Reinbek. Die Stadt muss jetzt Prioritäten setzen. Sanierung der Borsigstraße im Gewerbegebiet wird alle auf Trab halten. Was noch ansteht.

Die Stadt Reinbek steht schon zum Jahresanfang gleich vor mehreren Herausforderungen: Trotz der Rekordeinnahmen bei den Gewerbesteuern, die im Laufe des Jahres 2022 von den ersten vorsichtigen Schätzungen auf 24 Millionen Euro schließlich dank der Umsatzentwicklungen der Unternehmen noch auf 34 Millionen Euro gestiegen sind, steht Reinbek vor einer finanziellen Wende. Denn schon jetzt hat die Stadt einen riesigen Kreditbedarf in Höhe von 27 Millionen Euro. Da die Verwaltung bei der Menge an Projekten nicht dazu gekommen ist, alles umzusetzen. Kämmerin Isabella Randau mahnte bereits im Jahr 2021 dazu, Prioritäten zu setzen. Die entsprechende Liste liegt mittlerweile zwar vor, ist allerdings von der Politik noch nicht abgesegnet worden. Allen ist jedoch klar, dass Reinbek sich künftig nicht mehr alles gleichzeitig leisten kann.

2023 wird zudem ein großer Gewerbesteuerzahler wegfallen. Die steigenden Energiekosten machen allen Firmen zu schaffen, die Inflation, eingeschränkte Lieferketten, das Steuerentlastungsgesetz 2022 sowie das Vierte Corona-Steuerhilfegesetz tun ihr Übriges. Die steigenden Bauzinsen sorgen dafür, dass künftig weniger gebaut wird.

1. Rathaus auf dem Prüfstand: Abreißen und neu bauen? Oder soll doch nur die Sichtbeton-Fassade saniert und der Komplex (Baujahr 1971) erweitert werden? Das ist die Fragen zum Rathaus, die das Bauamt zurzeit prüft. Denn das Bauwerk, Ergebnis eines Architektenwettbewerbs von 1969, ist energetisch gesehen eine Katastrophe und die Büroplätze für die 139 Mitarbeitenden werden im Rathaus knapp. Für 2023 sind sieben weitere Stellen genehmigt worden. Im kommenden Jahr wird man jedoch über die Bedarfsanalyse nicht hinauskommen. Vor Ende 2024 ist nicht mit einem Baustart zu rechnen. Und erst dann wird feststehen, ob auch die benachbarte Villa Tesch für Arbeitsplätze gebraucht wird. Aktuell wohnen dort noch Geflüchtete aus der Ukraine. Eine Million Euro für die Planungen steht noch im Haushalt bereit.
2. Die Feuerwehrwache wird fertig:
Nach zwölf Jahren ist es 2023 soweit: 4,2 Millionen Euro fließen noch in die neue Feuerwehrwache am Mühlenredder. Ab Ende März soll sie in Betrieb gehen. Insgesamt hat Reinbek 14,3 Millionen an Planungs- und Baukosten in die Sicherheit investiert. Die Kostensteigerungen sind allgemeiner Natur und noch nicht auf die gestiegenen Energiekosten zurückzuführen. Zusätzlich steckt die Stadt in den nächsten drei Jahren knapp 3,9 Millionen Euro in den gesamten Fuhrpark der Retter. Sie schafft einen Wechsellader an, der je nach Bedarf eines Einsatzes eine Mulde, ein Stromaggregat, eine Wanne oder einen Geräteträger laden kann. 2023 werden dafür die ersten 951.000 Euro fällig.

Agenda 2023, HAAZ, Reinbek HA Grafik, HA Infografik
Agenda 2023, HAAZ, Reinbek HA Grafik, HA Infografik © HA Grafik, HA Infografik, F. Hasse | Frank Hasse


