Trittau. Experten informieren Planungsausschuss über rechtliche Vorgaben. Betroffen sind Neubauvorhaben und Änderungen an bereits genehmigten B-Plänen.
Der Klimawandel und seine Folgen sind auch in Stormarn spürbar: Mal regnet es über Wochen kaum, Bäche und Teiche fallen trocken wie zuletzt der Lottbeker Teich in Ammersbek. Dann wieder drohen Überschwemmungen durch Unwetter. Welche Vorkehrungen Trittau treffen kann, damit die Kanalisation bei einem Starkregenereignis nicht überläuft und die Wassermassen nicht in Häuser und Keller eindringen, war eines der Themen bei der jüngsten Sitzung des Planungsausschusses.
Johannes Krumm, Geschäftsführer des Ingenieurbüros Petersen & Partner aus Kiel, und seine Kollegin Wencke Stabenow berichteten, welche Auswirkungen der Erlass A-RW 1 des Landes Schleswig-Holstein für künftige Bebauungspläne auf dem Gemeindegebiet hat. Krumm erläuterte, worum es dabei geht: „Seit drei Jahren gibt es diese Vorschrift, die den Umgang mit Regenwasser regelt.“ Wenn eine Straße und eine Bebauung vorhanden sei, habe man bislang versucht, das Wasser zu sammeln und relativ schnell in die Gewässer abzuleiten. Dieses Vorgehen sei aber in Anbetracht der sich verändernden Klimabedingungen mit vermehrten Trockenperioden und Unwettern nicht mehr angesagt.
Umgang mit Regenwasser naturnäher gestalten
Hintergrund sei die Frage: „Wie verändern wir durch unsere Bebauung den natürlichen Wasserhaushalt?“ Erheblich, meint Wencke Stabenow, Fachfrau für Regenwasserproblematik. Denn je größer die versiegelte Fläche, desto mehr Regenwasser ströme in die Abwasserleitungen. Was passiert, wenn Niederschlag fällt, beschreibt sie so: „Ein Teil verdunstet, ein Teil geht ins Grundwasser und ein Teil fließt in die Gewässer.“
Derzeit werde über die Kanalisation möglichst viel Wasser abgeleitet. Doch das entspreche nicht den natürlichen Bedingungen. Denn wenn die Menge zu groß ist, können die Abwasserleitungen die Wassermassen nicht mehr aufnehmen. Außerdem sinke der Grundwasserspiegel, weil nicht genügend Wasser versickere. Das Ziel sei, das Niederschlagswasser nicht sofort in die Gewässer einzuleiten. Statt dessen solle es an Ort und Stelle, wo es anfalle, auf den Flächen gehalten, bewirtschaftet und so der Wasserhaushalt gestärkt werden.
Klimawandel zwingt die Bauherren zum Handeln
„Wer ein Grundstück mit beispielsweise 900 oder 1000 Quadratmeter befestigter Fläche besitzt, muss seit 2008 nachweisen, dass er das Niederschlagswasser auf dem Gelände zurückhält oder speichert“, sagt Krumm. Neu sei, dass jetzt auch bei Neubauvorhaben mit versiegelten Flächen unter 1000 Quadratmetern ein Nachweis erbracht werden müsse, dass geeignete Maßnahmen zur Zurückhaltung des Regenwassers ergriffen worden seien. Das Arbeitspapier komme auch bei Änderung bestehender Bebauungspläne zur Anwendung, beispielsweise wenn jemand nachträglich einen Carport bauen wolle.
„Es ist ökologisch sinnvoll, das Wasser auf dem Grundstück stehen zu lassen“, argumentiert Krumm. Die Verdunstung leiste einen Beitrag zum Klimaschutz. Und wenn weniger Wasser in Gewässer abgeleitet werde, fielen die Schäden an den Uferflächen aufgrund eines Unwetters geringer aus.
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Mit dem Thema Wasserschutz hat sich auch die Bundespolitik beschäftigt: Im März hat die Regierung die Nationale Wasserstrategie verabschiedet, die mit einem ganzen Maßnahmenkatalog dafür sorgen soll, systematisch für einen bewussten Umgang mit der Ressource Wasser zu sorgen und dadurch die Versorgung zu sichern.
Anschlusszwang an Kanalsystem sorgt für Diskussion
Befürchtungen, dass die neuen Vorgaben zur großen finanziellen Belastung für die Bürger werden könnten, versucht Krumm zu entkräften. Bei einem Neubau seien die Kosten überschaubar: „Bei Bauten mit Tiefgarage hat man ein großes Loch, in das man im Randbereich Kunststoffkörper hineinstellen und so einen Speicher damit bauen kann. Das ist kostengünstig.“ Als Speicher eigne sich beispielsweise jede größere Regentonne, ebenso begrünte Dächer, Rasenflächen, Versickerungsbecken, unterirdische Anlagen oder auch Mulden auf dem Gelände. „Wenn ich umbauen will, wird das teuer“, warnt Krumm.
Das stieß einigen der Ausschussmitglieder sauer auf. Der CDU-Fraktionsvorsitzende Jens Hoffmann hält eine Anwendung der Regelung auf den Altbestand für unsinnig. Er sagt: „Für die Zukunft ist das in Ordnung, aber nicht für bereits beschlossene B-Pläne.“ Es sei zwar richtig, dass mehr Regenwasser verdunsten müsse. Er gibt aber auch zu bedenken, dass viele Bürger aufgrund des Anschlusszwangs an das Oberflächenentwässerungssystem Gebühren zahlen müssten. „Das ist ein Widerspruch an sich.“ Zudem ständen „die Auflagen, die jetzt kommen, in keinem Verhältnis“.
Einheitlicher Wert zum Speichervolumen wird ermittelt
Marius Orlowski von der Bürgergemeinschaft Trittau mahnte ebenfalls an, dass die Einleitpflicht ganzheitlich mitgedacht werden müsse. Zum Thema Anschluss- und Benutzungszwang sagt Krumm: „Das ist ein Solidarprinzip. Es ist ein System, das alle nutzen müssen, damit es rentabel ist und die Kosten solidarisch auf alle verteilt werden.“ Doch diese Vorgehensweise sei politisch nicht mehr zeitgemäß. „Der Widerspruch ist da, aber es ist eine politische Aufgabe, ihn aufzulösen.“ Es brauche ein Kanalnetz, das möglichst sozialverträglich finanziert werden müsse.
Um Gerechtigkeit innerhalb der Gemeinde zu haben, empfahl Krumm die Ermittlung eines einheitlichen Wertes zum Speichervolumen, das auf die jeweiligen Flächen umgelegt werden könne. Der Planungsausschuss folgte in seinem Beschluss dem Vorschlag: Die Verwaltung soll das Ingenieurbüro mit Berechnung eines einheitlichen Wertes für das gesamte Gemeindegebiet Trittau beauftragen. Nach Angaben von Krumm dürfte dieser in einem Bereich von zehn bis 15 Litern Speichervolumen pro Quadratmeter befestigter Fläche liegen. Des Weiteren forderte der Planungsausschuss die Trittauer Mitglieder der Verbandsversammlung des Zweckverbands Obere Bille auf, sich dafür einzusetzen, dass die Verbandssatzung im Hinblick auf die zu ermittelnden Werte sowie den Vorgaben zur Oberflächenentwässerung aus dem Landeserlass überprüft und angepasst wird.