Hamburg. FTI, der drittgrößte Reiseanbieter Europas ist insolvent. Welche Folgen das für Ihre Reise hat und wie Sie Ihr Geld zurückbekommen.
- Die FTI-Gruppe hat Insolvenz angemeldet, die Pleite trifft Reisende mitten in der Urlaubszeit und kurz vor der Hochsaison
- Wie bekommen betroffene Urlauber ihr Geld zurück? Warum ist Sonnenklar und auch die Kreuzfahrt betroffen?
- Hier finden Sie alle wichtige Fragen und Antworten
Am 3. Juni reichte die FTI-Gruppe, das drittgrößte Reiseunternehmen Europas, seinen Insolvenzantrag ein und sorgte nur wenige Wochen vor den Sommerferien für Aufruhr. Nicht nur Betroffenen stellen sich grundsätzliche reiserechtliche Fragen – von Stornierung bis Schadenersatz. Welche Reisen von der FTI-Pleite betroffen sind, warum die Insolvenz auch Kreuzfahrten trifft und wie Sie Ihr Geld zurückbekommen, lesen Sie hier.
Warum musste FTI Insolvenz anmelden?
Eigentlich schien die Zukunft des Unternehmens gesichert, das in der Corona-Krise insgesamt 595 Millionen Euro staatliche Hilfe aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) bekommen hatte. Ein Konsortium unter Führung des US-Finanzinvestors Certares wollte die FTI Group für einen Euro übernehmen und 125 Millionen Euro frisches Kapital in das Unternehmen stecken. Die Wettbewerbshüter mussten dem Deal noch zustimmen.
Den Angaben zufolge sind jedoch die Buchungszahlen zuletzt deutlich hinter den Erwartungen zurückgeblieben. „Hinzu kam, dass zahlreiche Lieferanten auf Vorkasse bestanden haben. In der Folge kam es zu einem erhöhten Liquiditätsbedarf, welcher bis zum Closing des Investorenprozesses nicht mehr überbrückt werden konnte“, teilte FTI mit. Dem „Handelsblatt“ zufolge soll sich bei FTI kurzfristig eine Deckungslücke in Höhe eines zweistelligen Millionenbetrages aufgetan haben. Die Bundesregierung lehnte neue staatliche Hilfen für den Reisekonzern ab.
„Im Rahmen des vorläufigen Insolvenzverfahrens wägt Bierbach auch sorgfältig sämtliche Möglichkeiten für die Zukunft der Tochterunternehmen der FTI GROUP ab“, heißt es auf der Website des Reiseunternehmens. „So konnte für die Franchisepartner der Touristik Vertriebsgesellschaft mbH (TVG) bereits eine gute Lösung gefunden werden. Die Raiffeisen Vertriebs GmbH übernimmt den 50-Prozent-Anteil der FTI GROUP an der TVG und ist damit alleiniger Eigentümer. Damit ist die Zukunft der rund 230 TVG-Reisebüros gesichert. Der Gläubigerausschuss hat der Vereinbarung am Freitag zugestimmt.“
FTI insolvent: Welche Anbieter sind betroffen?
Anfang Juni reichte die FTI Touristik GmbH gemeinsam mit der BigXtra GmbH beim Amtsgericht München den Antrag auf Insolvenz ein. Kurzum: Der drittgrößte Reiseveranstalter (nach TUI und DERTOUR) ist zahlungsunfähig und sorgt so bei vielen Reisenden kurz vor den Sommerferien für Unruhe. Rund 65.000 Urlauber waren zu Beginn des Insolvenzverfahrens unterwegs, darunter auch Kreuzfahrer, die gleichermaßen von der Insolvenz des Unternehmens betroffen sein können. Aber: Wenn Sie Ihre Reise direkt über FTI gebucht haben, muss das nicht zwangsläufig heißen, dass diese auch von der Insolvenz betroffen ist. „Nicht betroffen sind gebuchte Leistungen bei Drittanbietern, die über die Portale der FTI Touristik gebucht worden sind“ so das Reiseunternehmen laut dpa.
