Glinde. CDU, SPD, Grüne und FDP wollen City neu gestalten. Schadstoffsanierung im Schulzentrum kostet bis zu 40 Millionen Euro.

Wenn es um Bildung und Schule geht, sind sich die Parteien in Glinde einig. Rund 3,7 Millionen Euro kostet die bald vollendete Sanierung samt Umbau des naturwissenschaftlichen Bereichs im Schulzentrum am Oher Weg. Die Erweiterung der Grundschule Tannenweg um ein Gebäude mit Mensa, zehn Klassen- und fünf Differenzierungsräumen für zehn Millionen Euro ist ebenfalls bewilligt. In der kommenden Legislaturperiode steht im Schulzentrum dann ein Mega-Projekt an: die Schadstoffsanierung inklusive Mensabau mit geschätzten Kosten von bis zu 40 Millionen Euro. Auch hier wird sich keine Fraktion quer stellen.

Bei vielen anderen Themen ist man inhaltlich ebenfalls auf einer Linie. Doch natürlich gibt es auch Unterschiede – das fängt schon bei der Prioritätensetzung an. Die Programme von CDU, SPD, Grünen und FDP für die Kommunalwahl am 14. Mai sind mit diversen Absichtserklärungen gespickt. Sie sind umfangreich, sollen die Bürger überzeugen. Beim Votum vor fünf Jahren gelang das den Christdemokraten am besten. Die Partei ist stärkste Kraft.

Liberale wollen schnellstmöglich einen City-Manager

Was alle umtreibt, ist die Neugestaltung der City. 2020 wurde ein Konzept mit Rahmenplan beschlossen, in dem die Leitlinien für die städtebauliche Entwicklung festgelegt sind. Bestandteil sind unter anderem 300 neue Wohnungen, 100 davon öffentlich gefördert, 4000 Quadratmeter zusätzliche Einzelhandelsflächen und eine Tiefgarage. Allerdings geht es kein Stück voran, weil Grund- und Immobilienbesitzer nicht investieren wollen. „Aus unserer Sicht ist die Aufwertung der Stadtmitte die wichtigste Zielsetzung“, sagt Liberalen-Fraktionschef Thomas Kopsch. Es müsse zu ersten Spatenstichen kommen.

Die FDP will schnellstmöglich einen City-Manager für Glinde, der die Planungen vorantreibt und auf Geschäftsleute einwirkt, Geld in die Hand zu nehmen. Eine solche Stelle nennen die anderen Parteien nicht. Die CDU schlägt eine Gestaltungssatzung vor und kann sich vorstellen, das Konzept abzuspecken. Für die SPD ist dieses überdimensioniert. Sie will den kostenlosen Marktparkplatz auf jeden Fall erhalten. Die Grünen „vermissen bei der Planung die Berücksichtigung der Klimaerhitzung“ und warnen vor einer „Betonwüste“. Das Zentrum solle behutsam weiterentwickelt werden.

Die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum wird auch in der kommenden Legislaturperiode die Ausschüsse beschäftigen. Die Sozialdemokraten möchten Vorhaben bei der Aufstellung von neuen Bebauungsplänen nur genehmigen, wenn Unternehmen mindestens 50 Prozent öffentlich geförderte Einheiten bereitstellen. „Und wir sollten Wohnungen in städtisches Eigentum bringen“, sagt der Fraktionsvorsitzende Frank Lauterbach. Die von ihm genannte Quote halten auch die Grünen für sinnvoll. Es besteht allgemeiner Konsens, dass die Stadt mehr Sozialwohnungen benötigt.

TSV Glinde ist Hilfe zugesagt für Modernisierung der Anlage

Eine Absage erteilen SPD, Grüne und FDP einem Investor, der bis zu 600 Wohnungen bauen möchte auf dem Gelände des TSV Glinde und mit der Stadt einen Grundstückstausch anstrebt. Er würde dem Sportverein zudem eine neue Anlage komplett finanzieren. Der für den TSV vorgesehene Bereich war früher eine Kiesgrube und bis 2015 sogenannte Altlastenverdachtsfläche, die 30 Jahre nicht bebaut werden durfte. Einst strömte Methan aus. Laut neuem Bodengutachten liegt kein relevantes Gasbildungspotenzial mehr vor. Der TSV Glinde wiederum würde gern auf das Angebot eingehen, hat er doch einen hohen Sanierungsbedarf in Gebäude und Plätze. Bis 2030 beziffert der Verein die Kosten auf rund fünf Millionen Euro. Über so viel Geld verfügt er nicht, außerdem drücken noch eine Million Euro Schulden – in den 90er-Jahren hatte man sich mit dem Bau eines Hotels samt Tanzzentrum übernommen. Die Entscheidungsträger versprechen Unterstützung. In welchem Umfang das geschieht, muss dann geklärt werden.

„Die Sicherung der TSV-Existenz sollte durch einen rechtssicheren Bebauungsplan und eine Task-Force für die Finanzierungsfragen geregelt werden“, sagt der Liberale Kopsch. Bei der CDU klingt das ein bisschen anders. Der Ortsvorsitzende Claus Peters: „Vorerst wollen wir keinen Grundstückstausch, sondern erst prüfen, was mit dem bestehenden TSV-Gelände erreicht werden kann.“ Die Christdemokraten lassen sich also eine Hintertür offen.

