Geesthacht/Ratzeburg. Die Entscheidung ist gefallen: Mediziner von drei Asklepios-Krankenhäusern rücken künftig zu Notfalleinsätzen im Südkreis aus.
Die Neuordnung der Notarztversorgung im Süden des Kreises Herzogtum Lauenburg befeuert die Gerüchteküche. Nein, es müssen künftig nicht Notfallmediziner aus Hamburg anreisen, um bei schweren Unfällen oder lebensgefährlich Erkrankten die Behandlung vor Ort sicherzustellen. Richtig ist aber: Der in Hamburg ansässige Asklepios-Konzern hat überraschend vom Kreis den Zuschlag erhalten, soll vom 1. Januar 2025 im Herzogtum die benötigten Notfallmediziner stellen.
St. Adolf-Stift in Reinbek und Johanniter-Krankenhaus Geesthacht, die diese Aufgabe bisher gemeinsam erledigen, hatten sich ebenfalls auf die erneute Ausschreibung beworben. Sie sollen künftig nicht mehr zum Zuge kommen.
Notärzte aus Hamburg übernehmen Versorgung im Herzogtum Lauenburg
Dabei hatte die Entscheidung zur Kooperation dieser beiden Krankenhäuser vor drei Jahren überhaupt erst möglich gemacht, vom Standort Geesthacht aus die Notarztversorgung kurzfristig allein mit festangestellten Fachärzten sicherzustellen, wie vom Kreis gefordert. Für den Norden des Kreises ist die Versorgung seinerzeit an das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH) vergeben worden, seitdem werden die Notarztwagen von Lübeck aus besetzt.
Jetzt soll auch der Süden von Krankenhausstandorten bedient werden, die ebenfalls außerhalb des Kreises liegen, genauer von Hamburg-Wandsbek, Barmbek und St. Georg aus. Während der Kreis für das UKSH die Möglichkeit ergriffen hat, aktuell auf eine erneute Ausschreibung zu verzichten, wurde die Versorgung für den Südkreis neu vergeben.
Mediziner kommen aus Wandbek, Barmbek und St. Georg in den Kreis
„Die Initiative für die Ausschreibung ist von der Kreisverwaltung ausgegangen“, bestätigt Sprecher Tobias Frohnert auf Nachfrage, beziehungsweise der eigens gegründeten kreiseigenen HLR (Herzogtum Lauenburg Rettungsdienstgesellschaft). „Die Politik ist diesem Vorschlag gefolgt.“
Die Kreisverwaltung verweist in diesem Zusammenhang auf die „bessere Gesamtqualität“ im Norden: Kommunikation wie organisatorische Abwicklung hätten dort besser funktioniert, daher habe man dort auf die Neuausschreibung verzichtet. Dazu dürfte auch der Umstand beigetragen haben, dass es seinerzeit für die Region nur einen ernstzunehmenden Bewerber gab: das UKSH. Für den Südkreis haben aktuell sechs Bieter ihren Hut in den Ring geworfen.
Was bedeutet „bessere Gesamtqualität“?
„Wenn das Kind erstmal in den Brunnen gefallen ist, ist es zu spät, an einer Verbesserung der Kommunikation zu arbeiten“, sagt Jens Meyer. Der Vorsitzende der SPD-Kreistagsfraktion aus Lauenburg und zahlreiche Mitstreiter hatten sich bereits vor Jahren gegen die Neuvergabe der Notarztversorgung und die Neuordnung des Rettungsdienstes gestellt. Jetzt sieht Meyer die HLR in der Pflicht, die die Aufgabe vom DRK übernommen hat.