Die überwiegende Zahl der betroffenen Pauschalurlauber hat dem Reisesicherungsfonds zufolge ihren Urlaub wie geplant fortsetzen können. Es sei gelungen, die allermeisten effektiv zu unterstützen, erklärte Stefan Mees, Co-Geschäftsführer des Reisesicherungsfonds (DRSF).
Zuletzt waren den Angaben auf der Website des DRSF zufolge noch etwa 15.000 Pauschalreisende unterwegs, die ihren Urlaub über FTI oder die Tochter BigXtra gebucht hatten. Fast alle von ihnen würden inzwischen von den Partnern des Reisesicherungsfonds betreut. Der DRSF arbeitet demnach eng mit dem vorläufigen Insolvenzverwalter, dem Krisenstab des Auswärtigen Amtes sowie zehn Reiseveranstaltern (TUI und DERTOUR, schauinsland-reisen, AIDA Cruises und Olimar, Chamäleon, Studiosus, Ferien-Touristik, Berge & Meer sowie der Reiseservice Afrika) zusammen, die unter anderem bei der Betreuung der Betroffenen vor Ort helfen.
Diese Veranstalter sind betroffen:
- FTI Touristik GmbH (in Deutschland, Österreich und der Niederlande)
- BigXtra GmbH
Diese Marken sind außerdem betroffen:
- 5vorFlug
- DriveFTI
- Cars and Camper
- Meeting Point Rent-a-Car
FTI pleite: Zahlungen aus eigener Tasche vor Ort – was tun?
In einigen Fällen verwehrten Hoteliers Urlaubern den Angaben zufolge allerdings die Abreise, sperrten sie aus ihren Zimmern aus oder forderten zusätzliche Zahlungen, damit sie ihren Urlaub fortsetzen oder abreisen konnten, wie auch einige Urlauber nach der FTI-Pleite in Ägypten erfahren haben müssen. In einigen Fällen hätten Hoteliers aber Urlaubern die Abreise verweigert, sie ausgesperrt oder zusätzliche Zahlungen gefordert. Was sollten Urlauber dann tun?
Sofort Kontakt zum DRSF aufnehmen und die weitere Vorgehensweise absprechen, so Reiserechtsexperte und Rechtsanwalt Kay P. Rodegra. Erreiche man dort niemanden oder sei aus irgendeinen Grund Eile geboten, müsse sich der Urlauber unbedingt eine Quittung ausstellen lassen, wenn er Geld auslegt. „Anschließend kann der Urlauber den Beleg zur Erstattung beim DRSF einreichen.“
Beim DRSF bezeichnete man das Verhalten der Hoteliers in den Fällen als absolut inakzeptabel. Der Fonds habe sehr schnell entsprechende Kostenübernahmeerklärungen an Reisende und Hoteliers abgegeben, um derartiges Verhalten zu verhindern. Entsprechende Formulare in verschiedenen Sprachen können auf der Informationsseite heruntergeladen werden, die FTI zur Insolvenz geschaltet hat.
FTI-Reise storniert: Was jetzt?
FTI musste nun auch alle Reisen nach dem 6. Juli absagen: „Trotz intensiver Bemühungen und Verhandlungen mit mehreren Marktteilnehmern“ sei „keine zufriedenstellende Lösung zur Übernahme der übrigen, bereits gebuchten Pauschalreisen gefunden“ erklärte Axel Bierbach am vergangenen Freitag. Alle, die bis dahin abreisen wollten, haben also Gewissheit und können sich nach Alternativen umschauen.
