Bad Oldesloe. Statistikamt ermittelt: Rekordneuverschuldung bei einer Gemeinde, eine Stadt hat die meisten Schulden. Die Kommunen im Vergleich.

Der Kreis Stormarn bleibt weiterhin als einziger in Schleswig-Holstein schuldenfrei, während die Verbindlichkeiten der zugehörigen Städte und Gemeinden wachsen. Das geht aus der jetzt veröffentlichten Schulden-Statistik des Statistikamtes Nord hervor. Die 55 Stormarner Kommunen hatten demnach zum 31. Dezember 2022 Schulden in einer Gesamthöhe von rund 154,1 Millionen Euro angehäuft.

Das ist ein Plus von 23,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr und bedeutet den landesweit dritthöchsten Zuwachs nach den Städten und Gemeinden in den Kreisen Dithmarschen (plus 26 Prozent) und Ostholstein (plus 25,9 Prozent). Von 2020 bis 2021 war der Schuldenstand der Stormarner Kommunen noch gesunken und lag bei 110,1 Millionen Euro.

Schulden der Kommunen: Oststeinbek mit Rekordzuwachs, Reinbek weiter Spitze

Besonders viele neue Schulden machte in den vergangenen zwölf Monaten die Gemeinde Oststeinbek. Die Kommune im Süden Stormarns hat Verbindlichkeiten in Höhe von rund 15,9 Millionen Euro angehäuft, die Zuwachsquote liegt bei einem Rekordwert von 1008,6 Prozent. Ende 2021 war der 9000-Einwohner-Ort noch schuldenfrei.

Oststeinbek steht damit jetzt auf Platz drei der größten Schuldner unter den Kommunen in Stormarn. Spitzenreiter bleibt die Stadt Reinbek mit Verbindlichkeiten in Höhe von 31,4 Millionen Euro. Das sind noch einmal 8,7 Prozent mehr als im Vorjahr.

Teure Investitionen der vergangenen Jahre wirken im Schuldenstand nach

Reinbeks Schuldenstand war in den vergangenen Jahren aufgrund zahlreicher teurer Infrastrukturprojekte, darunter der jüngst abgeschlossene Neubau der Feuerwache für 14,6 Millionen Euro und die etwa 30 Millionen Euro teure Sanierung des asbestbelasteten Schulzentrums, sprunghaft in die Höhe geschossen. Letztere war nach Angaben von Reinbeks Bürgermeister Björn Warmer das teuerste Projekt der Stadtgeschichte.

Auf Platz zwei der Kommunen mit den meisten Schulden steht ebenfalls unverändert die Gemeinde Barsbüttel. Rund 21,7 Millionen Euro an Verbindlichkeiten hat der Ort angehäuft, ein plus von 3,8 Prozent gegenüber 2021. Auch in Barsbüttel schlagen teure Investitionen der vergangenen Jahre zu Buche, vor allem die Erweiterung der Erich-Kästner-Schule und die Sanierung des Rathauses.

Oststeinbeks neue Grundschule kostet rund 26 Millionen Euro

In Oststeinbek ist es ein einziges Projekt, das für den sprunghaften Anstieg der Schulden verantwortlich ist: der Neubau der Grundschule für rund 26 Millionen Euro, die nach den Sommerferien 2024 fertig sein soll. „Wir haben dafür 15 Millionen Euro an Krediten aufgenommen, den Rest können wir aus Rücklagen finanzieren“, sagt Bürgermeister Jürgen Hettwer. Der Neubau sei eine Investition in die Zukunft.

Nach Oststeinbek auf dem vierten Platz steht Ahrensburg. Die Schlossstadt kann den guten Trend der vergangenen Jahre fortsetzen und erneut Schulden abbauen (minus 4,8 Prozent). Die Schulden der Schlossstadt belaufen sich jetzt auf etwa 13,7 Millionen Euro. Noch nicht einkalkuliert sind aber bereits beschlossene, millionenschwere Bauvorhaben, die erst in den kommenden Jahren zum Tragen kommen werden, darunter der Neubau des Schulzentrums Am Heimgarten für rund 105 Millionen Euro.