Auch das Ergebnis der Neuausschreibung wird nicht nur unter Ärzten kritisch gesehen. Die von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach beförderten Reformen nähren Befürchtungen, dass in der Fläche ein Kahlschlag droht. „Wir Politiker kämpfen um den Erhalt der Krankenhäuser im Kreis, andererseits wird das Krankenhaus Geesthacht mit Entscheidungen wie zum Aus seiner Notarztversorgung geschwächt.“ Die Verantwortung für diese Entwicklung liege außerhalb der Kommunalpolitik. Meyer: „Weder der Hauptausschuss des Kreistags noch der HLR-Aufsichtsrat waren in die Entscheidung über das Ausschreibungsergebnis involviert.“
Johanniter haben Notärzte eingestellt, sind jetzt aus dem Rennen
Das Geesthachter Krankenhaus hat die vergangenen drei Jahre nicht nur die Qualifikation von Medizinern für Notarzteinsätze vorangetrieben, „es wurden Ärzte dafür eingestellt“, bestätigt Dr. Rouven von Holten, Chefarzt der Anästhesie und Notfallmedizin am Johanniter-Krankenhaus. 14 Notfall-Mediziner ständen aktuell allein in Geesthacht für Einsätze zur Verfügung. „Drei weiteren Bewerbern musste ich nach der Entscheidung absagen“, bedauert von Holten. Mit ihnen wäre es möglich gewesen, die Notarztbesetzung auch ohne den bisherigen Partner St. Adolf-Stift sicherzustellen. „Ich hoffe, dass uns wegen der Entscheidung keine Mediziner verloren gehen, die wir dringend benötigen.“
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Auch am Reinbeker St. Adolf-Stift mag niemand annehmen, dass die Qualität der notärztlichen Versorgung ein Argument gegen das Krankenhaus sein könne. „Wir sind in die Notarztversorgung im Kreis Stormarn schon seit Jahrzehnten eingebunden, ohne dass wir uns jeweils neu bewerben müssten.“
St.Adolf-Stift: Seit Jahrzehnten in der Notarztversorgung aktiv
Nachvollziehbare Gründe seien für die Bewerbung von Asklepios nicht zu erkennen, heißt es aus dem Umfeld beider Krankenhäuser. Es sei denn, Asklepios wolle sich insgesamt ins Kreisgebiet ausdehnen.
Derartige Gerüchte entbehrten jeder Grundlage, widerspricht Mathias Eberenz, Sprecher der Asklepios-Kliniken. „Über die Notarztversorgung hinaus haben wir keinerlei Ambitionen, im Kreis Herzogtum Lauenburg tätig zu werden.“
Asklepios wehrt sich: Planen keine Übernahme des Kreises
Mit rund 16.000 Mitarbeitern und sieben Krankenhäusern in Hamburg könne der Konzern die Notarztversorgung auch im Kreis sicherstellen, eine Besetzung rund um die Uhr an sieben Tagen die Woche für den Notarztwagen in Geesthacht vor Ort bereitstellen. Und dabei zugleich den eigenen Medizinern ein „erweitertes Spektrum“ bieten, so Eberenz. „Unfälle, wie sie etwa in der Landwirtschaft mit schweren Maschinen oder auch auf Autobahnen geschehen, sind für viele Notärzte, die in der Stadt Dienst tun, Neuland.“
Es gehe auch keinesfalls darum, Patienten verstärkt eigenen Krankenhäusern zuzuführen. „Es bleibt auch in Zukunft bei der Praxis, dass Patienten jeweils in das nächstgelegene, geeignete Krankenhaus gefahren werden.“
Kleine Krankenhausbetreiber haben kaum Chancen
Warum sich nicht das Bethesda-Krankenhaus Bergedorf an der Ausschreibung im Herzogtum beteiligt hat, dafür hat Sprecher Matthias Gerwin eine Erklärung: Als Träger mit nur zwei Kliniken in Hamburg, „sind wir in Bieterverfahren in der Hansestadt gegen Asklepios und das UKE unterlegen“. Dabei sei das Interesse groß, für die Notarztversorgung berücksichtigt zu werden, „wie auch in anderen Krankenhäuser, die Notfallaufnahmen betreiben“.