Reinbek. 2024 wollte Hertz Flavors in Neubau in Reinbek umziehen. Doch daraus wird nichts. Denn Firma ließ Gebäude- und Zeitplan überarbeiten.
Mehr als zehn Prozent Wachstum verzeichnete Hertz Flavors, Produzent von Aromen für die Tabakindustrie, allein im vergangenen Jahr. Obwohl weltweit die Anzahl an Rauchern sinkt, sorgen vor allem neuartige Tabak- und Nikotinprodukte wie Tabakerhitzer oder E-Zigaretten für einen Zuwachs des Bedarfs an Aromen. 100 neue Arbeitsplätze will das Familienunternehmen mit einem Neubau schaffen. 160 Mitarbeitende sind aktuell in Reinbek beschäftigt. Da bereits neue Kollegen an Bord sind, wurde das Nachbargebäude an der Scholtzstraße mit 45 Arbeitsplätzen angemietet.
„Wenn wir umziehen, werden fast alle Arbeitsplätze besetzt sein,“ sagt Geschäftsführer Dr. Philipp Hertz. Das bisherige Firmengelände an der Scholtzstraße 4 platzt schon länger aus allen Nähten. Nicht nur, dass Büros eng werden, einige Arbeitsbereiche wurden bereits in Büro-Container ausgelagert. Seit August 2021 wird neu gebaut. Auf einem Grundstück von 29.265 Quadratmetern zwischen Röntgen- und Carl-Zeiss-Straße entstehen das Produktions-, Verwaltungs- und Entwicklungszentrum mit einer Bruttogeschossfläche von knapp 18.000 Quadratmetern.
Millionen-Investition: Hertz Flavors will Photovoltaik und Geothermie nutzen
Im Sommer 2024 sollte Einzug sein, doch der verzögert sich jetzt um etwa ein Jahr, obwohl die Hälfte des Bauvorhabens bereits vor dem Beginn des Ukrainekriegs beauftragt war. Die Gründe dafür liefert das international tätige Unternehmen selbst. Aufgrund der Veränderung auf den Energiemärkten hatte sich Hertz Flavors noch mal sechs Monate Zeit genommen, das Energieversorgungskonzept grundsätzlich zu überdenken. Die Pläne für die Photovoltaikanlage auf den Dächern wurden überarbeitet und die Leistung von 28 kWp (Kilowatt-Peak) auf 150 kWp erhöht und damit mehr als verfünffacht. Zudem setzt das Unternehmen auf Geothermie, also die Nutzung von Erdwärme.
„Wir verringern damit massiv den CO2-Ausstoß und unseren ökologischen Fußabdruck“, sagt Philipp Hertz. Das habe auch im Innenausbau zu Veränderungen geführt wie beispielsweise die Umstellung auf Heizungsrohre mit größerem Durchmesser. Bedingt durch Lieferengpässe in der Baubranche und der damit verbundenen Kostenexplosion vieler Materialien nimmt sich Hertz mit seinem Unternehmen weitere sechs Monate Zeit, um sowohl die Bestandsplanung kostentechnisch zu optimieren als auch abzuwarten, bis die Kostenspitzen überwunden sind.
Umzug verzögert sich – Kosten steigen auf mehr als 75 Millionen Euro
„Der Innenausbau hätte im Juli beginnen sollen“, sagt der Urenkel des Unternehmensgründers. Dies wird nun erst im Januar 2024 geschehen. Nachdem sich die Situation in den vergangenen Monaten verbessert hat, sollen nun bis Ende dieses Jahres alle restlichen Aufträge vergeben werden. In der Zwischenzeit wurden Optimierungen in den technischen Konzepten, wie beispielsweise die Reduktion von teuren Edelstahlverrohrungen, aber auch kleine Verbesserung in der Raumaufteilung vorgenommen.
„Wir haben jedes kleinste Teil infrage gestellt“, so Saskia Denstorff, Teil des Projektteams für den Bau bei Hertz Flavors. Trotzdem steigen die Kosten für das Projekt von geplanten 65 Millionen auf über 75 Millionen Euro. Gründe dafür lägen jedoch weniger in den Preissteigerungen als in den Erweiterungen im Bereich des Energiekonzepts und der Produktionsanlagen.
Aromenhersteller Hertz Flavors setzt auf Automatisierung und Digitalisierung
Auch der Umzug, der nun erst im Sommer 2025 stattfinden wird, ist logistisch durchdacht. Als erstes zieht die Verwaltung um, die Produktion wird sukzessive folgen, um diese zu jedem Zeitpunkt sicherzustellen. Was aus dem Gebäude in der Scholtzstraße wird, ist noch nicht klar. Sicher ist, dass die neuen Produktionsräume hochautomatisiert ausgestattet werden.
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„Wir setzen auf Automatisierung und Digitalisierung nach den Grundsätzen der Industrie 4.0 bis hin zum Einsatz von KI im Bereich Big Data“, so der Chef des Unternehmens. Daher kämen inzwischen zehn Prozent der neuen Mitarbeiter aus dem IT-Bereich. „Wir wollen in allen Bereichen zehnmal besser werden“, so das Ziel von Philipp Hertz.
Parallel arbeitet Hertz Flavors an neuen Geschäftsfeldern. „Wir planen eine Diversifizierung in neue Märkte“, verrät der Geschäftsführer. Doch mehr Details könne er aktuell noch nicht nennen. Im ersten oder zweiten Quartal 2025 soll es so weit sein. Bereits jetzt ist die Unternehmensgruppe in der Schweiz, in Dubai und Indonesien mit Niederlassungen tätig.