Reinbek. Verbindungsweg soll verbreitert werden, damit Rettungsfahrzeuge durchpassen. Dafür muss Grün weichen. Das sorgt für massiven Unmut.

In der Wohnsiedlung Krabbenkamp herrscht seit einigen Wochen Unruhe. Seitdem nämlich die Stadt den Bewohnern der Reihenhäuser mitgeteilt hat, dass der 350 Meter lange Verbindungsweg zwischen den Straßen Krabbenkamp und Ellerholde saniert werden soll. Das ist längst überfällig, die Absackungen und Verschiebungen in dem 40 Jahre alten Weg sind unübersehbar. Für rund 245.000 Euro will die Stadt ihn in diesem Jahr begradigen und neu pflastern.

„Ein gutes Vorhaben“, sagt Helmut Busch, langjähriger Anwohner und in Reinbek bekannt als Vereinsvorsitzender der Freunde des Schlosses. Dass der derzeit 3,50 Meter breite Weg in dem Zug aber auf fünf Meter verbreitert werden soll, das kann der 80-Jährige nicht nachvollziehen. „Das ist unnötig. Jetzt kommt die Müllabfuhr doch auch mit ihren Wagen durch“, sagt Busch. Wenn auch manchmal mit Mühe – wenn noch ein Auto an der Seite parkt. Den schmalen Verbindungsweg dürfen nur wenige befahren – auf beiden Seiten gibt es Poller. Die sollen in jedem Fall auch nach der Sanierung erhalten bleiben.

Kampf um wenige Zentimeter Hecke

Helmut Busch (v.l.), Miriam und Hartwig Reemts setzen sich für jeden Zentimeter Grün ein, der am Verbindungsweg zwischen den Straßen Ellerholde und Straßenkamp steht. Das muss weichen, wenn der 350 Meter lange Weg um 1,5 Meter verbreitert werden soll.
Helmut Busch (v.l.), Miriam und Hartwig Reemts setzen sich für jeden Zentimeter Grün ein, der am Verbindungsweg zwischen den Straßen Ellerholde und Straßenkamp steht. Das muss weichen, wenn der 350 Meter lange Weg um 1,5 Meter verbreitert werden soll. © U. Gerullis | Undine Gerullis

„Die Landesbauordnung und der Bebauungsplan sehen eine Breite von fünf Metern vor und die ist für die Durchfahrt von Rettungsfahrzeugen auch dringend geboten“, sagt Uwe Eckstein, Chef des Reinbeker Tiefbauamtes. Und genau an diese Vorgaben muss und will sich die Stadt halten und den jahrelangen Wildwuchs beenden. Wildwuchs ist hier wörtlich gemeint, denn die Besitzer der Reihenhäuser entlang des Weges haben in den vergangenen Jahren reichlich Hecken und Büsche gepflanzt, Zuwege gepflastert und Zäune und Steine aufgestellt – zum großen Teil auf öffentlichem Grund vor ihren Grundstücken.

Das alles aber soll nun im Zuge der Wegeausbaus zurückgebaut und entfernt werden, hat die Stadt den 29 betroffenen Anwohnern per Einschreiben mitgeteilt. „Ich bin aus allen Wolken gefallen, als ich den Brief erhalten habe“, sagt Hartwig Reemts. Der 72-Jährige hat 2016 ein Endreihenhaus am Krabbenkamp samt zwei Meter hoher Buchenhecke gekauft. „Um die Hecke müssen sie sich nicht kümmern“, hat der Reinbeker Makler damals zu Hartwig Reemts im Verkaufsgespräch gesagt. Die Hecke stehe auf öffentlichem Grund.