Andere Veranstalter und Airlines locken mit Sonderkonditionen wie dem Verzicht auf Anzahlungen oder kurzfristigen, kostenlosen Storno-Optionen. „In enger Kooperation mit FTI und dem Deutschen Reisesicherungsfonds haben wir in den vergangenen zehn Tagen sehr hart darum gerungen, im Sinne der Kunden und Partner von FTI eine gute Lösung zu finden, um bereits gebuchte Pauschalreisen doch noch zu ermöglichen. Der DRSF wäre bereit gewesen, in Zusammenarbeit mit einem oder mehreren übernehmenden Mitbewerbern die Verrechnung bestehender Erstattungsansprüche zu regulieren. Damit hätten Urlauber mit kleinem Budget ihre Reisen antreten können, ohne zuvor auf die Erstattung warten zu müssen. Eine solche Lösung ist uns trotz großer Anstrengungen aller Beteiligten leider nicht gelungen“, so Bierbach am Freitag. Aufgrund der Kurzfristigkeit sei man jedoch zu keiner Lösung gekommen, um die Pauschalreisen zu übernehmen, berichtet die dpa. Mit den Stornierungen sollte den FTI-Kunden so knapp vor den Sommerferien ermöglicht werden, umzuplanen und ihre Reise mit einem anderen Anbieter per Neubuchung doch noch wahrnehmen zu können.
Als Einordnung: Insgesamt 175.000 gebuchte Pauschalreisen muss der Reiseveranstalter FTI damit absagen. Von der Pleite betroffen sind zum Großteil Pauschalreisen, aber auch Einzelleistungen, die über FTI, Big Xtra und 5vorflug gebucht wurden, sind nicht ausgenommen.
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Ein beliebter Anbieter, der als Vermittler zwischen Veranstalter und Reisenden mit der FTI-Gruppe zusammengearbeitet hat, ist Sonnenklar TV. Auch Kreuzfahrten laufen über die Plattform, wobei einige als Pauschalreisen (meist Kreuzfahrt + Hotel + Flug oder Transfer) gebucht wurden. Da Sonnenklar TV nicht als Veranstalter, sondern als Vermittler fungiert, sind eben auch Kreuzfahrten von der FTI-Pleite nicht ausgenommen. Wer eine Reise über Sonnenklar TV gebucht hat, wird als Veranstalter sehr wahrscheinlich BigXtra in der Buchung finden. Reisen, die über Sonnenklar TV vermittelt und gebucht wurden, aber von FTI-Unternehmen durchgeführt werden, sind deshalb von der Insolvenz der FTI-Gruppe betroffen.
Werfen Sie einen Blick in Ihre Buchung: Sind dort BigXtra oder FTI als Veranstalter vermerkt, ist es wahrscheinlich, dass Ihre Reise betroffen ist. Fungieren im Rahmen Ihrer gebuchten Kreuzfahrt andere Unternehmen als FTI als Veranstalter (zum Beispiel die Reedereien selbst), sollte Ihre Buchung nicht von der Insolvenz betroffen sein. Dies ist der Fall, wenn Sie über FTI eine Reise eines anderen nicht zum Unternehmen gehörenden Anbieters wie TUI gebucht haben.
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Auch wenn die FTI-Gruppe die Kreuzfahrt storniert, fahren die Schiffe dennoch, da die Reedereien unabhängig davon fungieren. Ob Kreuzfahrer den „Schiffsteil“ ihrer Reise unabhängig von den Pauschalbestandteilen, wie Flug, Hotel und Co. trotzdem nutzen können, sollten Sie direkt mit dem Veranstalter beziehungsweise dem DRSF über die Hotline klären. Bei bereits geleisteten (Teil-)Zahlungen ist es wichtig, dass Sie sich konkret zur bestmöglichsten Vorgehensweise informieren und nicht voreilig Stornierungen vornehmen. Dies gilt für die Stornierung von geplanten Reisen generell: Sollte eine Reise durch FTI wie geplant stattfinden, könnten für Reisende, die voreilig stornieren, Gebühren anfallen, wie Reiseexpertin Eugénie Zobel laut „Merkur“ berichtet.
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FTI-Insolvenz: Was passiert mit gebuchten Reisen und Einzelleistungen?
Wie der vorläufige Insolvenzverwalter des Unternehmens, Axel Bierbach, mitteilte, werden alle weiteren Reisen, die über den 6. Juli hinausgehen, storniert. Das betreffe sowohl Pauschalreisen als auch alle Einzelbuchungen und Sonderleistungen, die direkt über FTI gebucht wurden. Für alle Pauschalreisen, die wegen der FTI-Pleite nicht stattfinden können, kümmert sich der DRSF um die Erstattung der Zahlungen. Was aber passiert mit gebuchten Einzelleistungen? Kunden, die Einzelleistungen wie Flüge, Hotels und Transfers über FTI gebucht haben, haben dagegen keinen Anspruch auf Rückerstattung bereits geleisteter Zahlungen durch den DRSF.
