Glinde/Großhansdorf. Schulträger haben bislang nur Bruchteil der für den Kreis vorgesehenen 11,5 Millionen Euro beantragt. Sie kritisieren das Verfahren.

Ein großer Schub für die Digitalisierung der Schulen sollte der 2019 von der Bundesregierung aufgelegte Digitalpakt sein. Rund fünf Milliarden Euro bis 2024 stehen für den Ausbau der Infrastruktur zur Verfügung. Allein die Schulen in Schleswig-Holstein erhalten insgesamt rund 170 Millionen Euro. Doch ein Blick auf den aktuellen Ländervergleich, den die Bundesregierung jetzt veröffentlich hat, zeigt: Es hakt bei der Umsetzung des Digitalpaktes im Norden.

Schleswig-Holstein hat seinen Anteil demnach gerade erst zu einem Viertel ausgegeben. Mit 27,7 Prozent der Mittel, die zur Jahresmitte in laufenden und abgeschlossenen Projekten steckten, belegte der Norden den vorletzten Platz im Vergleich der Bundesländer vor dem Saarland. Auf Platz eins kam Sachsen mit 98 Prozent, auf Platz zwei Hamburg mit 94,5 Prozent. Der Bundesdurchschnitt lag demnach bei 61,1 Prozent.

Beim Digitalpakt für die Schulen geht es in Stormarn kaum voran

Auch an die Schulträger in Stormarn ist bislang kaum Geld aus dem Digitalpakt geflossen. Wie aus Zahlen des Bildungsministeriums in Kiel hervorgeht, wurden bis zum 11. Oktober erst 212.735 Euro abgerufen. Durch die Schulträger beantragt wurden zwar immerhin bereits rund 2,8 Millionen Euro – das ist allerdings immer noch nur ein Bruchteil der dem Kreis insgesamt zur Verfügung stehenden Mittel in Höhe von 11,5 Millionen Euro.

Woran liegt das? Die Kommunen, die die überwiegenden Schulen im Kreis in ihrer Trägerschaft haben, verweisen auf das komplizierte Antragsverfahren, welches sich aus der Förderrichtlinie des Keiler Bildungsministeriums ergibt. „Das Verfahren ist so komplex, dass es selbst für Verwaltungsfachleute nicht auf Anhieb zu durchschauen ist“, sagt Großhansdorfs Bürgermeister Janhinnerk Voß. Die Waldgemeinde habe deshalb entschieden, in Vorleistung zu gehen, sich für den Antrag die notwendige Zeit zu nehmen.

Viele Kommunen gehen bei den Investitionen in Vorleistung

Der Schulverband Großhansdorf, zu dem neben der Waldgemeinde auch Hoisdorf und Siek gehören, hat nach Angaben der Verwaltung bereits rund 345.000 Euro für die Ausstattung seiner Schulen mit WLAN und Präsentationsgeräten, etwa digitalen Tafeln, vorgestreckt. Tablet-PCs und Tafeln im Wert von 235.000 Euro seien derzeit im Beschaffungsverfahren, weitere Investitionen für 2023 in Höhe von 110.000 Euro bereits geplant.

Ähnlich wie Großhansdorf gehen die meisten Kommunen im Kreis vor. Laut Statistik des Bildungsministeriums haben von den kommunalen Schulträgern bislang nur die Schulverbände Stapelfeld, Mollhagen und Bad Oldesloe sowie die Gemeinden Ammersbek und Hoisdorf sämtliche ihnen zustehende Mittel beantragt. Gut da stehen auch Reinfeld mit 79 Prozent und Barsbüttel mit 47 Prozent.

Nur drei Schulträger haben bislang schon Mittel aus dem Pakt abgerufen

Auch der Kreis Stormarn als Träger der beiden Berufsschulen in Ahrensburg und Bad Oldesloe hat bereits 48 Prozent der für ihn vorgesehenen Summe beantragt. Tatsächlich Mittel abgerufen haben aber bislang nur der Schulverband Kuddewörde-Grande (93 Prozent), der Kreis Stormarn (vier Prozent) und die Stadt Bad Oldesloe (vier Prozent). Große Kommunen wie Ahrensburg, Bargteheide, Glinde und Reinbek haben hingegen noch nicht einmal einen Antrag gestellt.