3. Planung für Ohes Feuerwehr am Start: Das nächste neue Feuerwehrhaus plant Reinbek für Ohe auf dem „Kattenbaum“. 2023 beginnen die Planungen, der Baustart ist aber erst für 2024 angesetzt, wenn die Politik zustimmt. Kosten: 960.000 Euro allein für die Planungsphase.
4. Sanierung der Borsigstraße im Gewerbegebiet
: Die nötigen Grundstücke für den Riesenkreisel an der Einmündung der Borsigstraße in die Gutenbergstraße hat die Stadt erworben. Denn dort soll der Verkehr auch trotz der Lkw weiter fließen. Die Pläne für die Sanierung der Borsigstraße und den Kreisel sollen im April 2023 fertig sein. Dann beginnen die Arbeiten in einzelnen Abschnitten: immer halbseitig, damit diverse Zufahrten und Ausfahrten der Gewerbebetriebe funktionstüchtig bleiben. Schließlich will Reinbek, dass die Gewerbesteuereinnahmen nicht versiegen, die Betriebe im Gewerbegebiet sollen weiterarbeiten können. Gesamtkosten: 3,7 Millionen Euro. 2024 soll alles fertig sein.

5. Umbau des einstigen Rowohlt-Verlags:Die Unternehmen Buhck und Pipping wollen ihre Sitze von Wentorf nach Reinbek auf das ehemalige Rowohlt-Gelände verlagern. Doch der Angriff auf die Ukraine und die daraus folgenden Kostensteigerungen haben ihre ehrgeizigen Zeitpläne durchkreuzt. Buhck will jetzt Ende Juni mit etwa 50 Mitarbeitenden an den Völckers Park umziehen. Die Investitionen sind jetzt mit gut fünf Millionen Euro um etwa zehn Prozent angestiegen. Für den an der Böge geplanten „Unternehmer-Campus“ will Pipping die Bauarbeiten nach einer verlängerten Winterpause durch Lieferschwierigkeiten beim Material und gestiegene Kosten im Frühjahr 2023 wieder aufnehmen. Noch im selben Jahr will die Maklerfirma mit ihrem Team nach Reinbek ziehen. Für die anderen Räume will man im Frühjahr mit der Vermietung starten.

6. Sanierung und Erweiterung der Gertrud-Lege-Grundschule: Die Aufstockung und Sanierung von Reinbeks größter Grundschule, der Gertrud-Lege-Schule wird 2023 geplant. Die Gesamtkosten sind mit 9,6 Millionen Euro veranschlagt, 2023 werden 220.000 Euro für die Planungen fällt. 2024 und 2025 wird gebaut.
7.
Erweiterungen des St. Adolf-Stiftes: Bei den Summen für in den nächsten drei Jahren geplanten Projekte in Höhe von insgesamt 50 Millionen Euro kann einem schwindlig werden: Der geplante Neubau der Zentralen Notversorgung samt Notfallpraxis und Notaufnahme soll im kommenden Jahr beginnen (27,4 Millionen Euro). Hinzu kommen eine Bettenerweiterung um 70 auf insgesamt 421 Betten (14,1 Millionen Euro) und der „Campus für Gesundheitsberufe“ (6,1 Millionen Euro).

8. Sanierung Glinder Weg: Ab April soll der Glinder Weg abschnittsweise grundsaniert werden: Die Kanalisation und sämtliche Verkehrsflächen, Fahrbahn, Fuß- und Radwege, Parkplätze und Bushaltestellen werden erneuert. Der Radweg wird als Fortführung der Hamburger Veloroute 9 teilweise als Schutzstreifen auf die Fahrbahn verlegt, die Parkplätze verringern sich um 29 auf 49. Im Herbst 2024 soll alles fertig sein. Kosten: rund 2,2 Millionen Euro.
9. Parkdeck des Klostermarktes an der Bergstraße:
Ein weiteres Projekt erfordert das logistische Fingerspitzengefühlt des Tiefbauamtes: Das Parkdeck vor dem Rewe-Supermarkt an der Bergstraße hat dringenden Sanierungsbedarf. Die Anlieferung muss weiter gewährleistet sein. Wie das während der Arbeiten ermöglicht wird und mit welchem Zeitplan, hängt von den Firmen ab, die beauftragt werden. Die Ausschreibung läuft, 1,4 Millionen Euro sind dafür veranschlagt. Gewünschter Starttermin liegt im zweiten Quartal, die Bauzeit soll etwa ein Jahr dauern.10. Containerklassen am Gymnasium: Möglichst in den Sommerferien sollen die vier neuen Klassen in Containerbauweise auf dem Schulhof aufgestellt werden. 608.000 Euro sind dafür veranschlagt.11. Barrierefreiheit an den Bushalten: Vier barrierefreie Bushaltestellen hat Reinbek bisher. Bis 2026 sollen alle umgestaltet sein. Für 2023 sind sechs am Glinder Weg dafür vorgesehen. Die Verwaltung befürchtet, dass die zentrale am Landhausplatz die letzte sein wird, die umgebaut wird. Denn dort sind immer noch Standortfragen zu klären.

