Reinbek/Glinde. Die Dachflächen sind groß, die Ausrichtung ideal: Die Photovoltaik-Module sollen Geld in die Kasse der katholischen Gemeinde spülen.

Die katholische Herz-Jesu-Kirche ist ein Wahrzeichen Reinbeks. Ihre ovale Form mit dem kleinen Türmchen auf dem Dach macht das weiße Gebäude zu etwas Besonderem. Besonders ist auch ihre Lage auf der Anhöhe am Niels-Stensen-Weg, von wo sie jedermann grüßt, der die Hamburger Straße entlangfährt. Wenn alles nach Plan läuft, wird die Kirche aus dem Jahr 1953 bald noch mehr Blicke auf sich ziehen. „Unser Wunsch ist es, Photovoltaikmodule aufs Dach zu bringen“, sagt Rudolf Zahn, Vorsitzender des Fördervereins der katholischen Gemeinden im Südkreis Stormarns. „Wir wollen als Gemeinde ein sichtbares Zeichen setzen und uns an der angeschobenen Energiewende beteiligen“, sagt der Reinbeker.

Kirchendächer sind in Neigung und Ausrichtung gen Süden ideal für PV-Anlagen

Nicht nur in Reinbek, auch in Glinde soll Sonnenergie zukünftig in Strom umgewandelt werden: Der Förderverein will jeweils 36 Module auf das Dach die Herz-Jesu-Kirche in Reinbek und auf die katholische Kirche Zu den Heiligen Engeln in Glinde samt den Gemeindehäusern und Kitas setzen. „Beide Kirchendächer eignen sich in Neigung und Ausrichtung gen Süden bestens. Es gibt keine Verschattung“, sagt Matthias Sacher vom Kirchenvorstand der Pfarrei Heilige Elisabeth, zu der die beiden Gemeinden gehören.

Auf die Südseite des ovalen Daches der katholischen Kirche in Reinbek sollen die Module aufgebracht werden.
Auf die Südseite des ovalen Daches der katholischen Kirche in Reinbek sollen die Module aufgebracht werden. © R. Zahn

In Glinde ist die Südseite der Kirche die von der Straße abgewandte. Die Module wären für Passanten kaum sichtbar. In Reinbek wäre es genau andersherum. Doch die Vorstellung, dass sich das Äußere des Kirchgebäudes stark verändern würde, stört in der Gemeinde nur sehr wenige. „Die Zustimmung ist groß. Den meisten ist bewusst, dass wir angesichts der Energiekrise etwas tun müssen“, sagt Bernd Flören, Mitglied im Kirchenvorstand. Vorstand und Pfarrei haben bereits grünes Licht geben.

Ökostrom vom Dach der Kirche soll 1500 Euro in die Kasse spülen

Wohl auch, weil die Vorteile auf der Hand liegen. Selbst nutzen will die Gemeinde den gewonnenen Strom allerdings nicht. „Dazu ist unser Verbrauch einfach zu gering“, sagt Zahn. Aktuell handelt das Bistum Hamburg, zu dem die Pfarrei gehört, den Stromtarif für alle Gemeinden zentral aus.

Vielmehr soll der gewonnene Ökostrom aus Reinbek und Glinde komplett ins Netz vom E-Werk Sachsenwald eingespeist werden. Die Gemeinde erhält dafür eine Vergütung. Laut ersten Berechnungen von Markus Weinert, Mitarbeiter von Nordic Solar, einem Hamburger Solartechnikunternehmen, würde jede Anlage etwa 13.000 Kilowattstunden pro Jahr produzieren und jeweils 1500 Euro pro Jahr in die Gemeindekasse spülen.

Die Pfarrei will für die Zukunft vorsorgen und sich eine Einnahmequelle sichern

„Das Geld soll zu 100 Prozent der seelsorgerischen Arbeit unserer Gemeinden wie dem Hospizverein oder Besuchsdienste im Krankenhaus zugute kommen“, sagt Sacher. Die Pfarrei mit aktuell rund 6500 Mitgliedern will in Zeiten sinkender Mitgliederzahlen und großer Umbrüche langfristig für die Zukunft vorsorgen und sich eine Einnahmequelle sichern.

Die katholische Kirche in Glinde wurde 2015 grundsaniert. Die Dachneigung und Ausrichtung gen Süden sind ideal für PV-Module.
Die katholische Kirche in Glinde wurde 2015 grundsaniert. Die Dachneigung und Ausrichtung gen Süden sind ideal für PV-Module. © R. Zahn

Im Erzbistum Hamburg trifft das Vorhaben auf Zustimmung. „Alles was der Bewahrung der Schöpfung dient, findet unsere Unterstützung“, sagt Sprecher Marco Chwalek. Photovoltaikanlagen auf Gemeindehäusern und Kirchen sind im Erzbistum nichts Neues. „Einzig die Frage des Denkmalschutzes muss geklärt werden“, rät Chwalek.

Erfahrung mit dem Sammeln von Spendengeldern haben die Ehrenamtlichen bereits

Das ist sie: Beide Kirchen in Reinbek und Glinde stehen unter keinem besonderen Schutz. Offen ist lediglich die Frage der Finanzierung. Ideengeber Matthias Sacher, Rudolf Zahn und Bernd Flören sind aber sehr zuversichtlich. Insgesamt 80.000 Euro wollen sie mit Hilfe von Sponsoren einsammeln. So viel kostet die Anschaffung und Installation der Module. 3000 katholischen Haushalten in Südstormarn haben sie jetzt in der Weihnachtspost ihr Projekt vorgestellt und um finanzielle Unterstützung gebeten.

Erfahrung mit dem Sammeln von Spendengeldern haben die Ehrenamtlichen bereits: Für die Grundsanierung der Glinder Kirche haben sie in eineinhalb 150.000 Euro zusammenbringen können. Fürs Zusammentragen von 100.000 Euro für die Dachsanierung der Reinbeker Kirche in 2017 brauchten sie nur wenige Monate. Ob christlich oder nicht: „Unterstützung fanden wir in allen Reihen der Reinbeker Gesellschaft“, freut sich Rudolf Zahn über die große Spendenbereitschaft vor Ort. Darauf setzen sie auch bei dieser Aktion und freuen sich über Spenden auf das Konto vom Förderverein der katholischen Gemeinden Südstormarn (IBAN: DE45 2135 2240 0179 092093, Spendenbescheinigungen werden ausgestellt).

Statt Weizen PV-Anlagen: Acker in Neuschönningstedt wird zur Freiflächenanlage

Wenn alles nach Plan läuft, könnte bereits Anfang 2024 der erste Solarstrom vom Dach der Kirchen in die Leitungen des E-Werks eingespeist werden.

Nicht nur auf Dächern werden die PV-Anlagen in Reinbek in den kommenden Monaten mehr werden. Auch auf einem derzeit noch landwirtschaftlich genutztem Acker im Norden Reinbeks in Neuschönningstedt, der direkt an die Autobahn 24 angrenzt, will der Eigentümer eine Freiflächenanlage bauen. Die Politik hat jetzt im ersten Schritt den Weg dafür freigemacht.