Jens-Peter Boose, Beauftragter für die Schul-IT im Glinder Rathaus, erklärt, wie aufwendig das Verfahren ist. „Bevor wir überhaupt einen Antrag stellen können, müssen die Schulen zunächst ein pädagogisches Konzept vorlegen, wie sie die digitalen Lehrmittel einsetzen wollen, dann müssen wir als Verwaltung ein Ausstattungskonzept, eine Finanzplanung und ein Konzept für Service und Betrieb nach der Installation nachweisen“, führt er aus.

Ministerium möchte sicherstellen, dass die angeschaffte Technik gewartet wird

So wolle das Ministerium sicherstellen, dass die IT nicht nur einmal mit dem Fördergeld angeschafft werde und dann ungenutzt bleibe, sondern dass die Infrastruktur und Geräte langfristig gewartet und unterhalten werden. Statt pauschal eine Summe pro Schüler zur Verfügung zu stellen, verlange das Land, dass jede Investition einzeln dokumentiert und abgerechnet werde. „Wir bekommen das Geld außerdem erst im Nachhinein zurückerstattet“, sagt Boose. Und überhaupt sei auch nicht jede Maßnahme förderfähig. Der Experte veranschaulicht das an einem Beispiel.

„Wenn wir Steckdosen einbauen, um einen WLAN-Router anzuschließen, gibt es dafür Geld, aber wenn wir im Zuge dessen noch weitere Steckdosen einbauen, etwa in den Klassenräumen, die auch für andere Dinge genutzt werden können, ist das nicht förderfähig, obwohl man die Steckdosen auch braucht, um mal ein Laptop aufzuladen“, führt Boose aus.

Glinde rechnet mit jährlich 800.000 Euro für den Unterhalt der Infrastruktur

„Um da durchzusteigen, braucht man Fachwissen im Bereich IT“, sagt er. Glinde habe bereits mehrere Hunderttausend Euro für die Digitalisierung seiner Schulen vorgestreckt, etwa mehrere digitale Tafeln für die Schulen angeschafft. Bis zum Jahresende möchte Boose den Förderantrag nach Kiel schicken.

Der Experte rechnet damit, dass auf die Stadt in Zukunft jährlich Kosten in Höhe von rund 800.000 Euro für Unterhalt, Support, Reparatur und Austausch von Geräten zukommen. „Ein Digitalpakt 2 wäre aus meiner Sicht aber nicht sinnvoll“, sagt er. Wichtiger sei es, dass das Land die finanziellen Grundlagen schaffe, damit die Kommunen die laufenden Kosten selbst stemmen könnten. Denn in den Rathäusern fehle es vor allem an Personal für regelmäßige Wartungsarbeiten.

Ministerium geht davon aus, dass die gesamte Summe abgerufen wird

Und was sagt das Ministerium? Dort verweist man darauf, dass der zu Beginn genannte Ländervergleich lediglich die Zahl der bewilligten Mittel umfasse, nicht aber die tatsächlich abgerufenen Summen. „Beim Mittelabfluss – dem Indikator für die tatsächliche Umsetzung des Digitalpakts in den Schulen – rangiert Schleswig-Holstein im Ländervergleich auf Platz sechs“, so Sprecherin Patricia Zimnik.

Die Landesregierung gehe zudem davon aus, dass alle Mittel bis zum Ende der Förderperiode im Mai 2024 abgerufen würden. „Schulträger können noch bis zum Jahresende Anträge auf Förderung aus ihrem jeweiligen Budget stellen. Die während der Budgetphase nicht gebundenen Fördermittel werden danach im Rahmen der Restmittelvergabe für weitere Schulträger bewilligt“, so Zimnik. Die Sprecherin ergänzt: „Wir gehen davon aus, dass die Restmittel vollumfänglich in Anspruch genommen werden.“