Glinde. Architektin Heidrun Matzen kennt das Denkmal sehr gut. Sie hält den Wiederaufbau gerade jetzt für machbar – unter einer Voraussetzung.
Rund zwei Wochen ist es her, dass die Suck’sche Kate in Glindebis auf ihre Grundmauern niederbrannte. Wie es zum Brand des knapp 170 Jahre alten denkmalgeschützten Reetdachhauses kommen konnte, ermittelt aktuell die Kriminalpolizei.
Auch mehr als 14 Tage nach dem Vorfall, der viele Glinder traurig und fassungslos machte, riecht es rund um die Brandruine in der Dorfstraße 16 verbrannt. Von dem Traditionsgebäude ist nur noch eine Ruine übrig: Verkohlte Holzbalken, kaputte Fenster, geschmolzener Kunststoff. Lediglich der Schornstein ragt noch in die Höhe.
Nach Brand der Suck’schen Kate: Architektin hat einen Plan
Doch: „Auch der ist höchstwahrscheinlich einsturzgefährdet“, so die Einschätzung von Heidrun Matzen bei einem Vor-Ort-Termin. Die Hamburger Architektin ist diejenige, die vor Jahren die Sanierungspläne für den Eigentümer ausgearbeitet hat. Seitdem versauern sie in der Schublade, sind nie umgesetzt worden.
Matzen hat nach ihrem Studium an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg ihr gesamtes Berufsleben als Architektin gearbeitet, war 16 Jahre lang Dozentin in Hildesheim und ist Expertin für Gebäude wie die Suck’sche Kate. Sie besitzt selbst eine 316 Jahre alte denkmalgeschützte Kate im Wendland, die sie als Ruine gekauft und selbst saniert hat.
Architektin: „Der Kate konnte nichts Besseres passieren als der Brand“
Es ist eine kühne These, die Heidrun Matzen im Gespräch mit unserer Redaktion in den Raum wirft: „Der Kate und dem Eigner konnte nichts Besseres passieren als der Brand – vorausgesetzt, es liegt eine Brandschutzversicherung vor.“ Das heiße nicht, dass sie nicht traurig über den verheerenden Feuerschaden an dem Gebäude sei.
„Ich hänge an der Suck’schen Kate, der Brand hat mich sehr bestürzt“, sagt sie. Doch vielleicht markiere er das Ende des jahrelangen Stillstandes. Die Theorie hinter Matzens Gedanken: Eine Brandschutzversicherung übernimmt die Kosten, wenn es zu einem Feuer gekommen ist. Sie könnte also möglicherweise für einen Wiederaufbau aufkommen.
Immobilieneigentümer sind nicht verpflichtet ihre Gebäude gegen Brand zu versichern
Doch mit dieser theoretischen Annahme sind viele Unbekannten verbunden – in erster Linie die, ob der Eigentümer für die Suck’sche Kate überhaupt eine Brandschutzversicherung hatte. Ob das der Fall ist, wisse die Architektin nicht, sie habe seit Jahren keinen Kontakt mehr zum ihm. Der Eigentümer selbst war für ein Gespräch mit unserer Redaktion nicht zu erreichen.
Eine Versicherung gegen Feuer ist für Immobilieneigentümer heute keine Pflicht mehr. Das war bis 1994 anders. Heute werden finanzielle Schäden durch Feuer gewöhnlich von der Gebäudeversicherung mit abgedeckt. Eigentümer können aber selbst entscheiden, ob sie eine solche abschließen.
Für die Sanierungspläne hätte der Eigentümer tief in die Tasche greifen müssen
Laut Glindes Bürgermeister Rainhard Zug steht der Eigentümer aktuell in Kontakt mit der Denkmalschutzbehörde, die begutachten müsse, ob die Überreste der Kate noch erhaltenswert sind. Es ist noch völlig offen, ob der Eigentümer zu einem Wiederaufbau verpflichtet werden kann und wer ihn in diesem Fall finanzieren würde.
Selbst wenn eine Brandschutzversicherung vorliege, hält Matzen es für fraglich, ob und in welchem Umfang diese entstandene Schäden ersetzen, gar den Wiederaufbau finanzieren würde. Fest steht wohl aber: „Der Eigentümer scheint offensichtlich nie ein Interesse daran gehabt zu haben, meine Pläne in die Tat umzusetzen“, so die Architektin. Für die hätte er ziemlich tief in die Tasche greifen müssen. Matzen: „Allein die Sanierung des Erdgeschosses hätte rund eine Million Euro gekostet, das Obergeschoss zwischen 400.000 und 600.000 Euro.“
Geschäftsmann aus Bergedorf hatte die Suck’sche Kate 2012 gekauft
Der Geschäftsmann aus Hamburg Bergedorf hatte die Suck’sche Kate 2012 gekauft. Die Stadt Glinde hatte nach dem Tod der letzten Bewohnerin keinen Gebrauch von ihrem Vorkaufsrecht gemacht. Der Eigentümer kündigte an, das Gebäude zu sanieren und selbst darin wohnen zu wollen. Doch es passierte nichts. Das Gebäude verfiel immer weiter.
