Geesthacht. Ratsherr entdeckt in der Geesthachter Oberstadt immer mehr abgestellte Schrottautos. Rätselhaft: Einige werden ab und an umgeparkt.
Der Renault Clio zum Beispiel stehe hier seit vielen Wochen, erzählt Oliver Pachur. Die Motorhaube ist verbeult, innen baumeln Airbags. Der Ratsherr der Geesthachter CDU wohnt in der Oberstadt, startet von hier aus zu seinen Jogging-Runden. Und entdeckt immer mehr am Straßenrand entsorgte Autowracks. „Bisher ungefähr 15 Fahrzeuge. Allein bei der St. Petri-Kirche am Spakenberg sind es gleich vier Stück“, sagt er. „So gehäuft war es früher nicht.“
Sein Eindruck stimmt. „In 2024 wurden bis Juni insgesamt 52 abgemeldete Fahrzeuge im Stadtgebiet Geesthacht gemeldet beziehungsweise durch den Fachdienst Öffentliche Sicherheit der Stadt Geesthacht festgestellt“, hat die Stadtverwaltung gezählt. Das rätselhafte Phänomen ist einzigartig im Kreis.
Ein einzigartiges Phänomen: In Geesthacht stehen immer mehr Autowracks am Straßenrand
Die Zahl der in Geesthacht festgestellten Autoleichen weicht erheblich ab von der Zahl derjenigen, die im gesamten Herzogtum entdeckt werden. „Zuletzt mussten wir im Mai 2024 einen Pkw entsorgen lassen – davor in 2021 einen Pkw“, berichtet ein Sprecher der Kreisverwaltung.
Anfang Mai fiel Oliver Pachur auf, an wie vielen Schrottautos er mittlerweile vorbeijoggt. Jetzt hat er sich angewöhnt, dass er beim Laufen auf verräterische Indizien auf den Nummernschildern achtet – sofern noch welche dran sind. Etwa, ob der TÜV-Aufkleber seit Langem abgelaufen ist oder gleich komplett abgekratzt wurde.
„Mittlerweile habe ich einen Blick dafür entwickelt“, sagt er. Die Entdeckungen gibt er oft an die Verwaltung weiter. Manchmal reagiere die Stadt schnell und konsequent und leiste gute Arbeit, dann wieder werde auf eine Mitteilung von ihm, wo wieder Schrott auf Rädern zu finden sei, nicht einmal geantwortet, moniert Oliver Pachur.
Blauer Opel mit zugemülltem Innenraum steht seit Monaten an der Sportanlage
So wie bei der zentralen Sportanlage an der Berliner Straße. Dort wachse auch die Zahl der abgestellten Anhänger, deren „angeplättete“ Reifenzustände davon künden, dass sie seit langer Zeit nicht mehr bewegt wurden, wie er beobachtet hat.
Hinzu geselle sich hier seit einem Vierteljahr ein blauer Opel, dessen Innenraum komplett zugemüllt sei. Und das Problem „robbt“ schleichend nun auch in die Innenstadt vor. Vor dem Arbeitsamt steht aktuell ein grauer Citroën ohne Kennzeichen. Immerhin zeigt Flatterband drumherum an, dass ihn die Verwaltung auf dem Radar hat.
Auch ohne Nummernschild: Nachts werden einige Schrottautos umrangiert
Was das Geschehen in Geesthacht noch rätselhafter macht: Einige der Schrottautos wechseln über Nacht aus geheimnisvollen Gründen den Standort. „So wurde ein Mercedes umgeparkt und trägt nun ein Kennzeichen, das aber entwertet ist. Wenn ich die angrenzenden Wege und Straßen genauer durchsuchen würde, befürchte ich, dass auch andere, verschwundene Fahrzeuge wieder zu finden sein werden. Wohl auch ohne Zulassung und damit auch ohne Versicherung“, glaubt Oliver Pachur.