Stadt will grünen Wildwuchs beenden

Und tatsächlich kamen Bauhofmitarbeiter regelmäßig vorbei, um die Hecke auf der Seite, die zum öffentlichen Weg zeigt, zurückzuschneiden, erzählt Tochter Miriam Reemts. Sie bewohnt das Reihenhaus mit ihrer fünfköpfigen Familie und freut sich, dass ihre kleinen Kindern hinter der Hecke vor neugierigen Blicken geschützt sind. Dass die Hecke nun entfernt werden soll, will Hartwig Reemts auch aus Naturschutzgründen verhindern. Er hat ein Rundschreiben verfasst und will es im Krabbenkamp verteilen. „Ab Frühjahr ist die Hecke grün und dicht. Es nisten viele Vögel drin“, hat er beobachtet.

Die Eingangspforte in der Mitte der Hecke, die die Reemts von den Vorbesitzern übernommen haben, ragt ebenfalls ein paar Zentimeter über die Grundstücksgrenze hinaus. „Die baue ich sofort zurück“, sagt Hartwig Reemts einsichtig. Die Hecke hingegen nicht. Er kämpft für den Erhalt und jeden Zentimeter. Er schlägt als Kompromiss vor, die Hecke in der Tiefe einzukürzen – von jetzt 75 Zentimeter auf 30 Zentimer. Eine Antwort von Seiten des Stadt steht noch aus.

Bislang dürfen den Weg nur wenige befahren. Absperrgitter soll es auch nach dem Ausbau geben.
Bislang dürfen den Weg nur wenige befahren. Absperrgitter soll es auch nach dem Ausbau geben. © U. Gerullis | U. Gerullis

Fehler liegen in der Vergangenheit

Andere Anwohner berufen sich in ihren Widerspruchsschreiben auf eine Klausel im Kaufvertrag mit dem damaligen Bauträger Neue Heimat, wonach eine Begrünung vor und hinter der Grundstücksgrenze sogar erlaubt ist – wenn die Bepflanzung eine Höhe von 0,7 Metern nicht überschreitet. Viele Büsche sind mit den Jahren höher gewachsen. Weder hat das bislang jemanden gestört, noch wurde es kontrolliert. Andere berufen sich sogar darauf, eine vertraglich vereinbarte Pflegepartnerschaft für den 0,75 Meter schmalen Streifen vor ihren Grundstücken übernommen zu haben.

„Ein schwieriges Unterfangen“, sagt Uwe Eckstein, der die Argumente kennt, für Fehler in der Vergangenheit nichts kann und die Ausbaupläne als neuer Chefingenieur im Tiefbauamt nun realisieren muss. Eckstein drängt darauf, das Vorhaben zeitnah umzusetzen, damit die Wegeschäden nicht noch größer werden. Wann das der Fall sein wird, kann er noch nicht sagen. Die Maßnahme müsse erst ausgeschrieben werden. Bis dahin will er mit Bürgern und Politik „im Dialog bleiben“.

Grüne holen Bauausschuss ins Boot

Auf Dialog setzen auch die Grünen. Sie wollen das Vorhaben im nächsten Bauausschuss auf die Tagesordnung holen und eine Begehung vor Ort anregen. Mit dabei soll in jedem Fall der Gemeindefeuerwehrchef Oliver Selke sein. Der setzt sich schon im Vorab dafür ein, „gesetzlich vorgegebene Wegbreiten in jedem Fall einzuhalten“, zumal die Wege im Krabbenkamp schon sehr eng sind. „3,50 Meter brauchen wir mindestens, damit die Löschfahrzeuge durchpassen“, sagt Selke.

Einen weiteren Meter brauchen die Feuerwehrleute, um im Einsatzfall die Schläuche ausrollen und die Leiter ausfahren zu können. „Viele Einsätze hat es in den vergangenen Jahren zum Glück nicht im Krabbenkamp gegeben“, sagt Selke. „Es reicht aber nur ein größeres Feuer. Wenn wir dann nicht durchkommen oder wichtige Zeit verlieren, weil eine Hecke im Weg ist, ist niemanden geholfen“, mahnt der Feuerwehrmann.