Reinbek. Krankenhaus Reinbek will Schwerpunktversorger in der Region bleiben. Kritik des Direktoriums an Lauterbachs Plänen.

Der Andrang auf die Notaufnahme im Krankenhaus Reinbek St.-Adolf-Stift wird immer stärker. Laut Geschäftsführer Fabian Linke ist die Zahl der Patientenkontakte im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 20 Prozent, im Vergleich zu 2021 sogar um 35 Prozent gestiegen. Deshalb hat das Krankenhaus auch viel vor: Für 50 Millionen Euro will es einen Erweiterungsbau an der Rückseite des Hauses errichten, in dem die neue Integrierte Notfallzentrale und zusätzliche 70 Krankenhausbetten entstehen sollen. Außerdem wird auf der Vorderseite des Geländes die Rettungswache an der Hamburger Straße aufgestockt, um dort einen neuen Campus für Gesundheitsberufe zu gründen.

Noch dieses Jahr soll Baustart sein, das Krankenhaus Reinbek wartet nur noch auf den Förderbescheid des Landes, das 80 Prozent der Bausumme beisteuern will. Eigentlich wäre Kiel für 100 Prozent der Kosten zuständig. „Doch das St.-Adolf-Stift ist mit 80 Prozent der Summe hoch zufrieden“, erklärt Prof. Tim Strate, Chefarzt der Chirurgischen Klinik. Die Krankenhausreform von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach aber treibt ihm Sorgenfalten auf die Stirn.

Adolf-Stift fordert Änderung der Reform-Kriterien Lauterbachs

Im Prinzip sei die Reform eine gute Sache, bekräftigt Tim Strate: „Die Krankenhäuser werden in vier verschiedene Niveaus, Level 1 für eine gesundheitliche Grundversorgung bis 3U auf einem universitären Niveau wie in Kiel oder Lübeck aufgeteilt: Das finden wir gut, denn das ist im Prinzip sinnvoll.“ Denn die Krankenhäuser müssen bei der Einteilung nicht nur das Knowhow für eine bestimmte Leistung nachweisen, sondern auch die dafür nötige Infrastruktur, um die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung sicherzustellen.

Seiner Ansicht nach sei für das Krankenhaus Reinbek das Level 3 erstrebenswert. „Denn wir haben drei Leuchttürme in unserem Leistungsspektrum: die gesamte Krebsmedizin, die Orthopädie- und Unfallchirurgie sowie die vaskulären Herzerkrankungen“, erläutert Tim Strate. „Wir sind hier keine kleine Butze mehr“, sagt Tim Strate. „Wir arbeiten wohnortnah und auf einem Spitzenlevel.“ Und Stefan Jäckle, Chefarzt der Medizinischen Klinik, bekräftigt: „In diesen Leistungsgruppen sind wir sehr gut, mindestens so gut wie die Universitätskliniken.“

Auf der Rückseite des Krankenhauses Reinbek St.-Adolf-Stift zeigt das Direktorium (von links: Wolfgang Buchholz, Tim Strate, Fabian Linke, Stefan Jäckle und Nils-Michael Wulff), wo das neue Integrierte Notfallzentrum entstehen soll. Die Baufläche ist bereits geebnet. Jetzt fehlt nur noch der Förderbescheid aus Kiel.
Auf der Rückseite des Krankenhauses Reinbek St.-Adolf-Stift zeigt das Direktorium (von links: Wolfgang Buchholz, Tim Strate, Fabian Linke, Stefan Jäckle und Nils-Michael Wulff), wo das neue Integrierte Notfallzentrum entstehen soll. Die Baufläche ist bereits geebnet. Jetzt fehlt nur noch der Förderbescheid aus Kiel. © Susanne Tamm | Susanne Tamm

Krankenhaus Reinbek will sein Leistungsspektrum erhalten

„Das Krankenhaus Reinbek hat sich bereits gut positioniert“, sagt Fabian Linke. „Wir erfüllen alle Kriterien, um ein Level 2-Krankenhaus zu sein.“ Außerdem seien dem St.-Adolf-Stift bereits 421 Betten, also 70 Betten mehr als bisher, beschieden worden, und es arbeite in enger Abstimmung mit dem Gesundheitsministerium in Kiel zusammen, wenn es um die Planung der INZ, die Bettenerweiterung und den Campus der Gesundheitsberufe gehe. „Wir bekommen aus Kiel volle Unterstützung“, bestätigt der Kaufmännische Leiter. Erst vergangene Woche hatte Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) dem St.-Adolf-Stift bei einem Wahlkampfbesuch in Reinbek seine volle Unterstützung zugesagt.

Kritik gibt es in Reinbek allerdings an dem Leistungsspektrum, das ein Krankenhaus erfüllen soll, um für Level 3 eingeteilt zu werden. „Es gibt 70 Leistungsgruppen, Untergruppen der Abteilungen“, beschreibt Jäckle. „Um auf Level 3 eingestuft zu werden, muss ein Krankenhaus fast alle 70 Leistungsgruppen anbieten. Das ist nicht sinnvoll.“ In Reinbek gebe es beispielsweise keine Intensivmedizin für Neugeborene und keine Gesichts- und Kieferchirurgie. Diese seien für die Spezialgebiete des Reinbeker Krankenhauses auch nicht maßgeblich. Bei einigen Leistungsgruppen, die ineinandergreifen sei dies zwar anders, für Reinbek gelte dies nicht.

Würde Lauterbachs Reform umgesetzt, wäre dies das Aus fürs St.-Adolf-Stift

Sollte die Reform so umgesetzt werden, wie sie aktuell geplant ist, und wir dürften einige unserer Leistungen nicht mehr im vollen Umfang anbieten, würde das für das St.-Adolf-Stift einen Verlust von Millionenumsätzen bedeuten“, sagt Tim Strate. „Das hätte einen Domino-Effekt, weil sich dies auch auf andere Abteilungen auswirken würde, denn wir müssten um die 50 Mitarbeitende entlassen. Dann wären wir nicht mehr der Schwerpunktversorger im Süden Schleswig-Holsteins, der wir heute sind.“ Auf lange Sicht würde dies das Aus für das Haus bedeuten.

Stefan Jäckle will dies nicht so stehenlassen: „Unser Standort ist nicht gefährdet. Bisher geht es um einen Gesetzesentwurf. Wir gehen davon aus, dass es eine Lösung geben wird, die unseren Leistungen gerecht wird.“ Die Krankenhausversorgung sei Ländersache und das Gesundheitsministerium in Kiel habe die Krankenhäuser vor Ort immer in Entscheidungen miteinbezogen – im Gegensatz zum Bund, wie Tim Strate bemängelt: „Die Reform ist am Reißbrett entstanden, ohne die Realität vor Ort mit einzubeziehen.“

In Reinbek sind Investitionen von 50 Millionen Euro geplant

Doch bei der Einstufung geht es auch um Geld: In den nächsten drei Jahren plant das St.-Adolf-Stift gewaltige Investitionen: Der geplante Neubau der Zentralen Notversorgung samt Notfallpraxis der Hamburger KV und Notaufnahme soll noch 2023 beginnen (27,4 Millionen Euro). Hinzu kommen die Bettenerweiterung (14,1 Millionen Euro) und der „Campus für Gesundheitsberufe“ (6,1 Millionen Euro).