„Manchmal ist der Wechsel fließend“, erzählt er. „So hatte ein abgestelltes, altes BMW-Cabrio erst keine Nummernschilder, jetzt hat es wieder welche. Ich denke, hier wird mit der Stadt Katz-und-Maus gespielt“, vermutet Oliver Pachur. Sein Verdacht: „Es gibt hier jemanden, der mit Fahrzeugen und Autoteilen handelt“. Dafür spricht, dass er auch vermehrt entsorgte Altreifen – insgesamt 26 Stück – an den Sammelcontainern gefunden hat.
Mal ist Geesthacht, mal ist die Zulassungsstelle in Elmenhorst zuständig
Er überlegt, die Angelegenheit über eine Anfrage im Umweltausschuss auf die Ebene der Politik zu heben. Auf jeden Fall plädiert er für mehr Kontrollfahrten seitens der Polizei. Denn abgesehen von der Ästhetik des Straßenbildes: Abgestellte Autos sind keine Bagatelle. Sie rauben nicht nur Parkfläche, sondern stellen auch ein Risiko dar für Unfälle und die Umwelt, etwa, wenn Betriebsstoffe wie Öl und Benzin auslaufen.
Die Stadt unterscheidet zwischen abgemeldeten Fahrzeugen ohne amtliche Kennzeichen und solchen, die noch über die Zulassung verfügen und bei denen der Termin für TÜV/HU überschritten ist. Zuständig für abgemeldete Fahrzeuge ist der Fachdienst Öffentliche Sicherheit, für zugelassene Fahrzeuge mit abgelaufenem TÜV die Zulassungsstelle des Kreises in Elmenhorst/ Lanken.
Die Frist zur Entfernung liegt zwischen einer Woche und einem Monat
Die Polizei wird in der Regel tätig, wenn ein Fahrzeug wegen längerfristig abgelaufenem TÜV durch den Fachdienst zur Fahndung für eine Zwangsentstempelung ausgeschrieben wurde. Wird ein solches Fahrzeug aufgespürt, bekommt das Fahrzeug nach einer Kontrolle vor Ort einen Rote-Punkt-Aufkleber mit einer Frist zur Entfernung.
Stellt das Fahrzeug ein Verkehrshindernis dar, beträgt die Frist in der Regel zwischen einer und zwei Wochen. Ist es keins, gilt ein Monat. Lässt sich ein letzter Halter ermitteln, wird er zur Entfernung aufgefordert. Kommt er dem nicht nach, können ihm die Kosten für Entfernung und Entsorgung in Rechnung gestellt werden.
Standgebühren auf Abschlepper-Gelände können Halter angerechnet werden
Nach Fristablauf wird das Fahrzeug abgeschleppt, in der Regel durch ein Geesthachter Unternehmen, und zunächst auf dessen Betriebsgelände verwahrt. Die Standgebühren betragen 17,26 Euro. „Die Abschlepp- und Entsorgungskosten für ein abgemeldetes Fahrzeug belaufen sich auf insgesamt 442,68 Euro“, teilt die Stadtverwaltung mit.
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Wird doch noch jemand ermittelt, drohen ihm diese Kosten plus eine Rechnung von mindestens 70 Euro seitens der Ordnungsbehörde. Außerdem folgt die Einleitung eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens. Die Spanne der Geldbuße beläuft sich je nach Dauer der Abstellung des Fahrzeugs in der Regel zwischen 50 Euro als Verwarnungsgeld und 150 Euro zuzüglich Gebühren und Auslagen in Höhe von 28,50 Euro als Bußgeld.
Das Vorgehen ist kreisweit vergleichbar. Die Gemeinde fahndet, wer der letzte Halter des Fahrzeugs war. Wird niemand ermittelt, wird ein Aufkleber angeheftet. Nach sechs Wochen kann das Fahrzeug durch die Gemeinde, Amt- oder Kreisverwaltung abgeschleppt werden. Beim Kreis wird nur mit zertifizierten Entsorgungsunternehmen gearbeitet. Welche Schrottplätze angefahren werden, hängt vom Ablageort ab. Die Entsorgung eines Pkw kostet etwa 120 Euro.