12. Stadtteilplan Schönningstedt: Seit Oktober hatten sich die Bürger immer wieder zu Konzeptwerkstätten getroffen. Die sollen am 26. Januar 2023 in ein Abschlussforum münden. Dort werden die Ergebnisse zusammengefasst, die in die politische Beratung einfließen: Während es für den neuen Standort des Recyclinghofs der Abfallwirtschaft Südholstein einen breiten Konsens gibt, wird eine Umgehung zur Entlastung der Königstraße abgelehnt. Eine Gewerbeerweiterung ist nicht willkommen, nur etwas Kleingewerbe findet noch Akzeptanz.

13. Sportstättenplanung Nord: für Ohe und Neuschönningstedts gemeinsame Sportanlage soll 2023 Baurecht geschaffen werden, nachdem die Vorstellung der Vereine und der Stadt noch einmal neu abgestimmt worden sind.

Das wurde aus den Projekten der Agenda 2022

Das Schulzentrum Mühlenredder, die einstige „Asbestschule“, hat sich im Laufe des Jahres 2022 zum Vorzeigeprojekt gemausert. Der Neubau konnte im Februar bezogen werden. 2018 hatten die Vorbereitungen für die Erweiterung Asbest in der alten Fassade ans Licht gebracht. Bürgermeister Björn Warmer ließ den gesamten Gebäudekomplex sperren. Die Gemeinschaftschule mit 800 Jungen und Mädchen rückte in der Campus-Schule aus Containern auf der Freizeitbadwiese zusammen, und die Amalie-Sieveking-Förderschule schlüpfte bei der Grundschule Klosterbergen unter. Beide Schulen meisterten die Enge seit 2020 auch noch unter Pandemiebedingungen.

Im Februar gab es ein Happy End: 45 Klassen- und 13 Fachräume mit Eichenparkett, Fensterrahmen aus Massivholz, Einbauschränken, Beleuchtung per Bewegungsmelder, zwei Lehrerzimmer, Differenzierungsräume, Nebenräume und jede Menge freie Lernmöglichkeiten – und das alles möglichst energie­effizient. Die Stadt blieb bei der Schulerweiterung nicht nur im Zeit-, sondern auch im Kostenrahmen von 30 Millionen Euro. Die offizielle Einweihung wurde im Oktober gefeiert.

Im Mai kippte ein Bürgerentscheid das Wohnbauprojekt Kampsredder/Stahmers Acker. 73,6 Prozent der Wählerinnen und Wähler stimmten gegen die Bebauung freier Flächen im Norden Reinbeks – samt der 40 Hektar, auf denen das Neubaugebiet entstehen sollte. Die Bürgerinitiative Holzvogtland hatte Unterschriften gesammelt und den Bürgerentscheid angestrengt, um die Bebauung des Ackerlandes zu verhindern.

Die Gegner des Vorhabens hatten Erfolg. Für zwei Jahre ist das Thema nun vom Tisch – angesichts aktuell steigender Bauzinsen möglicherweise auch länger. Wohnungen sind in Reinbek allerdings weiter ebenso knapp wie Flächen, die im Stadtgebiet noch bebaut werden könnten.

Die neue Pionierbrücke über die Bille, eine für Fußgänger und Radfahrer wichtige Verbindung zwischen Reinbek und Hamburg-Bergedorf, ist endlich fertig geworden. Zuerst klappte es nicht mit nötigen Abstimmungen zwischen den beiden Bauherren Hamburg und Reinbek, dann wurde Aluminium knapp. Die 1,4 Millionen Euro teure Brücke – zu den Kosten steuert Reinbek die Hälfte bei – wird bis 15. Januar freigegeben.