Reinbek. Trotz Not am Wohnungsmarkt wird die Nachverdichtung erschwert, etwa in der Stemwarder Siedlung und Gartensiedlung Scharnhorst.
Reinbek bräuchte dringend Bewegung auf dem Wohnungsmarkt: Das Amt für Soziales weiß kaum noch, wo es Geflüchtete unterbringen soll, wer aus den Unterkünften ausziehen will, findet im Stadtgebiet keine Wohnung. Menschen mit geringem Einkommen geht es ebenso. Doch Wohnungen werden ebenfalls keine mehr frei, wenn sich Menschen ein Eigenheim gebaut haben. Denn das kann sich kaum noch jemand leisten.
Laut Torsten Christ, Leiter für Soziales und Bürgerangelegenheiten, suchen derzeit 67 Menschen 37 Wohnungen in Reinbek. „In der Vergangenheit konnten so gut wie keine Sozialwohnung vermittelt werden, da es im Bestand so gut wie keine Fluktuation und somit kein Angebot gibt“, berichtet Christ. „Die Dunkelziffer an Wohnungssuchenden ist wahrscheinlich viel höher.“ In den städtischen Notunterkünften seien aktuell 544 wohnungslose Menschen untergebracht. Für sie besteht aktuell ein Bedarf an 219 Wohnungen.
Kampf um Wohnraum in Reinbek wird härter
Den Bedarf bestätigt auch Dirk Reiche, Vorstand der Baugenossenschaft Sachsenwald: „Die Wohnungen werden uns aus den Händen gerissen. Auf unsere 28 neuen Wohnungen an der Berliner Straße, die wir vergeben, haben wir 100 Anfragen bekommen.“ Pro Bestandswohnung, die nur noch auf der Homepage der Genossenschaft angeboten werden, kämen im Schnitt gewöhnlich 30 Anfragen herein. „Diese Situation ist für uns als Vermieter zwar schön, aber für die Mieter eine Katastrophe“, stellt Reiche fest. Es herrsche ein harter Wettkampf um Wohnraum, der durch die Lage in der Wohnungswirtschaft, was neue Projekte angeht, nicht entschärft werde. Für die Zukunft wünscht er sich ein vereinfachtes Baurecht und Genehmigungsverfahren.
Der Bauboom ist beendet, wie beispielsweise die Berechnungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) zeigen. In Reinbek liegt dies nicht nur daran, dass die Preise für Materialien, Handwerker und Energie exorbitant gestiegen sind – im Stadtgebiet werden auch die Grundstücke knapp. Fragt man die Politik nach der Lösung für dieses Dilemma, heißt es stets, man setze auf „maßvolle Nachverdichtung“. Allerdings scheinen einige Politiker darunter nur die Zementierung des Ist-Zustandes zu verstehen, weniger eine Entspannung auf dem Markt, wie die jüngste Bauausschusssitzung zeigt.
Henry Kern (SPD): „Schon wieder eine Bauverhinderungsplanung.“
Beraten wurde über die Bebauungspläne der Stemwarder Siedlung in Neuschönningstedt und die Gartensiedlung Großer Scharnhorst/Brunsbusch. Die Ziele der Überplanung sind jeweils der Erhalt des Siedlungscharakters als auch – zumindest auf dem Papier – eine „maßvolle Nachverdichtung“.
Die FDP versuchte, die ohnehin restriktiven Auflagen des Planungsbüros noch zu erhöhen. Volker Dahms (FDP) forderte für die Stemwarder Siedlung niedrigere Firsthöhen von neun und zehn Metern sowie eine geringere Grundflächenzahl von 0,35.
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Maßvolle Nachverdichtung wider Erhalt des Siedlungscharakters
„Ich hätte gern eine ausführlichere Begründung für die Anträge, deren Sinnhaftigkeit erschließt sich mir nicht“, wandte Henry Kern (SPD) ein. Dahms entgegnete: „Ich habe mir die höchsten Grundflächenzahlen im Bestand angeschaut und die höchsten Gebäude sind deutlich unter zehn Meter hoch. Das verstehe ich nicht unter maßvoller Nachverdichtung.“ Der Sozialdemokrat ist anderer Meinung: „Dann gehen unsere Vorstellungen da etwas auseinander. Es geht darum, maßvolle Nachverdichtung zu ermöglichen. Ihr Vorschlag ist schon wieder eine Bauverhinderungsplanung“, kritisierte er.
Der parteilose Klaus-Peter Puls mahnte, dass es zu diesem Zeitpunkt, an dem noch nicht einmal die Bürgerinnen und Bürger beteiligt worden seien, zu früh für detaillierte, weitere Einschränkungen sei. Dennoch verabschiedete der Bauausschuss den Vorentwurf mit der von Dahms geforderten niedrigeren Grundflächenzahl, die niedrigeren Firsthöhen lehnten die Politiker jedoch ab. Die Anwohner werden für den 22. März zum Beteiligungsabend eingeladen.
Bauverbot für zweite Reihe in der Gartensiedlung?
Bei der Gartensiedlung Scharnhorst entwickelte sich die Diskussion in die gleiche Richtung: FDP und den Grünen gingen die Auflagen der Planer nicht weit genug. Für die teilweise 1000 Quadratmeter großen Grundstücke schwebte Volker Dahms ein mögliches Baufenster von maximal 20 Prozent der Fläche vor. Günther Herder-Alpen kritisierte die Vorschläge des Planungsbüros als unzureichend und forderte, das Thema zu vertagen. „Wir haben den Anspruch, den Charakter des Gebietes zu erhalten“, betonte er. Eine Hinterliegerbebauung aber schloss schon der Entwurf der Planer aus.
CDU-Mann Gunter Loeck widersprach Dahms: „Weitere Vorgaben sind unangemessen, wenn wir eine maßvolle Nachverdichtung ermöglichen wollen.“ Er habe Bedenken, dass diese im Sinne der Eigentümer seien. Schließlich verständigte man sich darauf, dass das Planungsbüro verschiedene Varianten für den Vorentwurf vorschlagen soll. Ob sich Familien Immobilien in Reinbek künftig leisten können, bleibt zumindest für die Stemwarder Siedlung und die Gartensiedlung Großer Scharnhorst fraglich.