Geesthacht. David gegen Goliath, das ist ein häufiges Duell im Fußball. Doch mit dem, was jetzt im Lotto-Pokal passierte, hatte niemand gerechnet.

Die neue Saison im Amateurfußball hat noch gar nicht so richtig begonnen, da hat sie schon ihren ersten Aufreger. Mit 53:2 Toren überfuhr der Fußball-Oberligist TSV Buchholz in der ersten Runde des Lotto-Pokals den Moorburger TSV aus der Kreisklasse B. „Unsere Junioren haben gelernt, dass man aufhört, wenn man mit zehn Toren Unterschied führt“, schimpfte eine Userin auf Facebook, während sich ein anderer über die Verlierer wunderte: „Hatten die keinen Torwart, oder was?“

Wie hoch darf ein Sieg ausfallen, ohne dass es herablassend wirkt? Wie hoch eine Niederlage, ohne dass es peinlich wird? „Moorburg ist ein Inklusionsteam“, weiß Frank Flatau aus Dassendorf, der Leiter des Spielausschusses vom Hamburger Fußball-Verband. „Es war daher klar, dass es ein deutliches Ergebnis geben würde. Ich bin mir sicher, sie haben es nicht als Demütigung empfunden.“

53 Gegentore in einem Spiel – Wie es zum Pokalrekord kam

Fünf Ligen Unterschied sind es zwischen der Oberliga und der Kreisklasse B. Da kommt es in einer ersten Pokalrunde schon mal zu ungleichen Duellen. „Vier andere Mannschaften sind lieber gar nicht erst angetreten, das ist natürlich auch nicht ideal“, gibt Flatau zu bedenken. „Als Verband müssen wir uns da neutral halten. Man kann schließlich für beide Seiten Argumente finden.“

Ein Verein, der vor einem Jahr in einer ganz ähnlichen Situation wie die Moorburger war, ist der VfL Grünhof-Tesperhude. Er spielt in der Kreisklasse, also eine Liga höher als die Moorburger. Der VfL hatte damals in der ersten Pokalrunde den mit Ex-Profis und Regionalligaspielern gespickten Oberligisten ETSV Hamburg zugelost bekommen. Die Grünhofer verzichteten auf die Partie. „Ein Großteil unserer Spieler war damals im Urlaub. Daher wäre es Quatsch gewesen, anzutreten“, erinnert sich Trainer Michael Wille. „Aber das lag nur an unserer personellen Situation, nicht am Gegner.“

Anfang-20-Jährige kommen angestürmt und lassen dich stehen wie ein Hütchen

In diesem Sommer bekamen die Grünhofer nun den starken Landesligisten SV Curslack-Neuengamme zugelost und wagten sich auf den Platz. Eine halbe Stunde lang hielten sie sensationell ein 0:0, obwohl beide Teams drei Ligen trennen. Am Ende setzten sich die Curslacker dann aber doch noch deutlich mit 7:0 durch. „Aber mit der ersten Halbzeit war ich natürlich sehr zufrieden“, betont Wille.

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Doch wie kann es dann zu 53 Gegentoren in nur 90 Minuten? War es etwa Absicht von beiden Teams, um einen neuen Rekord aufzustellen? „Nein, keineswegs“, betont Moorburgs Kapitän und Fußballobmann Nico Simon, der als Innenverteidiger das Gegentor-Gewitter gewissermaßen aus nächster Nähe miterlebt hatte. „Ich bin 36 Jahre alt“, betont Simon, „und da kommt dann ein halbes Dutzend Anfang-20-Jährige mit Ball auf Dich zugestürmt, die dich aussehen lassen wie ein Hütchen. Das verteidigst du nicht.“

Das Medienecho auf die ungewöhnliche Begegnung ist gewaltig

So hatte der Außenseiter dem Buchholzer Offensivdrang nichts entgegenzusetzen: 26 Gegentore in der ersten Hälfte, 27 in der zweiten. Das katapultierte das Team aus der Kreisklasse B2 in den Fokus von ganz Norddeutschland, von NDR 2 über Delta Radio bis hin zu verschiedenen Zeitungen und Online-Portalen. „Für uns geht es beim Fußball nur um den Spaß“, betont Simon. „Dieser Verein ist wie eine große Familie.“ Den Moorburgern blieb zudem die Freude über die beiden eigenen Treffer in der Schlussphase der Partie. „Vorne sind wir gut“, schmunzelte Simon, „nur in der Abwehr haben wir wohl ein Problem.“