Reinbek. Neuer Spielplatz am Täbyplatz in der Kritik: Familien wünschen sich klassische Geräte zurück. Doch die Stadt will neue Anreize bieten.
Etliche Passanten bleiben stehen, als Lars Wischendorf und seine Kollegen vom Betriebshof das neue Spielgerät hinter dem Täbyplatz und der Nathan-Söderblom-Kirche einzäunen. Denn das Fundament des „Kletterwürfels“ muss noch vier Wochen aushärten und unter dem Gerät wird noch ein Fallschutz angebracht, bevor die Kinder sich daran versuchen dürfen. „Was ist denn das?“, fragt Karin Dahl im Vorbeigehen. „Das ist ja grausig! Dabei war es immer so schön, die Kinder auf der alten Burg spielen zu sehen.“ Auch weitere Passantinnen schütteln die Köpfe.
Familie Neumann ist enttäuscht. „Huii?“, fragt die zweijährige Jeanne traurig. „Sie sucht die Rutsche, die sie so geliebt hat“, erklärt ihre Mutter Jasmin Neumann. „Das Ding an sich fände ich gar nicht so schlecht“, sagt sie zum neuen Spielgerät. „Aber könnte die Stadt nicht noch eine Rutsche und eine Schaukel dazustellen?“ Sie kritisiert, dass das neue Gerät nur für ältere Kinder geeignet sei.
Neuer "Kletterwürfel" wird in den sozialen Medien kritisiert
„Vorher konnte ich einkaufen, während meine Mädchen hier alle ausgiebig gespielt haben.“ Konnten vorher etwa acht Kinder gleichzeitig auf der Burg spielen, hätten jetzt nur noch etwa vier Kinder auf dem Kletterwürfel Platz. Der reize ihre Töchter überhaupt nicht. „Ich glaube, da kann man sich verletzen, wenn man da runterfällt“, sagt Malia, ihre Älteste. Und ihre Schwester Maelle sagt: „Ich mag lieber schaukeln. Dieses Klettergerüst finde ich nicht gut.“ Außerdem fürchtet Jasmin Neumann, dass das Spielgerät mit Graffiti verunziert wird.
In den sozialen Medien wird die eckige Kletterraupe ebenfalls heftig kritisiert, aber auch verteidigt. Von „Designersch...“ über „Ist das Kunst oder kann das weg?“ bis zu „hässlich wie die Nacht“ wird es bei Facebook beschrieben. Doch es gibt auch Lob: „Klasse, dass man mal etwas Neues ausprobiert. Kletterwände sind ja auch hip zur Zeit.“ Ein Neuallermöher berichtet davon, dass die gleiche Raupe in seinem Stadtteil eine zweite Klasse länger beschäftige.
Bewegungsanreize für Schulkinder schaffen
Auch Ulrich Gerwe, als Kinder- und Jugendbeauftragter seit 20 Jahren auch als Planer für Reinbeks Spielplätze zuständig, kennt die Online-Diskussionen. „Ich war überrascht, wie konservativ einige Leute das Thema betrachten“, sagt er. Er ist zuversichtlich, dass der Kletterwürfel seine Freunde finden wird.
„Uns geht es vor allem darum, im öffentlichen Raum Bewegungsanreize zu schaffen, besonders für Kinder im Grundschulalter.“ Die seien nicht allein wegen der nahen Grundschule Klosterbergen die Zielgruppe: Studien würden belegen, dass diese besonders unter Bewegungsmangel leiden. Dafür sei es wichtig, etwas Neues anzubieten – mehr als die üblichen Spielgeräte.
Spielplatz kostet rund 17.000 Euro
Bei der Auswahl des Spielgeräts haben einerseits Trends wie das freie Klettern (Bouldern), andererseits auch Erfahrungswerte aus seinen regelmäßigen Beteiligungsprojekten der Kinder für die anderen 30 Reinbeker Spielplätze eine Rolle gespielt. Denn die Beteiligung für diesen Spielort sei allein aus Zeitgründen weggefallen. Da aus der Sanierung des Bolzplatzes Schaumanns Kamp Haushaltsmittel übrig gewesen seien, die ansonsten verfallen müssten. Da das alte Spielgerät an der Nathan-Söderblom-Kirche aus Sicherheitsgründen abgebaut werden musste, bestand hier Bedarf.
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Rücksicht nehmen mussten die Planer außerdem auch auf den Standort: Die Bäume dort sollten erhalten bleiben. Um die Baumwurzeln zu schützen, konnten nur in einem begrenzten Raum die nötigen Fundamente für Spielgeräte gelegt werden. Etwa 17.000 Euro inklusive Montage investiert Reinbek in die neue Spielfläche – vergleichsweise wenig für einen TÜV-geprüften Platz, sagt Gerwe.
Kinder stimmen mit den Füßen ab
„Grundsätzlich betrachten wir bei der Planung nicht nur den einzelnen Spielplatz, sondern auch die anderen im Stadtteil sowie zum Spielen geeignete Grünflächen mit Büschen und Bäumen“, erläutert er. „Nahe dem Täbyplatz gibt es noch zwei weitere Spielplätze, die sich auch für jüngere Kinder eignen.“ Dort gebe es die klassische Ausstattung mit Rutsche, Wippe und Schaukel, die die Stadt nicht wiederholen möchte.
„Wir sollten die Kinder das neue Spielgerät bewerten lassen“, sagt Ulrich Gerwe. „Ich bin sicher, dass die es auch annehmen werden.“ Ein Sportlehrer habe ihm bereits angekündigt, dass er den Platz mit seinen fünften und sechsten Klassen nutzen will.