Hamburg. Fünf Tiere hatte der 33-Jährige über Ebay für viel Geld verkauft. Die Hundewelpen waren in einem katastrophalen Zustand.
Seinem Hund Pavlo fehlte es an nichts. „Tipptopp“ sei das Tier ernährt gewesen und „gegen alles geimpft“, als ihre Behörde den verbotenen Listenhund im Frühjahr 2020 sicherstellen ließ, sagt am Montag eine als Zeugin geladene Mitarbeiterin des städtischen Hundekontrolldienstes (HKD).
Genug Futter und medizinische Versorgung sollten zwar für jeden Hundefreund selbstverständlich sein. Manuel M. hingegen ließ diese Fürsorge nur den eigenen Hunden angedeihen. So stand in seiner Wohnung – im liebevollen Gedenken – eine Urne mit der Asche seines ersten, 2018 verstorbenen Kampfhundes. Gleichzeitig vegetierten dort todkranke Hundewelpen ihrem Ende entgegen.
Manuel M. handelte im großen Stil mit Hundebabys
Und das alles für den Profit: Manuel M. handelte im großen Stil mit Hundebabys, flog auf und steht deshalb am Montag vor dem Schöffengericht in St. Georg. Für Menschen wie ihn und etliche andere ist das illegale Geschäft zur wahren Goldgrube in Krisenzeiten avanciert, wie Tierschutzvereine nicht müde werden zu betonen.
Die Gier aufs Tier sei durch die Corona-Pandemie und den erzwungenen Rückzug ins Häusliche deutlich gestiegen, der Markt überhitzt, die Preise seien auf dem Mond. Eine Amtsveterinärin formuliert es im Zeugenstand so: „Viele wollen sich jetzt ein Kuscheltier kaufen.“ Aber ohne sie, die Käufer, gäbe es auch keine Verkäufer wie Manuel M., merkt sein Verteidiger am Montag treffend an.
Jede Woche ist er nach Polen gefahren, um Nachschub nach Hamburg zu holen
Offenbar brummte das Geschäft. Bei den angeklagten fünf vollendeten und zwei versuchten Betrugstaten handele es sich wohl nur um die „Spitze des Eisbergs“, mutmaßt auch das Gericht. Jedenfalls verhökerte Manuel M. die siechen Tiere noch übers Internet, als er längst wusste, dass ihm der HKD und die Polizei auf den Fersen waren. Der Haftgrund des Haftbefehls lautete denn auch Wiederholungsgefahr. Als er im Dezember 2020 vollstreckt wurde, liefen gegen den 33-Jährigen noch zwei Bewährungen – die werden jetzt natürlich widerrufen.
Wie aus den Akten hervorgeht, ist Manuel M. praktisch jede Woche nach Polen gefahren, um Nachschub nach Hamburg zu holen, darunter knuffige Malteser-Welpen. Den nicht mal acht Wochen alten und somit viel zu früh von der Mutter getrennten Hundebabys ging es da schon schlecht – in der Billstedter Wohnung von Manuel M. ging es ihnen bald aber noch viel schlechter, denn dort hatte sich vermutlich ein Keim ausgebreitet, der Parvovirose auslöst, bekannt als „Hundeseuche“. Dass es den Tieren nicht gut ging, habe sein Mandant erkannt, sagt sein Verteidiger. Doch habe er nicht gewusst, dass die Welpen unter Parvovirose litten. Müsse denn auch jeder Hundehalter die Krankheit kennen?
Hochinfektiöses Virus
„Jeder, der Verantwortung für einen Hund übernimmt, weiß, was Parvovirose ist“, sagt eine mit dem Fall befasste Amtsveterinärin im Zeugenstand. Das hochinfektiöse Virus sei dermaßen hartnäckig, dass ihm selbst mit reinem Alkohol kaum beizukommen sei. Monate könne es überdauern. „Parvo“ sei der Schrecken jedes Halters, deshalb werden Hunde dreimal dagegen geimpft.
Verbreitet sich das Virus bei Jungtieren, deren Immunsystem zudem durch eine zu frühe Trennung von der Mutter geschädigt sei, bestehe allerhöchste Gefahr. „Infizierte Welpen werden kleinlaut und untypisch ruhig“, sagt die Veterinärin. Es folgten starkes Erbrechen und Durchfälle. Die Hunde litten unter Krämpfen und Koliken. „Es ist oft ein extremes Leiden.“
Welpen mussten eingeschläfert werden
Fünf von Manuel M. gedealte Welpen litten auf diese Weise, als er sie zwischen März und Juni 2020 über ein Kleinanzeigen-Portal im Internet zu Schnäppchenpreisen zwischen 400 und 1000 Euro verkaufte. Alle starben. Kaum hielten die neuen Herrchen und Frauchen die Hundebabys in den Armen, verschlechterte sich ihr Zustand, und die Welpen mussten eingeschläfert werden.
Zunächst stand auch der Verdacht im Raum, Manuel M. habe die todkranken Tiere durch ein Medikament aufgeputscht, damit sie auf die Käufer einen „gesunden und quirligen“ Eindruck machten. Gerichtsfest nachweisen ließ sich das am Montag aber nicht – wohl aber ein gewerbsmäßiger Betrug in Tateinheit mit einem Verstoß gegen das Tierschutzgesetz. Schließlich habe der Angeklagte seinen Kunden wider besseres Wissen schwerkranke und, juristisch-kalt betrachtet, „wertlose“ Hunde untergejubelt, so die Staatsanwältin.
Geprellte Käufer schwärzten Manuel M. bei den Behörden an
Geprellte Käufer schwärzten darauf Manuel M. bei den Behörden an. Der HKD und die für Tierschutzdelikte zuständige Wasserschutzpolizei fädelten Scheinkäufe ein. Manuel M. wurde rechtlich belehrt, offiziell ermahnt, das Handeltreiben mit Hunden im Mai verboten. Was brachte es? Nichts, denn der Angeklagte machte unbeirrt weiter. Ende Juni durchsuchte der HKD seine Wohnung abermals und stieß dabei auf einen Käfig mit elf apathischen Hundewelpen, die teils unter Parvovirose litten, ein Hund starb.
Wie die als Zeugin geladene HKD-Mitarbeiterin aussagt, sei sie Manuel M. während der seit März laufenden Ermittlungen mehrfach begegnet. Dass seine Welpen unter „Parvo“ litten, habe ihn „nicht wirklich interessiert“, sagt sie. „Mich hat das gewundert: Da steht die Asche seines verstorbenen Hundes in der Wohnung und gleichzeitig müssen Hundebabys kläglich sterben.“
Manuel M. gesteht die Taten
Manuel M. gesteht die Taten am Montag und drückt sein Bedauern aus. Es tue ihm leid, er habe die furchtbaren Folgen seines Handelns „nicht wahrhaben“ wollen. Wie von der Staatsanwältin beantragt, verurteilt ihn das Gericht zu drei Jahren Haft. Außerdem werden die illegalen Einkünfte durch den Welpenhandel in Höhe von 2950 Euro eingezogen. Für jemand, der seinen mangelnden Respekt vor den Behörden und deren Verboten so klar artikuliere wie Manuel M., sei eine Gefängnisstrafe wohl die geeignetste Sanktion, sagt die Richterin.