Rückholaktion und Erstattung mit dem DRSF
Der DRSF schützt Urlauber, indem er einspringt, sobald Reiseunternehmen zahlungsunfähig werden und dafür sorgt, dass eine sichere Rückreise gewährleistet wird. Befinden Sie sich also bereits auf Ihrer Reise, bemüht sich das Unternehmen darum, dass sie wie geplant durchgeführt wird. Alternativ wird im Falle einer Pauschalreise ein Transport zum Abflugort organisiert. Speziell für Reisende, die eine Reise mit einem Veranstalter der FTI-Gruppe gebucht haben, empfiehlt es sich, die Service- oder Notfall-Nummern, die vom DRSF eingerichtet wurden, zu nutzen, um weitere Vorgehensweisen zu klären. Falls die Reise nicht fortgesetzt werden kann, soll der DRSF planmäßig Kunden kontaktieren, um Rückholprozesse zu organisieren. Dies geschieht, sobald der Fonds über die notwendigen Daten verfügt. Aufgrund der vielen Kunden müssen Sie jedoch damit rechnen, dass der Prozess und auch die Erstattungen eine Weile dauern könnten.
- Service: +49 (0)30 78954770
- FTI Notfall: +49 (0)89 710 45 14 98
Wer eine Pauschalreise gebucht hat, und das sind laut Angaben seitens des Insolvenzverwalters in Bezug auf FTI über 90 Prozent, muss sich nicht sorgen, da diese durch den DRSF abgesichert sind. Die Kosten für eine bereits laufende Pauschalreise können Sie gleichermaßen über den Deutschen Reisesicherungsfonds mithilfe des Versicherungsscheins der Reise - der laut gesetzlicher Bestimmung vor den Reisekostenzahlungen vom Veranstalter ausgehändigt werden muss - zurückbekommen.
FTI-Pleite: Das gilt für noch ausstehende Teilzahlungen und Anzahlungen
Haben Sie eine bevorstehende Reise mit FTI nur angezahlt und werden vom Unternehmen zur Zahlung des Restbetrages aufgefordert, können Sie dies verweigern. Dafür sollten sich Reisende direkt an den Veranstalter wenden und ihm unter Bezugnahme auf seine Vertragspflicht schriftlich ihre Bereitschaft mitteilen, die noch ausstehende Teilzahlung durchzuführen, wenn die Reise im Gegenzug erbracht würde, wie Reiseexpertin Eugénie Zobel dem „Merkur“ gegenüber mitteilt.
Im Falle einer bereits geleisteten Anzahlung empfiehlt die Expertin Reisenden bei Einzelbuchungen, das Geld bei der Bank innerhalb der gesetzlich zulässigen acht Wochen zurückzufordern. Bei Pauschalreisen rät sie davon hingegen ab, da dies rechtliche Konsequenzen für die Reisenden nach sich ziehen könne. Außerdem erklärte Bierbach, dass alle bereits geleisteten Anzahlungen und etwaige Vorleistungen von Pauschalreisenden vom Deutschen Reisesicherungsfonds (DRSF) erstattet werden.
Keine Pauschalreise gebucht: Das sollten Sie jetzt wissen
Sofern Sie Unterkünfte, Flüge, Transfers oder Ähnliches, sprich Einzelleistungen, über FTI gebucht haben, sind diese anders als Pauschalreisen nicht durch den gesetzlichen Absicherungsschutz abgedeckt. Das bedeutet, dass Reisende die Kosten nicht erstattet bekommen. Dies gelte laut Unternehmen etwa für Einzelbuchungen von Hotels, Mietwagen und Wohnmobilen sowie für Einzelleistungen wie Flughafentransfers oder Ausflüge, die über FTI sowie angeschlossene Veranstalter wie 5vorFlug oder BigXtra gebucht und bezahlt wurden. Dies bestätigte laut dpa auch der Insolvenzverwalter Bierbach.
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