Bad Oldesloe. Bis März erwartet Schleswig-Holstein die Ankunft von 20.000 weitere Geflüchteten. Doch die Kapazitätsgrenzen sind schon jetzt erreicht.
Die Versprechen klingen erst einmal gut: Auf einem Flüchtlingsgipfel in Kiel hat die Landesregierung in der vergangenen Woche beschlossen, die Kommunen in Schleswig-Holstein künftig stärker bei der Aufnahme von Geflüchteten zu unterstützen. Städte und Gemeinden sollen mehr Geld bekommen und die Plätze in den landeseigenen Unterkünften von 1500 auf 7000 erhöht werden. Außerdem bekommen die Kommunen ab dem 1. Dezember für die Unterbringung von Flüchtlingen eine Vorlaufzeit von vier Wochen. Zusätzlich will das Land mehr Schulklassen mit Deutsch als Zweitsprache (DaZ) schaffen.
Bis März 2023 rechnet das Land mit 20.000 weiteren Geflüchteten
Denn nach wie vor flüchten unzählige Menschen vor dem Krieg gegen die Ukraine und suchen auch in Schleswig-Holstein Schutz. Bis März 2023 rechnet das Land mit 20.000 weiteren Geflüchteten. Mehr als 40.000 hat Schleswig-Holstein in diesem Jahr bereits aufgenommen, das sind mehr als 2015. Das ist eine Mammutaufgabe für die Kommunen. Viele stoßen an ihre Kapazitätsgrenze.
Was sagen Stormarner Kommunen und der Kreis zu den Ergebnissen des Flüchtlingsgipfels? Edith Ulferts, Fachbereichsleiterin Soziales und Gesundheit des Kreises, zeigt sich grundsätzlich zufrieden: „Dass die Plätze in den landeseigenen Unterkünften erhöht werden sollen, ist ein erster wichtiger Schritt. Wie lange die Kapazitäten ausreichen werden, bleibt abzuwarten“, so die Fachbereichsleiterin. Das sei unter anderem abhängig von der Entwicklung des Kriegsgeschehens in der Ukraine. Momentan sind im Kreis Stormarn 2636 Geflüchtete aus der Ukraine untergebracht.
Reinbek hätte sich mehr Plätze in den Landesunterkünften gewünscht
Etwa 250 davon leben aktuell in der Stadt Reinbek, davon 150 in Notunterkünften und 100 in Privathaushalten von Reinbeker Bürgerinnen und Bürgern. „Die geflüchteten Menschen sind größtenteils dezentral in 40 städtischen und angemieteten Wohnungen untergebracht. Eine Ausnahme bildet die Campusunterkunft, in der rund 140 ukrainische Geflüchtete leben“, sagte Torsten Christ, Fachbereichsleiter Bürgerangelegenheiten, auf Nachfrage dieser Zeitung.
Er blickt mit gemischten Gefühlen auf die Ergebnisse des Flüchtlingsgipfels. „Ich begrüße es, dass die Plätze der Landesunterkünfte erhöht werden. Wenn man jedoch bedenkt, dass die Anzahl 2015 bei weniger Geflüchteten ungleich höher gewesen ist, hätte ich deutlich mehr zusätzliche Plätze erwartet“, sagt Christ. Die zusätzlichen Plätze reichen seiner Einschätzung nach nicht aus. Immerhin: „Die Kombination aus mehr verfügbaren Plätzen und einer längeren Verweildauer in den Landesunterkünften verschafft den Kommunen einen zusätzlichen Puffer, um Wohnraum für die Geflüchteten zu organisieren. Im Ergebnis ändert dieses jedoch nichts an der Situation der Kommunen.“ Aktuell fühle man sich der Lage in Reinbek zwar noch gewachsen. Aber, so Christ: „Ob das auch in naher Zukunft so sein wird, hängt von vielen Faktoren ab, die zum jetzigen Zeitpunkt aber noch nicht absehbar sind.“
Stadt Bargteheide stößt an ihre Kapazitätsgrenzen
Die Stadt Bargteheide beherbergt momentan etwa 200 Geflüchtete aus der Ukraine. Davon sind etwa 115 in privaten und 85 in städtischen Unterkünften untergebracht. Und: Wie berichtet, hatte die Stadt dem Kreis vor mehr als drei Monaten mitgeteilt, dass die Kapazitätsgrenzen erreicht sind. „Der Flüchtlingsgipfel war überfällig, da viele Kommunen in Schleswig-Holstein mittlerweile an ihre Leistungsgrenzen bei der Flüchtlingsunterbringung gekommen sind“, sagt Bürgermeisterin Gabriele Hettwer.