Reinfeld steht bei der Neuverschuldung auf Platz zwei

Die zweithöchste Neuverschuldung nach Oststeinbek verbucht Reinfeld mit einem Plus von 276,2 Prozent. Die Karpfenstadt hat Verbindlichkeiten von 11,9 Millionen Euro und steht damit kreisweit auf Rang fünf. Für Bürgermeister Roald Wramp ist diese Entwicklung aber kein Grund zur Beunruhigung. „Große Projekte treiben die Neuverschuldung leider nach oben“, sagt der Verwaltungschef.

Wramp verweist auf den Neubau der Bahnbrücke und des Busbahnhofs bis 2025, der rund 30 Millionen Euro kostet, und die Teilsanierung der Matthias-Claudius-Grundschule für drei Millionen Euro. Von den Kosten für ersteres Projekt erhalte die Stadt aber einen Großteil von Deutscher Bahn, Bund und Land zurückerstattet.

Ammersbek investiert Millionen in Grundschule und Feuerwehr

Ebenfalls ein großes Schulden-Plus verbucht Ammersbek. Die Verbindlichkeiten der Gemeinde nahmen um 179,2 Prozent zu und belaufen sich jetzt auf etwa 11,1 Millionen Euro. „Wir haben zuletzt viel im Ort angeschoben, das macht sich zwangsläufig monetär bemerkbar“, sagt Bürgermeister Horst Ansén und verweist auf die Neubauten des Feuerwehrgerätehauses und der Grundschule im Ortsteil Bünningstedt, die mit sechs beziehungsweise 15 Millionen Euro zu Buche schlagen.

Die Schulden der Kreise und kreisfreien Städte Schleswig-Holsteins im Vergleich:

  • 1. Kiel: 592,2 Mio. Euro (plus 7,1 Prozent); pro Kopf 2400 Euro
  • 2. Lübeck: 410,9 Mio. Euro (minus 14,8 Prozent); pro Kopf 1887 Euro
  • 3. Neumünster: 125,5 Mio. Euro (plus 9 Prozent); pro Kopf 1571 Euro
  • 4. Segeberg: 49,0 Mio. Euro (plus 2,4 Prozent); pro Kopf 173 Euro
  • 5. Dithmarschen: 36,9 Mio. Euro (plus 89,1 Prozent); pro Kopf 274 Euro
  • 6. Steinburg: 36,4 Mio. Euro (plus 25,7 Prozent); pro Kopf 276 Euro
  • 7. Flensburg: 35,7 Mio. Euro (minus 33,4 Prozent); pro Kopf 388 Euro
  • 8. Pinneberg: 34,9 Mio. Euro (minus 17,3 Prozent); pro Kopf 109 Euro
  • 9. Ostholstein: 31,1 Mio. Euro (minus 5,7 Prozent); pro Kopf 152 Euro
  • 10. Plön: 29,1 Mio. Euro (minus 4,4 Prozent); pro Kopf 223 Euro
  • 11. Schleswig-Flensburg: 14,2 Mio. Euro (minus 11 Prozent); pro Kopf 69 Euro
  • 12. Nordfriesland: 9,8 Mio. Euro (minus 13,6 Prozent); pro Kopf 58 Euro
  • 13. Herzogtum Lauenburg: 6,1 Mio. Euro (minus 13,6 Prozent); pro Kopf 30 Euro
  • 14. Rendsburg-Eckernförde: 0,2 Mio. Euro (minus 14,5 Prozent), pro Kopf 1 Euro
  • 15. Stormarn: 0 Euro (unverändert); pro Kopf 0 Euro

„Das sind Summen, die wir nicht aus Rücklagen leisten können, das geht nur mit Krediten“, so der Verwaltungschef. Es sei aber auch keine Alternative gewesen, auf diese Vorhaben zu verzichten. „Es gilt der alte Spruch: Wer heute nicht investiert, lebt morgen wie gestern“, sagt Ansén. Die Gemeinde prüfe zudem noch, ob sich die Neubauten durch einen Verkauf der bisherigen Grundstücke von Grundschule und Feuerwehr zumindest teilweise gegenfinanzieren lassen.