An einem anderen Wohnbauvorhaben wollen die Parteien festhalten. Man hofft, dass die Baugenossenschaft Sachsenwald im Stadtteil Wiesenfeld bald aktiv wird. Geplant sind 149 Wohnungen, 30 Prozent davon öffentlich gefördert, in sieben Mehrfamilienhäusern am Buchenweg. Der Entwurfs- und Auslegungsbeschluss für den Bebauungsplan wurde einstimmig gefasst. Durch den Wegfall der Förderung für Gebäude im KfW-55-Standard ist das Finanzierungskonzept jedoch geplatzt.

Neue Machtverhältnisse mitten in der Legislaturperiode

Eine Mehrheit in der Politik sprach sich zudem für Nachverdichtung am Weißdornweg aus. 113 neue Wohnungen schlug die Vonovia hier vor, forcierte das Projekt allerdings nicht. Im Sommer will das Unternehmen laut Bürgermeister Rainhard Zug wieder vorstellig werden mit einer Präsentation. Auf den Inhalt mit möglichen Änderungen wartet man gespannt. Schon damals votierten SPD und Grüne gegen das Projekt. 30 Prozent Sozialwohnungen waren ihnen zu wenig. Das Parteien-Duo hatte nach der Kommunalwahl 2018 im Stadtparlament einen Sitz mehr als CDU und FDP. Vor etwas weniger als zwei Jahren wechselte Ursula Stawinoga jedoch von der SPD- in die CDU-Fraktion. Das führte zu neuen Machtverhältnissen und zieht sich durch alle Ausschüsse.

Die Suck’sche Kate steht unter Denkmalschutz. Der Eigner bietet der Stadt das Haus für 550.000 Euro an.
Die Suck’sche Kate steht unter Denkmalschutz. Der Eigner bietet der Stadt das Haus für 550.000 Euro an. © Susanne Tamm

Ganz unterschiedliche Vorstellungen haben die Parteien bei der Suck’schen Kate. Das 1855 erbaute und reetgedeckte Haus an der Dorfstraße ist Kulturdenkmal und im Eigentum eines Unternehmers. Der hatte eine Sanierung versprochen, kommt dem aber nicht nach. Das Gebäude ist in einem schlimmen Zustand und durch Stützbalken gesichert. Um den Verfall zu stoppen, beschäftigt sich die Politik seit Längerem mit einem Kauf. Der Eigner ist zur Abgabe bereit, verlangt 550.000 Euro. Die Sanierungskosten gibt ein Architekt mit zwei Millionen Euro an.

Alle wollen Solaranlagen auf stadteigenen Gebäuden

Die FDP lehnt einen Erwerb ab und fühlt sich bestärkt durch eine von ihr durchgeführte Umfrage auf dem Marktplatz, die natürlich nicht repräsentativ ist. Die SPD ist für einen Deal, möchte, dass das Grundstück dann im Eigentum der Stadt verbleibt und zu einem Park wird. „Wir dürfen nicht blind kaufen“, sagt Grünen-Fraktionschef Lüder Lückel. Bedingung sei für ihn die Gründung eines Fördervereins, der sich engagiert. Die finanzielle Last dürfe nicht bei der Stadt liegen. Den Plan der Christdemokraten beschreibt Peters so: „Kaufen und weiter veräußern. Auf dem Grundstück könnten Wohnungen gebaut werden, und die Renovierung der Kate soll die Stadt auch nicht zahlen.“ Soll heißen: Ein Investor bekommt für das 2500-Quadratmeter-Areal nur den Zuschlag, wenn er sich verpflichtet, das Gebäude auf Vordermann zu bringen.

Was wollen die Parteien in der nächsten Legislaturperiode noch erreichen? SPD und Grüne haben die Bekämpfung der Kinderarmut priorisiert. „Kostenfreie Angebote in der Freizeitgestaltung und professionelle Unterstützung durch Schulsozialarbeit und Streetworking bei Problemen sind sehr wichtig“, sagt Lauterbach. Die Grünen legen ihren Fokus zudem auf den Klimaschutz. Ihrer Ansicht nach muss mehr Tempo gemacht werden. Solaranlagen auf städtischen Gebäuden und mehr Fassadenbegrünung wollen alle Parteien.

In den Wahlprogrammen ist von einer Verbesserung des ÖPNV sowie der Radwege die Rede. Die Grünen bringen etwa eine Stadtbuslinie ins Spiel. Vorbild sind Bargteheide und Schwarzenbek. Auch wird die Wichtigkeit der Freiwilligen Feuerwehr betont. Auf Sicht muss die Wache erweitert werden. Darüber werden sich die Parteien ebenso unterhalten wie über weitere Straßensanierungen. Ausbaubeiträge hat die Stadt abgeschafft, Anlieger müssen kein Geld mehr beisteuern. Nach Blockhorner Allee und Großer Glinder Berg steht nun der Willinghusener Weg als nächstes Projekt zur Diskussion.

Ergebnis 2018: CDU 38,0 %, zehn Sitze, SPD 32,8 %, neun Sitze, Grüne 18,1 %, fünf Sitze, FDP 11,1 %, drei Sitze