Glinde. Begriff steht für eine alte Siedlung. Er ist auf zwei Tafeln an Denkmal eingraviert. Diese werden nun abgenommen und später ersetzt.
Für viele Glinder ist es ein Ärgernis. Sie stören sich an dem Begriff „Negerdorf“, der auf zwei Tafeln am sogenannten Buchdenkmal im Wohngebiet Alte Wache eingraviert ist. Der Name steht für eine angrenzende Siedlung aus sieben Reetdachhäusern mit 24 Wohnungen. Der Volksmund hatte hier prägend gewirkt. Seit Monaten diskutierte die Politik, wie damit umzugehen ist. Zwischen Parteien entbrannte ein Streit. Nun ist die Sache geklärt. Man einigte sich im Kulturausschuss, die beiden Schilder zügig abzumontieren. Voraussichtlich 2024 gibt es Ersatz mit einer anderen Kennzeichnung.
„Ich freue mich, dass das Thema vom Tisch ist“, sagt Bürgermeister Rainhard Zug. Die neuen Tafeln würden mit der offiziellen Bezeichnung Siedlung Oher Weg versehen. Diese gilt seit 2015. Das Denkmal am Wanderweg wurde 2013 eingeweiht und erinnert an die Geschichte des Heereszeugamtes, gegründet 1936 von den Nationalsozialisten. In jenem Jahr entstanden auch die Reetdachhäuser für Offiziere und Beamte. Nach dem Zweiten Weltkrieg wohnten in den Gebäuden auch Flüchtlingsfamilien und Heimatvertriebene. Seit 2003 steht das Ensemble unter Denkmalschutz. Eigentümer ist die Baugenossenschaft freier Gewerkschafter eG.
Name „Negerdorf“ wurde 1961 vom Landesbauamt Lübeck übernommen
Die Debatte hatten die Grünen angestoßen. Im Hauptausschuss am 6. Dezember vergangenen Jahres drängten sie darauf, die Tafeln sofort abzunehmen und erst wieder anzubringen, wenn das umstrittene Wort durch die novellierte Sprachregelung ersetzt ist. CDU und SPD verwiesen die Angelegenheit in den Kulturausschuss im Februar. So lange wollten die Grünen nicht warten und forderten, den Begriff unkenntlich zu machen. Die Aufnahme ihres Antrags in die Tagesordnung der Stadtvertretung Mitte Dezember wurde abgelehnt. Die Sozialdemokraten echauffierten sich, weil die Grünen eine namentliche Abstimmung verlangten. Die SPD hatte den Eindruck, man wolle sie brandmarken.
Vor drei Monaten fand dann ein Vorschlag der Christdemokraten eine Mehrheit. Die Verwaltung wurde beauftragt, eine Tafel zu entwerfen, auf der erklärt wird, wie sich das Gebäudeensemble seinerzeit im Volksmund als „Negerdorf“ etabliert hat. Die Bezeichnung wurde übrigens auf den Schildern bewusst in Anführungszeichen gesetzt. Sie ist in Akten aufgeführt, wurde 1961 durch das Landesbauamt Lübeck übernommen. Die Grünen halten den Begriff für rassistisch.
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Nun geht alles ganz schnell. Die Glinder Jugendarbeitsgruppe, eine Art Beirat, sammelte rund 120 Unterschriften für die Namenslöschung. Sie holte sich Signaturen laut Grünen-Fraktionschef Lüder Lückel an Schulen und auf dem Marktplatz auch von Senioren. „Wir hätten das gern leiser erledigt und sind froh, dass wir in den Köpfen etwas bewegen konnten“, so Lückel. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Frank Lauterbach sagt zum jüngsten Beschluss: „Man will so ein Thema nicht eskalieren lassen.“