Reinbek. Kreisveterinärin berichtet im Prozess gegen eine mutmaßliche illegale Händlerin: „Die Tiere sterben uns unter den Händen weg.“

In der Fortsetzung des Strafverfahrens gegen die Hamburgerin Ebru A. (Name geändert) wegen Verstoß gegen das Tierschutzgesetz und Betrugs haben am Montagmorgen, 7. August, Stormarns Kreisveterinärin Stefanie Roschat sowie Doris Firlus, seinerzeit Leiterin des Hamburger Hundekontrolldienstes, vor dem Amtsgericht Reinbek ausgesagt. Der 28 Jahre alten Angeklagten werden Tierquälerei, Betrug und illegaler Welpenhandel vorgeworfen. Die zierliche Hamburgerin sitzt in weißer Bluse und schwarzem Blazer, sorgfältig geschminkt schweigsam neben ihrem Anwalt Andreas Beurskens.

Der verteidigt sie umso wortreicher und versucht dabei, die Glaubwürdigkeit der aussagenden Zeuginnen zu untergraben. Beide haben die Angeklagte zweifelsfrei erkannt und ausgesagt, dass die Beschuldigte bei fingierten Verkäufen in Glinde und in Barsbüttel einen viel zu jungen und zudem kranken Hundewelpen übergeben habe. Ebru A. soll zwischen Juni 2020 und Februar 2021 in Reinbek, Glinde, Barsbüttel und Geesthacht im illegalen Welpenhandel aktiv gewesen sein. Mindestens zwei der kranken, viel zu jung von der Mutter getrennten und von Parasiten befallenen Hundebabys sind wenige Tage später gestorben.

Hamburger Welpen-Mafia: Hundebabys auf Ebay Kleinanzeigen angeboten

Der Angeklagten wird vorgeworfen, über die damalige Internetverkaufsplattform Ebay Kleinanzeigen die Hundewelpen als geimpft, gechippt und gesund zum Kauf angeboten zu haben. Zudem soll Ebru A. das Alter der Tiere stets als mit mindestens acht Wochen angegeben haben. Dann soll die Pflegeassistentin die Welpen den Interessenten gebracht, an der Straße oder an der Haustür teilweise auch verkauft haben. Pro Welpe habe sie bis zu 800 Euro kassiert.

Der Welpe Lulu liegt erschöpft auf dem Untersuchungstisch.
Der Welpe Lulu liegt erschöpft auf dem Untersuchungstisch. © HTV | Hamburger Tierschutzverein

Nicht nur die Jungtiere habe sie unnötig leiden lassen, auch einige Käufer, deren Welpen nicht mehr zu retten waren, litten mit. Das Leiden der Hundebabys konnte Kreisveterinärin Roschat detailliert beschreiben. So hat sie einen Welpen nach einer Übergabe am 28. August 2022 untersucht. „Ich wurde zu der fingierten Übergabe hinzugeholt“, berichtete sie. Als A. gemerkt habe, dass es nicht zum Verkauf kommen werde, habe diese versucht, der vermeintlichen Käuferin das Jungtier wieder zu entreißen. Dies misslang und die Angeklagte sei geflüchtet, später jedoch von der Polizei festgenommen worden.

Zu früh entwöhnte Hundebabys leiden ihr Leben lang

„Ich habe den Hund auf bis zu sechseinhalb Wochen geschätzt“, sagte die Zeugin. „Er war nur ein kleines Würmchen, die Backenzähne waren noch nicht durchgebrochen, also war er deutlich jünger als die erlaubten acht Wochen und einen Tag.“ Der Welpe sei ausgetrocknet gewesen, zu erkennen an den stehenbleibenden Hautfalten. „Außerdem hat er auffällig nach Waschmittel oder Spüli gerochen“, erinnerte sich die Tierärztin. Gewöhnlich bekomme ein Welpe ständig Flüssigkeit, in diesem Alter werde er eigentlich noch gesäugt.

Zu früh von der Mutter getrennte Welpen würden für den Rest ihres Lebens leiden, erläutert die Kreisveterinärin dem Gericht, ihnen fehle nicht nur die Geborgenheit, sondern auch jegliche Sozialisierung als Hund sowie das Immunsystem. Gegen das Parvovirus, das unter den Welpen aus dem Ausland grassiere, hätten die Kleinen meist keine Chance. „Das ist eine ganz, ganz schreckliche Erkrankung“, berichtete Roschat.

„Diese Welpen sterben uns Tierärzten unter den Händen weg“

„Diese Welpen sterben uns Tierärzten unter den Händen weg. Es läuft überall aus ihnen heraus, aus dem Mund, dem Po, dem Darm. Sie sind lethargisch und verfallen innerhalb weniger Stunden“, sagte Roschat. Von einem solchen Fall wusste ein dritter Zeuge, ein Käufer aus Glinde, zu berichten. Auch er identifizierte Ebru A. als Verkäuferin. Sie hatte ihm den Welpen für 650 Euro verkauft, hinzu kamen die Tierarztkosten. Dennoch starb der kleine Hund nur einen Tag später.

Die Veterinärin beschrieb in ihrer Aussage außerdem einen Fall in Barsbüttel: Dort sei ein Hund im Alter von unter acht Wochen, der voller Flöhe war und unter Blutarmut litt, bei einem fingierten Verkauf überreicht worden. Die Zeugin Doris Firlus bestätigte, dort ebenfalls die Angeklagte erkannt zu haben. Ebru Altas habe während ihrer Flucht auf dem Beifahrersitz des verurteilten Welpenclan-Dealers Manuel M. gesessen.

Anwalt versucht, Glaubwürdigkeit der Zeugin zu erschüttern

Die Leiterin des Hundekontrolldienstes hatte den Einsatz organisiert, mit ihren Kollegen den vorgetäuschten Verkauf arrangiert. Vorab habe sie ihn über einen Handy-Chat mit der Angeklagten verabredet, sagte sie. Verteidiger Andreas Buerskens rügte, sie könne nicht wissen, ob es tatsächlich Ebru A. gewesen sei, mit der sie gechattet habe. Firlus räumte dies ein, bekräftigte aber, dass sie die Beschuldigte am Tatort erkannt habe. Bestätigt wird dies durch eine weitere Zeugin, die vorgebliche Käuferin in Barsbüttel.

Wie der Anwalt zuvor versucht hatte, Roschats Kompetenz in Zweifel zu ziehen, versuchte er Doris Firlus’ Glaubwürdigkeit zu hinterfragen. Diese will ihm nicht sagen, warum sie und ihr früherer Arbeitgeber sich einvernehmlich getrennt hätten. „Das geht sie nichts an“, wehrte sie sich – erfolgreich. Buerskens’ Antrag auf Nennen der Gründe wies Richterin Martina Franke als irrelevant für das Verfahren zurück. Am Freitag, 18. August, wird die Verhandlung fortgesetzt.