Reinbek. Bis zu 700 Patienten suchen pro Monat Rat. KV Hamburg und Klinik freuen sich jetzt auf den Neubau der Zentralen Notversorgung.
Es ist Sonntag, der Kopf brummt, die Körpertemperatur ist leicht erhöht, der Hals schmerzt, doch die Hausarztpraxis ist geschlossen. Was tun? In solchen Fällen steuern immer mehr Menschen die Notfallpraxis im St. Adolf-Stift in Reinbek an. Die Praxis im Erdgeschoss des Krankenhauses ist immer dann geöffnet, wenn die Hausarztpraxen geschlossen sind. 365 Tage im Jahr ist hier ein Arzt bis Mitternacht im Dienst. Geöffnet ist montags, dienstags, donnerstags und freitags ab 19 Uhr, mittwochs ab 13 Uhr sowie an Wochenenden und Feiertagen schon ab 10 Uhr.
Die Praxis im St. Adolf-Stift in Reinbek wird von der KV Hamburg betrieben
Die Praxis hat ihren Sitz zwar im Krankenhaus in Reinbek, wird aber von der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg betrieben und soll die allgemeinmedizinische Versorgung außerhalb der regulären Praxisöffnungszeiten sicher stellen. „Patienten suchen in aller Regel die Notfallpraxen mit Krankheiten auf, mit denen sie normalerweise zum Hausarzt gehen würden.
Leichtere Erkrankungen der oberen Atemwege, grippale Infekte, Magen-Darm-Beschwerden, leichtere Verletzungen zählen dazu“, sagt Jochen Kriens, Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg. Corona-Verdachtsfälle werden hier nicht behandelt.
Bis zu 700 Patienten im Monat suchen Notfallpraxis auf
Am Wochenende ist der Andrang in der Notfallpraxis im St. Adolf-Stift erfahrungsgemäß am größten, bis zu 700 Kranke im Monat suchen ärztlichen Rat. Die Praxis wurde vor drei Jahren, im April 2019, eröffnet. Wie alt die Patienten durchschnittlich sind und woher sie kommen, evaluiert die Kassenärztliche Vereinigung gerade.
Eines aber steht schon jetzt fest: „Von unseren fünf Notfallpraxen ist die Reinbeker zwar die ,kleinste’, aber wir sind mit der Entwicklung sehr zufrieden, auch was die Zusammenarbeit mit dem St. Adolf-Stift anbelangt“, sagt Kriens.
In aller Regel ist die Praxis mit einem Arzt pro Schicht besetzt. Dieser meldet sich für den Dienst freiwillig. „Der Arztruf Hamburg kann auf einen Pool von rund 400 Medizinern zurückgreifen. In aller Regel handelt es sich um Fachärzte für Allgemeinmedizin oder Kinder- und Jugendheilkunde“, sagt Kriens.
Kinderärzte und Allgemeinmediziner versorgen auch kleine Patienten
Wenn ein Kinderarzt oder ein Allgemeiner, der in seiner eigenen Praxis sonst auch Kinder behandelt, im Einsatz ist, werden auch kleine Patienten in der Notfallpraxis versorgt, fiebernde und hustende Kinder einmal abgehorcht.
Andere Mediziner, die über keine entsprechende Erfahrung verfügen, verweisen die kleinen Patienten lieber an die vier Anlaufstellen für den kinderärztlichen Notdienst oder das Hamburger Wilhelmstift beziehungsweise das AK Altona. „Pläne, eine spezielle pädiatrische Versorgung in der Notfallpraxis Reinbek aufzubauen, bestehen derzeit nicht“, sagt Kriens. Auch weitere Praxen im Hamburger Umland sind nicht geplant.
Gute Kooperation mit der Zentralen Notaufnahme
Nicht nur für die Kassenärztliche Vereinigung, auch für das Krankenhaus Reinbek hat sich die Notfallpraxis im Haus als Gewinn herausgestellt: „Die Zahl der Patienten mit leichteren Erkrankungen in der Notaufnahme ist zurückgegangen, dafür können sich die Mitarbeiter besser auf die schweren Fälle wie Schlaganfall oder Herzinfarkt konzentrieren“, sagt Andrea Schulz-Colberg, Sprecherin des Adolf-Stifts. Im vergangenen Jahr kamen täglich 65 Personen in die Zentrale Notaufnahme des Krankenhauses – zu Fuß oder per Rettungswagen.
Falls notwendig, ist es jederzeit möglich, den Patienten im jeweils anderen Bereich beurteilen zu lassen und sie von der Notfallpraxis in die nur 40 Meter entfernten Notaufnahme zu schicken. Die örtliche Nähe sei da ein entscheidender Vorteil, sagt Schulz-Colberg.
Spatenstich für Notaufnahme im zweiten Quartal geplant
„Die Kollegen arbeiten gut zusammen, es herrscht eine sehr freundliche und offene Atmosphäre“, sagt Schulz-Colberg. Mit dem schon länger geplanten Neubau der Zentralen Notversorgung samt Notfallpraxis und Notaufnahme werden sich die Arbeitsbedingungen der Mediziner und die Versorgung der Patienten noch einmal um einiges verbessern. „Die derzeitigen Räumlichkeiten hier im Erdgeschoss sind doch sehr beschränkt“, sagt Schulz-Colberg.
Mit 1800 Quadratmetern Nutzfläche wird im Neubau viermal mehr Platz sein – 1200 Quadratmeter entfallen dabei auf die Notaufnahme und die Notfallpraxis, 650 Quadratmeter auf das geplante Kardiozentrum. Geplant sind unter anderem 17 Untersuchungs- und Behandlungsräume, jeweils zwei Schock- und Eingriffsräume sowie ein Herzkatheter-Labor.
Der Spatenstich für den Anbau auf der Rückseite des Krankenhauses ist für das zweite Quartal geplant. Die Kosten belaufen sich auf rund 23 Millionen Euro. Sobald der Förderantrag aus dem Kieler Sozialministerium vorliegt, soll es losgehen.