Geesthacht. Keine Mannschaft, kein Geld, keine Perspektive. Alle Hintergründe zur Krise. Trainer wettert: „Das sind armselige Tipp-Kick-Kicker.“

Die höchste Saisonniederlage hatten sie sich für das letzte Heimspiel aufgehoben: Mit 0:9 kam der Düneberger SV gegen den Niendorfer TSV unter die Räder. Der Abstieg aus der Fußball-Oberliga steht seit Wochen fest. Doch nun taumeln die Geesthachter einer ungewissen Zukunft in der Landesliga entgegen. Mit dem bisherigen 2. Vorsitzenden Thomas Nowottnick hat sich einer der wichtigsten Sponsoren zurückgezogen. Für die kommende Saison gibt es bislang weder einen Trainer noch eine Mannschaft.

Der letzte Auftritt vor heimischem Publikum war ein Spiegelbild der Misere am Silberberg. Schon nach einer guten halben Stunde stand es 0:3, zur Pause 0:6, am Ende 0:9. Interimstrainer Erdinc Özer hatte schon zur Halbzeit genug gesehen, spazierte lieber über den Sportplatz als, in der Kabine Anweisungen zu geben. „Für was?“, schimpfte er. „Das sieht doch jeder, was hier los ist. Armselige Kicker sind das! Tipp-Kick-Kicker!“

Sponsor weg: Düneberger SV nach dem Abstieg im freien Fall

In der Tat war die mangelnde Beweglichkeit der Geesthachter auch an diesem Tag wieder die Ursache der vielen Gegentore. Zu einem Stamm aus erfahrenen, aber laufschwachen Spielern hatte der Düneberger SV unter dem damaligen Trainer André Wengorra in der Winterpause weitere erfahrene, aber laufschwache Kräfte hinzugeholt und damit letztlich nichts an der Situation verbessert. Im Gegenteil: Der längst fällige Generationswechsel wurde nur weiter hinausgezögert.

Düneberger SV - Niendorfer TSV 0:9, 11. Mai 2024
„Was soll ich da noch machen?“ Dünebergs Interimscoach Erdinc Özer steht ratlos am Spielfeldrand. © Volker Koch | Volker Koch

Doch nicht alle ergaben sich gegen Niendorf widerstandslos ihrem Schicksal. Einige bewiesen Moral wie Rechtsverteidiger Adrian Apau, der nie einen Ball verloren gab und beim Gegentor zum 0:3 entsetzt die Hände vors Gesicht schlug, weil er wohl schon ahnte, was da kommen würde. Ihm war der Düneberger Auftritt nicht egal. „Adrian ist jemand, der bei jedem Training da ist“, lobt DSV-Sprecher Andreas Schmitz. „Von seiner Sorte haben wir zu wenige Spieler.“

Wenn selbst Niendorfs Stürmern das Toreschießen peinlich ist

Werbung in eigener Sache konnte freilich bei der 0:9-Klatsche niemand betreiben. Für die Gäste aus Hamburg war es ein Trainingsspiel. Nach dem Tor zum 0:8 fragte sich Schmitz sorgenvoll: „Kann unsere Anzeigentafel auch zweistellig?“ Ja, sie kann. Aber das brauchte sie nicht, weil es NTSV-Stürmer Lennart Merkle nach seinem fünften Tor in dieser Partie zum Endstand von 9:0 gut sein ließ. Verlegen drehte er ab, peinlich berührt davon, wie leicht das hier alles ging.

Düneberger SV - Niendorfer TSV 0:9, 11. Mai 2024
Vorbild an Engagement und Kampfgeist: Dünebergs Rechtsverteidiger Adrian Apau. © Volker Koch | Volker Koch Hamburg:

Was nun aus der Düneberger Mannschaft wird, die am kommenden Freitag beim ETSV Hamburg ihr letztes Saisonspiel bestreitet (19 Uhr, Mittlerer Landweg), ist mehr als ungewiss. Die Zukunftsplanung stockt seit Langem. So sollte schon nach dem Dassendorf-Spiel Ende April der neue Trainer präsentiert werden. Wunschkandidat ist Mo Wadhwa, Trainer und Sportlicher Leiter beim ASV Hamburg. Doch eine Einigung gibt es nicht, auch nicht mit einem anderen der „zwei bis drei Kandidaten“ (Schmitz).

