Trittau. Einwohner sollen sich zu Fragen der Ortsentwicklung äußern. Unterdessen gibt es auch Kritik an der beauftragten Agentur.
Trittau will sich fit für die Herausforderungen der Zukunft machen und sich hin zu einem lebenswerten Wohlfühlort für alle Bewohner entwickeln. Um dieses Ziel zu erreichen, hat der Planungsausschuss im November 2021 beschlossen, ein Ortsentwicklungskonzept aufzustellen. Es wurde eine Lenkungsgruppe gebildet, die das Projekt begleitet. Ihr gehören unter anderen Mitglieder aller vier Fraktionen der Gemeindevertretung an. Doch die wichtigsten Akteure sind die Bürger. Denn die Einwohner können und sollen mitbestimmen, in welche Richtung sich ihr Heimatort künftig entwickelt.
In der letzten Gemeindevertretersitzung vor der Sommerpause berichtete Bürgermeister Oliver Mesch, dass die beauftragte Lübecker Beratungsgesellschaft Cima vor Kurzem mit der Vorbereitung des Konzepts begonnen habe. Die Freischaltung einer eigens für das Vorhaben erstellten Website solle kurzfristig erfolgen. Das ist inzwischen geschehen: Die Bürger können auf trittau-mitgestalten.de Informationen über das Vorhaben und den Zeitplan abrufen. Herzstück der Homepage ist das digitale „Mitmach-Kit“. Dieses interaktive Beteiligungsinstrument bietet den Trittauern eine Möglichkeit, ihre Vorstellungen, Wünsche und Ideen ganz bequem von zu Hause aus online einzubringen.
Ortsentwicklungskonzept Trittau: Beteiligung jetzt möglich
Und damit kann es direkt losgehen. Zunächst mittels einer interaktiven Karte, die unter dem Reiter „Wikimap“ zu finden ist. Dort können die Einwohner bestimmte Bereiche mit unterschiedlichen Markern – zur Auswahl stehen grüne für Stärken, rote für Schwächen und gelbe für Ideen – versehen. In einem Textfeld lässt sich das Anliegen betiteln und näher erläutern.
Einige haben das bereits getan. Ein User hat einen roten Pin an der Kieler Straße nahe der Abzweigung zur Waldstraße gesetzt. Im Kommentar ist zu lesen, was gemeint ist: „Gefährliche Querung des Fuß- und Radverkehrs der K 32, schlechte Sicht, zu schnelle Autos, starkes Gefälle mit Kopfsteinpflaster und losem Sand birgt Rutsch- und Sturzgefahr.“
Als erste Präsenzveranstaltung ist ein Ortsrundgang geplant
Einen anderen Nutzer beschäftigen soziale Aspekte. Er moniert: „Leider gibt es im oberen Bereich Trittaus keine Einkaufsmöglichkeiten, ärztliche Versorgung, die es auch nicht mobilen Menschen ermöglicht, selbstbestimmt zu wohnen.“ Ein Trittauer hat eine Lösung für eine unübersichtliche Verkehrssituation parat. Jeder Vorschlag und jede Anmerkung kann von anderen Personen gesehen, kommentiert und bewertet werden. Auf diese Weise will die Cima nach eigenen Angaben eine digitale Diskussionskultur ermöglichen. Zu bestimmten Zeitpunkten will sie weitere Beteiligungstools freischalten, damit sich die Bevölkerung aktiv in den Prozess einbringen kann. Der Ortsplan ist zur Bearbeitung noch bis 30. September freigegeben.
Vielleicht ergeben sich bei der ersten Präsenzveranstaltung zum Auftakt nach den Sommerferien weitere Überlegungen. Der für alle offene Ortsrundgang ist auf Sonnabend, 9. September, angesetzt. Treffpunkt ist um 10 Uhr am Europaplatz. Nach einer kurzen Information begeben sich Bürger, Vertreter der Gemeinde und des Planungsbüros gemeinsam auf Tour durch die Gemeinde. Die rund viereinhalb Kilometer lange Route sieht Stopps an der Wassermühle, dem Campe-Areal, dem Schulzentrum, Alten Markt und Schützenplatz vor. Laut Cima sind „spontane Stopps oder das Einblicken in weitere Straßen abseits der Route jederzeit möglich und erwünscht“.
