu schnell.
Eine Anfrage bei der Polizeidirektion Ratzeburg ergibt, dass keine explizite Ursache für zwei Unfälle ermittelt werden konnte. Einmal flüchtete ein Unfallverursacher. Ausschließen, dass die Autos zu schnell unterwegs waren, könne man allerdings nicht, wie Polizeisprecherin Jacqueline Fischer sagt. Seit Januar 2020 habe es auf der Straße insgesamt 14 Unfälle gegeben. Das klingt nach sehr viel, sei laut Fischer aber für die Länge der Straße kein ungewöhnlicher Wert.
Anwohner fordern verkehrsberuhigende Maßnahmen
Damit es in der Brüggemannstraße sicherer wird, wünschen sich die Familien verkehrsberuhigende Elemente. Rebecca Klose sagt, sie habe vor Jahren der Stadt vorgeschlagen, große Blumenkübel auf die Straße zu stellen, die die Autos ausbremsen. Das habe die Verwaltung aber abgelehnt, da Blumenkübel zu pflegeintensiv seien. „Wir haben sogar vorgeschlagen, dass wir die pflegen“, sagt Klose.
Aber auch für andere Optionen ist sie offen. Nach ihrer Meinung müssten alternativ Ausbuchtungen mit kleinen Bäumen möglich sein. Sohn Finn schlägt Bodenschwellen vor. Schon nach dem zweiten Unfall habe sie zu den Polizisten gesagt, dass es eine verkehrsberuhigende Maßnahme braucht. Was nach einem Scherz klingt, findet Rebecca Klose überhaupt nicht lustig: „Die Polizisten haben zu mir gesagt, dass ich mein Auto hier zur Verkehrsberuhigung hinstellen soll.“ Stattdessen habe sie einen Kinderroller auf die Straße gestellt. „Der wurde dann auch noch geklaut“, sagt sie.
Stadt Schwarzenbek will sich um Lösung bemühen
Wie Ordnungsamtschefin Petra Scheerer sagt, sei ihr die Problematik bisher nicht bekannt gewesen. Doch die Zahl der Unfälle findet auch sie erstaunlich. Sie betont, dass die Stadt sich bemühen werde, mit Rebecca Klose eine Lösung zu finden. „Wir müssen gucken, ob sich das durch Messungen bestätigen lässt und dann ordnungsrechtlich eruieren, was machbar ist“, sagt sie. Sollten zum Beispiel Blumenkübel gesetzt werden, müsse gewährleistet sein, dass Rettungswege nicht blockiert werden.
Da es sich bei der sogenannten Straßenmöblierung auch um einen finanziellen Aufwand handelt, müsste der Bauausschuss der Stadt seine Zustimmung geben. Sollte die Politik den Daumen heben, wäre es denkbar, dass sich Anwohner – wie von Rebecca Klose vorgeschlagen – an der Pflege der Blumenkübel beteiligen. „In der Vergangenheit gab es auch schonmal ein Projekt, bei dem Anwohner die Pflege übernommen haben“, berichtete Petra Scheerer.
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Straße zu schmal zum Blitzen – Polizei fehlt zudem Personal
Sollten verkehrsberuhigende Maßnahmen nicht kurzfristig umsetzbar sein, wünschen sich die Frauen, dass zumindest häufiger geblitzt wird. Auch das habe sie bereits gegenüber der Polizei geäußert, sagt Rebecca Klose. Doch man habe ihr gesagt, dass das dort nicht möglich sei. Und tatsächlich: Wie Polizeisprecherin Jacqueline Fischer bestätigt, ist die 30er-Zone zu schmal. „Für die Blitzeranlage bräuchten wir beide Seiten des Gehwegs. Dann ist der nicht mehr nutzbar“, sagt sie.
Zwar habe die Polizei auch Lasermessgeräte, die die Beamten in der Hand halten, doch dafür braucht es natürlich auch personelle Kapazitäten. „Es melden sich auch aus anderen Orten Menschen bei uns, dass bei ihnen in der Straße mal geblitzt werden müsste“, sagt Fischer. Dennoch habe sie natürlich Verständnis, dass Betroffene das Bedürfnis haben, dass bei ihnen vor der Tür etwas passiert. Sinnvoll sei möglicherweise, dass sich die Anwohnerinnen an den Kreis wenden, da dieser über Blitzerwagen verfügt, die auf der Straße parken können.