„Ich begrüße, dass die Kapazitäten auf Landesebene ausgebaut werden sollen, um damit die Kommunen zu entlasten“, so Hettwer weiter. Trotzdem: Ganz zufrieden ist sie mit den Ergebnissen nicht. Hettwer: „Da bis Ende März 2023 voraussichtlich etwa 20.000 Menschen aufzunehmen sind, reicht eine Aufstockung um 1500 auf 7000 Plätze in den Landesunterkünften bei weitem nicht aus. Bargteheide liegt in der Metropolregion Hamburg und der Wohnraum ist äußerst knapp. Insgesamt ist die Belastungsgrenze der Kommunen ist erreicht und bezieht sich nicht nur auf Wohnraum, sondern auch auf Kita-Plätze und DaZ-Klassen.“ Auch in Glinde, wo aktuell 87 Geflüchtete aus der Ukraine untergebracht sind, ist die Lage schwierig, wie Sprecherin Katharina Richter mitteilte: „Derzeit kommt die Stadt an die Kapazitätsgrenzen.“
Ammersbek ist der Lage gewachsen – noch
Nicht ganz so dramatisch ist die Lage laut Bürgermeister Horst Ansén in Ammersbek. Noch könne die Gemeinde die ihr zugewiesenen Geflüchteten aufnehmen. Dennoch: „Ich begrüße, dass der Flüchtlingsgipfel stattgefunden hat und dass es ein paar konkrete Zusagen gab. Jede finanzielle Unterstützung ist gut. Vor allem, dass die Ankündigungsfrist auf vier Wochen ausgeweitet wurde, hilft“, so Ansén. Aktuell habe man innerhalb von zwei Wochen, zehn Tagen oder einem noch kürzeren Zeitraum Menschen unterbringen müssen, berichtet der Bürgermeister. Noch habe Ammersbek in den Unterkünften freie Kapazitäten, hat zentrale Unterkünfte eingerichtet und zwölf Wohnungen angemietet. Das könne sich, wenn immer mehr Menschen kommen, allerdings auch schnell ändern.
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Auch in Ahrensburg ist die Unterbringung der Geflüchteten nicht leicht zu bewältigen. „Ahrensburg wird nicht unbegrenzt aufnehmen können. Freie Plätze stehen nicht immer passgenau für unterschiedliche Familienkonstellationen zur Verfügung. Es wird weiterhin nach Wohnraum auf dem freien Wohnungsmarkt gesucht“, so Sprecherin Anna Plogt. Mit den Ergebnissen des Flüchtlingsgipfels ist die Stadt im Großen und Ganzen trotzdem zufrieden. Plogt: „Alle Maßnahmen, die zu einer Entzerrung der weiteren Verteilung und einer längeren Verweildauer in landeseigenen Unterkünften führen, wird auf kommunaler Ebene aktuell begrüßt.“ Momentan werden die Geflüchteten in angemietetem Wohnraum, eigenen Notunterkünften und auch zu einem nicht unwesentlichen Teil weiterhin in Privathaushalten untergebracht. Plogt: „Ohne die große Bereitschaft von Ahrensburgerinnen und Ahrensburgern, Geflüchtete privat aufzunehmen, hätten wir zeitweise gar nicht alle Menschen unterbringen können.“