Bei den kleinen Kommunen liegt Lütjensee bei der Neuverschuldung vorn

Bei den kleineren Kommunen kämpft vor allem Lütjensee mit einer hohen Neuverschuldung. Die Verbindlichkeiten der Drei-Seen-Gemeinde betragen rund 2,8 Millionen Euro, ein Plus von 182,1 Prozent verglichen mit Ende 2021. Bürgermeister Heiko Röttinger sieht die Ursache vor allem in dem Neubau der Kita im Ortsteil Dwerkaten, dem Ausbau der Hamburger Straße und der Erweiterung der Grundschule.

Allein letztere hat 4,6 Millionen Euro gekostet, wobei die Nachbargemeinde Großensee sich an der Finanzierung beteiligt. Einen Teil des Geldes möchte Lütjensee durch den Verkauf der Grundstücke im geplanten Neubaugebiet auf der Heierkoppel gegenfinanzieren.

Bargteheide bleibt als einzige Stadt in Stormarn schuldenfrei

Musterschülerin unter den Kommunen in Stormarn und auch landesweit bleibt Bargteheide. Auch weiterhin steht die Stadt schuldenfrei da, als einziger Ort mit mehr als 10.000 Einwohnern in Schleswig-Holstein. „Das ist natürlich extrem erfreulich und eine gute Basis für alles, was in naher Zukunft auf uns zukommt“, sagt Bürgermeisterin Gabriele Hettwer.

Die Verwaltungschefin rechnet damit, dass Bargteheide mittelfristig nicht umhinkommen wird, Schulden aufzunehmen, und verweist auf teure Bauvorhaben wie die neue Feuerwache und die Sanierung der Turnhalle des Kopernikus-Gymnasiums mit Investitionsvolumina von 20 beziehungsweise zehn Millionen Euro. „Laut Prognose kommen wir aber zumindest 2024 wohl noch einmal ohne Kredite aus“, sagt Hettwer.

Mini-Gemeinde Braak hat die höchste Pro-Kopf-Verschuldung

Von den größeren Kommunen kann sich auch die Bilanz der Kreisstadt Bad Oldesloe sehen lassen. Nur etwa 1,7 Millionen Euro Schulden hat Stormarns drittgrößte Stadt und konnte gegenüber dem Vorjahr sogar Verbindlichkeiten in Höhe von 19,1 Prozent tilgen. Das ist der zweithöchste Wert im Kreis nach der 300-Einwohner-Gemeinde Neritz. Auch Trittau steht mit Schulden in Höhe von 2,2 Millionen Euro (minus 15,4 Prozent) sehr gut da.

Die größte Pro-Kopf-Verschuldung hat eine kleine Gemeinde: In Braak kommen auf jeden Einwohner Verbindlichkeiten in Höhe von 2591 Euro. In dem Ort leben allerdings auch nur knapp 980 Menschen. Als nächste größere Kommune steht Oststeinbek auf Platz drei. Dank der Rekordneuverschuldung hat statistisch gesehen jeder Einwohner Verpflichtungen in Höhe von 1792 Euro.

Jeder Stormarner hat statistisch 600 Euro Schulden

Auf ganz Stormarn umgelegt entfallen auf einen Einwohner Verbindlichkeiten in Höhe von 600 Euro. Das ist der niedrigeste Wert aller Kreise und kreisfreien Städte. Der landesweite Durchschnitt der Pro-Kopf-Verschuldung liegt bei 1400 Euro. Insgesamt haben alle Kommunen rund vier Milliarden Euro an Verpflichtungen angehäuft. Das sind 5,8 Prozent beziehungsweise 220 Millionen Euro mehr als vor einem Jahr.