Reinbek/Glinde. Archivar Carsten Walczok hat zur Geschichte der Wind- und Wassermühlen in Stormarn und im Lauenburgischen geforscht. Seine Ergebnisse.
Im 17. und 18. Jahrhundert hatten Wind- und besonders Wassermühlen eine große Bedeutung für die wirtschaftliche Entwicklung in Südstormarn und im Südkreis Herzogtum Lauenburg. Stadtarchivar Carsten Walczok hat nun gemeinsam mit Oliver Auge, Professor für Regionalgeschichte an der Christian-Albrechts-Universität in Kiel, einen schmalen Band zu dem Thema herausgegeben. Die Region um Reinbek und Glinde sei damals durch ihre hohe Zahl an Kupfermühlen zum Ruhrpott des Nordens aufgestiegen, wagt er den ahistorischen Vergleich.
„Schon im Mittelalter hatte es die erste ,Energiekrise’ gegeben“, berichtet Carsten Walczok, der in seiner Freizeit geforscht und den Aufsatz „Mühlen als vorindustrielle Technikzentren“ geschrieben hat. „Mühlen waren damals – abgesehen von Pferde- und Ochsenstärken – die einzigen Antriebs- oder Kraftmöglichkeiten, die man hatte“, berichtet der Historiker. „Doch bereits im Mittelalter wurden die geeigneten Standorte knapp, an denen man Wassermühlen vernünftig betreiben konnte.“
Wie viele Mühlen es im Laufe der Zeit waren, ist unmöglich zu zählen
Durch die vielen Wasserläufe von Bille, Glinder Au oder Amelungsbach sowie den Geesthang, der häufig für das nötige Gefälle sorgte, gab es besonders in den Südkreisen von Stormarn und vom Herzogtum Lauenburg so viele Wassermühlen, dass die Region eine große wirtschaftliche Bedeutung erhielt, berichtet Reinbeks Stadtarchivar.
So gab es damals nicht nur die heute noch erhaltenen Wassermühlen in Glinde (Kupfermühlenweg 7), in Oststeinbek (Mühlenstraße 10) oder die Fürst-Bismarck-Mühle in Aumühle (Mühlenweg 3), sondern noch viel mehr die heute verschwunden sind. Oft weisen noch die Straßen- oder die Gewässernamen auf ihre frühere Existenz und gleichzeitig auf ihre damalige Bedeutung hin: beispielsweise der Domhorster Mühlenteich auf Gut Domhorst in Oststeinbek, der Kupferhof neben der einstigen Kornwassermühle in Bergedorf (Alte Holstenstraße) oder der Mühlenteich in Reinbek.
Wie viele es im Laufe der Zeit waren, sei daher unmöglich zu zählen, sagt Walczok. Viele Mühlen seien auch bei Bedarf umgestellt worden, beispielsweise von Mahlmühlen zu Schlagmühlen oder umgekehrt wie bei der Glinder Kupfermühle. So gab es in Stormarn zur Reformationszeit 16 Getreidemühlen, in der zweiten Hälfte des ausgehenden 18. Jahrhunderts sogar 37. Zum Vergleich: In Hamburg waren es 1842 40 Getreidemühlen. Dort war der Bedarf für Schiffszwieback wegen des Hafens besonders hoch.
Mit der Reinbeker Mühle wurde Holz für das Schloss zugesägt
Die Arbeiten, die man mit Hilfe der Mühlen bewältigte, waren sehr vielfältig: Klassisch war das Mahlen des Korns zu Mehl. Aber sie dienten auch dazu, Schießpulver aus Holzkohle herzustellen („ohne Pulver kein Krieg“), zur Entwässerung wie in den Vier- und Marschlanden, um Stoffe und Leder mit einer Walkwalze zu bearbeiten, um eine Säge oder eben auch einen Hammer anzutreiben, der Kupfer bearbeitet.
„In Reinbek hat die Wassermühle, die etwa am heutigen Wehr stand, eine Säge angetrieben“, sagt Carsten Walczok. „Damit wurde Holz aus dem Sachsenwald gesägt – nicht nur für den Bau des Schlosses Reinbek, sondern auch für das Schloss in Husum vom selben Bauherrn.“ In seinem Aufsatz geht der Stadtarchivar besonders auf die Grander Mühle ein.
Kupfermühlen verhalfen Stormarn zum wirtschaftlichen Aufschwung
Der wirtschaftliche Aufschwung der Region war den Kupfermühlen zu verdanken: Lübecker und Hamburger Kaufleute kauften Kupfer in Skandinavien und ließen es hier bearbeiten und veredeln. Dann wurde es über die Häfen überall in die damalige Welt verkauft. „Das Thema der Mühlengeschichte in unserer Region birgt noch viel Forschungspotenzial“, stellt Carsten Walczok fest.
Der Band ist im Husum Verlag erschienen und kostet 14,95 Euro. Die Bestellnummer (ISBN) lautet: 978-3-96717-103-7.