Geesthacht. Der neue künstliche Patient des Johanniter-Krankenhauses verbessert nicht nur die Ausbildung bei Sofortmaßnahmen.

Sprechen kann sie nicht, aber ansonsten ist die neue Reanimationspuppe im Johanniter Krankenhaus näher dran am Menschen als alle ihre Vorgänger. Es gibt künstliche Lungen, die sich beatmen lassen und einen künstlichen Magen, der sich mittels eines Kissens aufbläst, wenn fehlintubiert wird.

„Die Hightech-Puppe kann beatmet werden in allen Variationen, man kann sie mit einem Beatmungsschlauch in die Luftröhre versorgen, Zugänge legen, und es ist sogar möglich, einen Zugang in einen Knochen zu simulieren“, schwärmt Oberarzt Florian Riedel vom Johanniter-Krankenhaus. Auch die Herzdruckmassage fühlt sich authentischer an als zuvor.

Geesthacht: Die neue Reanimationspuppe im Johanniter soll Menschenleben retten

„Wir können damit alles machen, was wir machen wollen. Es ist ein Quantensprung zu dem, was wir bisher hatten“, urteilt Rouven-Alexander von Holten, Chefarzt der Abteilung für Anästhesie, Intensiv- und Notfallmedizin, Schmerztherapie.

Der künstliche Hightech-Patient soll helfen, durch eine bessere Ausbildung bei der Reanimation Menschenleben zu retten. Er hat seinen Preis. Einen hohen fünfstelligen Betrag hat die Puppe gekostet. Die Anzahlung kam vom Rotary Club Herzogtum Lauenburg-Mölln, „der Rest wurde durch das Bohren von dicken Brettern zusammenbekommen“, erzählt der Chefarzt der Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe, Klaus von Oertzen, selbst Mitglied bei Rotary.

Regelmäßige Kurse richten sich an alle Mitarbeiter des Hauses

Hightech-Puppe für das Johanniter zum Üben von Reanimation: Oberarzt Florian Riedel zeigt eine erste Überprüfung des Patienten.
Hightech-Puppe für das Johanniter zum Üben von Reanimation: Oberarzt Florian Riedel zeigt eine erste Überprüfung des Patienten. © Dirk Palapies | Dirk Palapies

Vom Umgang mit den inneren Werten des dauerbettlägerigen Mannes sollen möglichst alle Angestellten des Johanniter profitieren. Florian Riedel agiert als Teamleiter für die Reanimationsübungen. Die regelmäßigen Kurse im Vortragssaal der Klinik richten sich an Mitarbeiter des Hauses, die in unmittelbarem Patientenkontakt stehen, aufgesplittet in Basismaßnahmen und Maßnahmen der erweiterten Wiederbelebung.

Ebenso sind die Kurse offen für medizinische Laien, zum Beispiel aus der Verwaltung. „Auch die Leute, die nicht direkt in der Patientenversorgung sind, waren begeistert und sich in First-Responder-Gruppen zusammengefunden“, berichtet Florian Riedel.

Auf einem handelsüblichen Tablet sind die Vitalfunktionen für die Puppe aufgespielt

Die Software-Grundlage für die Ansteuerung der Puppe bildet ein handelsübliches Apple-Tablet, auf ihm ist die Simulation mit den Informationen über die Vitalfunktionen des „Kranken“ aufgespielt. Florian Riedel erklärt das Szenario, dass die Kursusteilnehmer in der Basis durchspielen müssen.

„Sie kommen in ein Zimmer ein, finden einen Patienten, der irgendwie nicht reagiert. Erste Maßnahme: ansprechen. Reagiert nicht. Dann anfassen. Wenn er immer noch reagiert, dann würde man jetzt überprüfen, ob der Herr noch atmet, dazu die Hand auf Brustkorb legen, den Kopf leicht überstrecken. Spätestens an dieser Stelle, wenn ich keine Atmung feststelle und der Patient nicht reagiert, müssen Wiederbelebungsmaßnahmen eingeleitet werden“.

Möchte der Patient überhaupt Wiederbelebungsversuche?

Weitere Schritte wären: laut um Hilfe rufen, sich bemerkbar machen und sofort mit den Wiederbelebungsmaßnahmen beginnen, zunächst mit der Herzdruckmassage. „Die können wir simulieren anhand des Monitors“, erklärt Florian Riedel. „Wenn wir sagen, die Reanimation war gut, können wir Vitalwerte einspielen“. Sie zeigen an: Der Patient hat überlebt.

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Allerdings gäbe es da noch einen grimmigen Twist, der dringend beachtet werden müsse, erzählt Florian Riedel. Wollte der Patient das eigentlich, wollte er überleben? „Ein zentraler Teil ist, relativ zeitnah abzuklären, ob der Patient Wiederbelebungsmaßnahmen überhaupt möchte. Alles andere würde dem Patientenwunsch nicht entsprechen, das ist ein sehr zentraler Aspekt bei der Versorgung des Patienten“.

Seit März ist die neue Puppe im Einsatz, die Mediziner finden, dass sich die Investition bereits ausgezahlt hat. „Unser Eindruck ist, und so wird es auch berichtet, dass die Qualität und Versorgung der Patienten sich schon deutlich verbessert hat“, meint Florian Riedel. „Viele kommen auf uns zu mit der Rückmeldung, ,ich hatte ein viel besseres Gefühl bei der Reanimation, als ich es vorher hatte‘“.