Sponsor und 2. Vorsitzender Thomas Nowottnick ist aus dem Verein ausgetreten

Das hat natürlich Gründe. Einer der wichtigsten Geldgeber des Vereins, der zweite Vorsitzende Thomas Nowottnick, hat den Düneberger SV offenbar im Streit knall auf Fall verlassen. Er hat nicht nur sein Vorstandsamt abgegeben, sondern ist auch aus dem Verein ausgetreten. Nur so ist es nämlich möglich, ein Vorstandsamt abzugeben, auch wenn sich kein Nachfolger finden sollte. Für Nowottnick, der für die Sportredaktion nicht zu erreichen war, ist es nicht der erste Vereinswechsel. Früher engagierte er sich beim SC Schwarzenbek, künftig soll er sich beim SV Hamwarde einbringen wollen.

„Über die Gründe für seinen Rückzug möchte ich nichts sagen“, betont der erste Vorsitzende Karsten Wachowitz. „Aber wir sind in der Region gut vernetzt. Wir haben einen Pool von 50 Sponsoren, darunter zählte Thomas Nowottnick zu den fünf, sechs Sponsoren, die mehr Geld gegeben haben als andere.“ Trotzdem dürfte die Lücke, die er hinterlässt, sehr groß sein: Als Ligamanager hatte sich Nowottnick in dieser Saison um die – letztlich missglückte – Zusammenstellung des Kaders gekümmert, zudem war er Organisator und Hauptsponsor des lukrativen Hallenturniers im Winter.

Gespräche mit den Spielern laufen „zähflüssig“, doch die Wechselfrist drängt

Zudem hatte Nowottnick bereits Ende November die Vertragsverlängerung mit Spielmacher Tarik Cosgun unter Dach und Fach gebracht. Als Signal für den Rest des Kaders, aber zu Bezügen, die sich der Düneberger SV nun nicht mehr leisten kann oder will. Daher löste der Verein die Vereinbarung mit Cosgun und unterbreitete ihm ein deutlich schlechteres Angebot. „Wir wollen ihn immer noch gern halten“, betont Schmitz. Doch die finanziellen Gegebenheiten seien nun andere. „Unsere Sponsoren haben im Oberliga-Jahr erhöhte Gelder gezahlt“, erläutert Wachowitz. „Das fällt jetzt auf Landesliga-Niveau zurück.“

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Am 1. Juni ist Meldeschluss. Bis dahin müssen sich die Geesthachter für die neue Saison aufgestellt haben. Und das wird wohl noch ein ziemlicher Ritt über den Bodensee. „Die Gespräche mit den Spielern gestalten sich ziemlich zähflüssig“, gibt Wachowitz unumwunden zu. Der Standort-Nachteil, so weit außerhalb von Hamburg gelegen zu sein, ohne die finanziellen Möglichkeiten einer TuS Dassendorf zu haben, sei immens.

Kommt der Generationswechsel? Einige Talente machen auf sich aufmerksam

Doch die Zukunft des Düneberger SV, die stehe keinesfalls auf dem Spiel. „Wir haben 20 Jugendmannschaften“, erinnert Wachowitz. „Das ist die Genetik dieses Vereins.“ Mit Mika Hänsch, den Zwillingen Oliver und Adrian Zodel sowie Justin Voß klopfen schon einige Talente vernehmlich an die Tür zur ersten Mannschaft.

Düneberger SV: Hantusch – Apau, Warmbier, Brudler (46. Voß), Klein (46. Oliver Zodel) – Jürß (64. Adrian Zodel), Celikten – Nomura, Cosgun, Vidosevic – Hänsch.