Wohltorf. Am Thies’schen Haus werden immer wieder Schwalbennester abgeschlagen. Das ist kein Kavaliersdelikt. Was jetzt passieren soll.
Am denkmalgeschützten Thies’schen Haus nistet eine Mehlschwalbenkolonie – eigentlich. Denn seit 2018 werden dort immer wieder Nester mutwillig zerstört – auch dieses Jahr, wie Wiebke-Martina Kuhrt feststellen musste.
Die Tierschützerin, die sich im BUND sonst für Amphibien engagiert, entdeckte schon 2018 nach einem VHS-Kursus am Boden nicht nur die Reste der Nester, sondern auch tote Schwalbenjunge und war entsetzt. Andernorts wird die Rückkehr der seltenen Vogelart aus Afrika, die auf der Roten Liste der aussterbenden Arten steht, herbeigesehnt, kündigt sie doch den Beginn des Sommers an. Kuhrt erstattete Anzeige gegen Unbekannt bei der Polizei. „Denn bei der Zerstörung von Schwalbennestern handelt es sich um eine Straftat“, erklärt Andreas Schlüter, ebenfalls Mitglied im BUND (Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland).
Vogelschützer setzen 500 Euro Belohnung aus
Auch dieses Jahr sind einige Nester abgeschlagen worden. „Aber die Täter sind vorsichtiger geworden, es bleibt nichts mehr am Boden zurück“, erzählt Wiebke-Martina Kuhrt. Wer die kunstvoll gebauten Schwalbennester jedes Jahr wieder durchlöchert oder zerstört, ist ein Rätsel geblieben. Gemeinsam setzen die Tierschützer des BUND jetzt alles daran, die Vögel und ihre Nester zu schützen und für deren Schutz zu sensibilisieren.
„Wir kontrollieren die Nester täglich zu unterschiedlichen Uhrzeiten“, sagt Andreas Schlüter. „Von einer weiteren Anzeige gegen Unbekannt haben wir nach Beratung mit der Polizei Aumühle abgesehen, weil sie vermutlich wieder ins Leere laufen würde. Stattdessen setzen wir jetzt eine Belohnung in Höhe von 500 Euro aus, wenn ein Hinweis zum Täter oder zur Täterin führt.“ Andreas Schlüter ist dafür unter der E-Mail andreas.schlueter@tin.it zu erreichen.
Bürgermeister appelliert an die Bevölkerung, Beobachtungen zu melden
„Wir haben bereits die Fassade vom Vogelkot gereinigt, weil wir den Verdacht haben, dass der Täter sich vielleicht daran stört“, sagt Wiebke-Martina Kuhrt. Und ihr Mitstreiter fügt hinzu: „Wir wollen nicht nur meckern, sondern auch etwas tun.“ Die Nachbarschaft haben die beiden Vogelschützer schon informiert, niemand hatte etwas gesehen. Auch mit der Politik und Bürgermeister Gerald Dürlich haben sie über die Jahre mehrfach gesprochen. „Auf unsere Briefe hat er zuerst nie reagiert“, sagt Schlüter, noch immer verärgert. „Er hat diese Straftaten an seinem Amtssitz einfach ignoriert.“
Das hat sich jedoch geändert: Im Mitteilungsblatt für Wohltorf appelliert der Bürgermeister, an Spaziergängerinnen und Spaziergänger, es zu melden, sollten sie beobachten, dass sich jemand am Dachüberstand zu schaffen macht. Im Thies’schen Haus selbst hängen zwei Plakate, die darauf hinweisen, dass sowohl die Mehlschwalben als auch ihre Nester unter Naturschutz stehen. „Die Zerstörung von Schwalbennestern ist eine Straftat und wird zur Anzeige gebracht“, heißt es dort. „Es drohen Geldstrafen oder Freiheitsstrafen bis zu drei Jahren.“
Die Verunreinigung unter den Nestern ist kein Problem
Gerald Dürlich erklärt: „Es ist uns schleierhaft, wer so etwas hier tun könnte. Die Schwalbe gehört zum Dorfbild. Früher waren in jedem Stall auch Schwalben.“ Die Verunreinigung der Fassaden sei kein Problem für die Gemeinde: „Darum geht es nicht, die kann der Bauhof schnell entfernen“, sagt er.
Der Vorschlag von Wiebke-Martina Kuhrt, unter den Nestern Kotbretter anzubringen, sei ein Versuch wert, sagt Dürlich. „Vielleicht könnte man dies an einer Seite einmal ausprobieren. Allerdings müsste die Untere Denkmalschutzbehörde dem zustimmen.“
Thies’sches Haus steht seit 2019 unter Denkmalschutz
Denn das 1866/67 von Jochen Adolph Thies erbaute Haus steht seit 2019 unter Denkmalschutz. Der war laut Ortschronik Bahnwärter, Höker und Bauer ohne eigene Ländereien. Mitten im Haus gab es einen Tante-Emma-Laden, der mehr als 100 Jahre lang genutzt wurde und noch heute gut erhalten ist.
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Im Jahr 1987 erbte die Gemeinde das Gebäude am Dorfteich. 1991 bis 1993 wurde es zum Gemeindezentrum für die Ausschüsse der Gemeinde, die Volkshochschule, die Gemeindebücherei und den DRK-Ortsverein umgebaut.
Künstliche Nester werden von den Schwalben verschmäht
Der Nabu (Naturschutzbund Deutschland) hat dort in den Vorjahren bereits versucht, künstliche Nester zu etablieren. „Das war ein ehrenwerter Versuch“, lobt Andreas Schlüter. „Allerdings wurden die Nester nicht angenommen. Mittlerweile wissen wir, dass der gemeinsame Nestbau wichtig für den Bruttrieb der Tiere ist.“ Aus dieser Zeit stamme auch die Plakette an der Tür „Schwalbenfreundliches Haus“ vom Nabu.
Auf die beiden Vogelschützer wirkt dieses Schild aktuell wie der blanke Hohn. „Wir sind froh, dass die Mehlschwalben so standorttreu sind und nach ihrem Winterzug wieder nach Wohltorf zurückgekehrt sind“, sagt Wiebke-Martina Kuhrt.