Zeitweise diskutierte die Politik ein Enteignungsverfahren, verwarf den Gedanken aber wegen geringer Erfolgsaussichten. Weil er sich nicht an Nachbesserungsforderungen des Kreises hielt, verhängte die Denkmalschutzbehörde ein Zwangsgeld. Schließlich besserte der Eigentümer nach. Mit Stützbalken wurde 2016 etwa die Standsicherheit des Gebäudes gesichert. 2017 holte er sich die Baugenehmigung für die Sanierung, ließ von Heidrun Matzen Pläne für die Sanierung erarbeiten – wieder passierte nichts.
Ein Grund für die hohen Sanierungskosten: Schädlinge im Holz
„Ich habe den Plan in enger Zusammenarbeit mit der Denkmalschutzbehörde erarbeitet“, so die Architektin. „Es war ein unglaublich aufwendiger Auftrag“, sagt sie. „Da das Haus denkmalgeschützt ist, waren die Möglichkeiten, etwas zu verändern, sehr begrenzt. Zum Beispiel die Raumaufteilung durfte nicht abgewandelt werden.“
Ihre Sanierung sah unter anderem die Erneuerung der Böden vor. Ein Grund, der die Sanierungskosten so in die Höhe getrieben hat: „Das Holz war von einem Schädling befallen, der aufwendig hätte entfernt werden müssen.“ Sämtliche Skizzen, Pläne und den Schriftverkehr zu dem Projekt hat Matzen in einem dicken Ordner gesammelt. Das ist aber nicht alles. „Zu Hause habe ich ein ganzes Regal voll davon“, sagt die Architektin.
Kann die Suck’sche Kate zum Begegnungsort für Glinder Bürger werden?
Auch wenn der Auftrag für Heidrun Matzen abgeschlossen ist – ihr Architektinnenherz blute, wenn sie sehe, was mit dem besonderen Gebäude passiert ist. „Wenn ich träumen dürfte, dann würde ich mir wünschen, dass die Suck’sche Kate wiederaufgebaut und für die Bevölkerung geöffnet wird, dass es zum Ort der Begegnung wird, dass hier Ausstellungen und Vorträge stattfinden, dass es ein gastronomisches Angebot gibt. Für solch eine Nutzung habe ich immer plädiert“, sagt sie.
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Dieser Vision steht aber aktuell einiges im Weg. Wie es mit der Brandruine der Suck’schen Kate weitergeht, ist derzeit völlig ungewiss. 2020 gründete sich eine Bürgerinitiative, die sich für den Erhalt der Kate und den Kauf seitens der Stadt einsetzt. Auch die Initiative hat ähnliche Vorstellungen wie Matzen, wünscht sich die Schaffung einer Begegnungsstätte.
Bürgerinitiative: Die Situation kann auch eine Chance sein
Trotz des hohen verlangten Preises von 550.000 Euro stimmte die Politik im April dieses Jahres tatsächlich mehrheitlich für den Kauf der Suck’schen Kate. Doch der endgültige Beschluss der Stadtvertretung stand noch aus, sollte nach der Sommerpause erfolgen. Ob Glinde nun an den Kaufplänen festhält, ist unklar. Während Jan Schwartz von der Bürgerinitiative dafür plädiert, äußerten sich Politik und Verwaltung auf Nachfrage unserer Redaktion zuletzt verhalten. Gegen eine vorschnelle Entscheidung in der Sache spricht sich auch Heidrun Matzen aus. „Es wäre zwingend nötig, mit der Denkmalschutzbehörde zu klären, ob und wie die Kate künftig genutzt werden könnte.“
Obgleich ihre Aussage, der Brand sei das Beste gewesen, was der Kate hätte passieren können, verwegen erscheinen mag – auch Jan Schwartz von der Bürgerinitiative sagt: „Die Situation kann auch eine Chance sein.“ Er und seine Mitstreiter kämpfen weiter für die Kate, bereiten aktuell die Gründung eines Fördervereins vor. „Angenommen, der Eigentümer war brandschutzversichert, dann wäre es natürlich schön, wenn er das Geld in den Aufbau stecken würde“, so Schwartz. „Er könnte sich ein Denkmal in Glinde setzen, indem er das einstige Schmuckstück wieder herstellt.“