Im Workshop diskutieren Teilnehmer über ihre Eindrücke
Gegen 12.30 Uhr ist der Rundgang beendet. Anschließend können die Teilnehmer bei einem Workshop im Amtshaus (Europaplatz 5) mit den Experten und Mitbürgern über ihre Eindrücke diskutieren. Es gibt außerdem Gelegenheit, über Orte, die nicht auf der Route lagen, zu sprechen. Der Workshop steht auch Bürgern offen, die zuvor nicht am Rundgang teilgenommen haben.
Der CDU-Fraktionsvorsitzende Jens Hoffmann (CDU) ist Mitglied der Lenkungsgruppe. Ihr gehören außerdem Karin Ueschner (Bürgergemeinschaft Trittau), Detlef Ziemann (Grüne) und Thies Grothe (SPD) an. Hoffmann sagt: „Wir erhoffen uns von der Bürgerbeteiligung wichtige Impulse für das Ortsentwicklungskonzept.“
Ziemann ergänzt: „Unser Ansinnen ist, eine Perspektive für die nächsten 20 bis 40 Jahre zu bekommen. Auf dem Weg zur Beschlussfassung wollen wir die Ideen und Meinungen aus der Bevölkerung einholen und mit einfließen lassen.“ Es handele sich um einen Prozess, der sich über Jahre entwickele und in Form von vielen kleinen Beschlüssen umgesetzt werden müsse – ähnlich wie das Radverkehrskonzept. Ziemann ist überzeugt, dass das Vorhaben in guten Händen ist. Er sagt: „Hamfelde hat mit der Cima ein Ortsentwicklungskonzept gemacht und ist damit prima zufrieden.“
Einige Kommunen setzen die Konzepte der Cima nicht um
Auch Peter Sierau (BGT) lobt das Konzept der Beratungsgesellschaft: „Es sagt mir sehr zu. Ich erhoffe mir viel davon und auch, dass sich die Bevölkerung rege daran beteiligt und dass die Ergebnisse nicht wie beim Ortsmarketing danach nicht wieder in der Schublade verschwinden.“ Denn das wurde auf Eis gelegt, nachdem die Trittauer Politik die Umsetzung in letzter Minute gestoppt hatte. Das Konzept stammte ebenfalls aus der Feder der Cima. Andere Stormarner Kommunen wie beispielsweise Ahrensburg und Bad Oldesloe äußern Kritik an der Arbeit der Beratungsagentur.
Wäre es nach Thies Grothe gegangen, wäre die Cima kein zweites Mal beauftragt worden. Als es im November des Vorjahres im Planungsausschuss um die Ausschreibung für das Ortsentwicklungskonzept ging, gab er zu Protokoll, dass er sich Büros wünsche, die einen objektiven Blick von außen hätten und noch nicht in Trittau aktiv gewesen seien. Doch das war nicht Inhalt der Bewertungsmatrix. Nach Angaben von Jens Hoffmann gab es drei Bewerber für die Ausschreibung. Die Cima habe den Zuschlag bekommen, weil sie den Bedingungen am besten entsprochen habe.
Für Planungen sind im Haushalt 30.000 Euro veranschlagt
Das weitere Vorgehen der Beratungsfirma sieht eine separate Kinder- und Jugendbeteiligung mittels Workshop vor. Start ist im September, der genaue Termin steht noch nicht fest. Bei den offenen Beteiligungsformate gehe es darum, „ergebnisoffen herauszufinden, welche Themen und Herausforderungen derzeit aus Sicht der Bewohnerschaft wichtig sind und maßgeblich diskutiert werden“, heißt es vonseiten der Cima.
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Nachdem alle Informationen zusammengetragen worden sind, tritt die Lenkungsgruppe erneut zusammen. Sie analysiert die Ergebnisse der öffentlichen Beteiligung und ordnet sie ein. Zur Bewertung werden weitere Daten beispielsweise zur demografischen Entwicklung und der Infrastruktur herangezogen. Ziel ist die Erstellung eines Handlungsprogramms sowie eines Abschlussberichts, aufgrund dessen die Gemeindevertreter über das Vorhaben beschließen. Zu einzelnen Schlüsselprojekten werden Arbeitskreise unter der Mitwirkung von Bürgern gebildet. Zum Ergebnisworkshop im Winter sind wieder alle Trittauer eingeladen.
Im Haushalt sind für die Planungen 30.000 Euro eingestellt. Das Vorhaben ist förderfähig. Die Fördersumme beträgt 80 Prozent des Gesamtbetrags und stammt zum größten Teil aus dem von Bund und Land Schleswig-Holstein aufgelegten Förderprogramm „Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der Agrarstrukturen und des Küstenschutzes“.