Glinde. Glindes Verwaltungschef Rainhard Zug verspricht Geschwindigkeitsreduzierung nach Sanierung der Straße. Bürgerinitiative ist skeptisch.

50 km/h ist die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf dem Papendieker Redder in Glinde, viele Autofahrer halten sich aber nicht daran und sind wesentlich schneller unterwegs. Anwohner sind besorgt, fordern Tempo 30 auf einem durchgängigen Stück von der Möllner Landstraße bis Höhe des Wasserwerks. Das wollen auch die örtlichen Politiker und beschlossen bereits im vergangenen Juni, es im Zuge der Sanierung vorzuschreiben. Geht nicht, hieß es zuerst von der Verwaltung. Dann wurde zumindest Hoffnung gemacht und von einer Möglichkeit gesprochen, auf kleinen Abschnitten der Kreisstraße 109 verlangsamen zu können. Nun hat Bürgermeister Rainhard Zug diese Variante versprochen.

Der Verwaltungschef bezieht sich auf eine mündliche Vereinbarung mit der Kreisbehörde, erzählte den Parteienvertretern davon im jüngsten Bauausschuss. „Ich habe Gespräche mit dem Kreis geführt, er wird sich dem nicht entgegenstellen“, sagte Zug dieser Redaktion im Nachgang. Details wollte er nicht nennen. Eine Bürgerinitiative ist skeptisch und möchte eine schriftliche Bestätigung. Außerdem dauert ihr das viel zu lange. Sie pocht auf eine sofortige Aufstellung von Schildern. 117 Personen haben eine entsprechende Petition unterschrieben. Sprecher Peter Berndt überreichte Zug nun einen Brief mit einem Antrag auf Geschwindigkeitsreduzierung.

Kreisbehörde kann Anordnung der Stadt nichtig machen

Die Stadtverwaltung sagte ob des Drucks zu, über einen gewissen Zeitraum Verkehrszählungen und Tempomessungen durchzuführen. Sie prüft also, ob sie eine sogenannte verkehrsrechtliche Anordnung treffen kann mit 30 km/h. So ein Schritt liegt nicht im Zuständigkeitsbereich der Kreisbehörde. Diese könnte allerdings intervenieren, wenn Glinde die Maximalgeschwindigkeit tatsächlich reduziert. Die Stadt muss zum Beispiel eine besondere Gefahrenlage nachweisen für Schüler beim Überschreiten der Straße. Kommt Glindes Straßenverkehrsbehörde zum Schluss, dass eine Änderung nicht machbar ist, kann die Initiative Widerspruch einlegen. Den würde die Stadt dann an den Kreis weiterleiten. Es klingt alles ein bisschen verzwickt. Letztendlich ist es aber so: Das letzte Wort hat die Behörde in Bad Oldesloe.

Die Anwohner haben zum Beispiel Videos gedreht und das Material dem Bürgermeister als Beweisstück übergeben. Berndt: „Wir haben Autos gefilmt, die mit bis zu 100 km/h das Ortseingangsschild aus Richtung Barsbüttel kommend überquert haben. Die Bremsleuchten sind dabei nicht angegangen.“ Außerdem habe man den gefährlichen Schulweg mithilfe von Fotos dokumentiert, Lärmbelästigungen durch ein eigenes Schallmessgerät nachgewiesen. „Wir haben auch Bagatellunfälle aufgeführt, die nicht in der Polizeistatistik erscheinen“, so Berndt. Die Kreisbehörde vertritt weiterhin folgende Meinung: Voraussetzungen für eine Reduzierung auf 30 km/h liegen nicht vor. Nachzulesen ist das in einem Sachstandsbericht, der im Kreisverkehrsausschuss am kommenden Montag präsentiert wird.

Über den von Zug verkündeten Deal sagt Peter Michael Geierhaas, umweltpolitischer Sprecher der Glinder SPD: „Es kommt Bewegung rein, was schon einmal positiv ist. Eine abschnittsweise Temporeduzierung ist aber wenig sinnvoll.“ Geierhaas wird am Montag in Bad Oldesloe sein und den Kreispolitikern die Glinder Sicht erläutern. Der Forderung der Initiative auf sofortige Umsetzung könne er sich anschließen.

Glindes Bürgermeister hält davon wenig, plädierte dafür, Absprachen mit dem Kreis einzuhalten. „Sonst gefährden wir alles“, sagte er im Ausschuss. Zug verweist auf baubegleitende Arbeiten an den Wasserleitungen, die im Oktober dieses Jahres beginnen sollen. „Dann wird es ohnehin zu Verkehrseinschränkungen inklusive einer Temporeduzierung kommen.“ Der CDU-Fraktionsvorsitzende Rainer Neumann hat Verständnis für die Argumentation des Bürgermeisters und würde sich auch mit einem späteren Aufbau von Tempo-30-Schildern begnügen: „Außerdem sind manche Darstellungen überzogen. Man muss unterscheiden zwischen gefühlter und tatsächlicher Gefährdung.“

Anfang Februar wurden am Rand erste Bäume gefällt

Der Kreis beabsichtigt, die Fahrbahn 2024 anzufassen. Saniert wird auf etwas mehr als einem Kilometer von der Einmündung an der Möllner Landstraße. Anfang Februar wurden entlang des Papendieker Redders in einem ersten Schritt 14 Platanen abgeholzt. Es könnten auch noch mehr werden. Über den Umfang herrscht erst Gewissheit, wenn Hamburg Wasser weiß, wie viele Grundversorgungsleitungen erneuert werden müssen.

Die Straßensanierung kostet mindestens 2,2 Millionen Euro. Glindes Politiker sind nicht glücklich mit dem Umbauplan, weil es weder Radweg noch -streifen gibt. Dafür ist die Fahrbahn nicht breit genug. Es fehlen rund 100 Zentimeter. Eine Ausdehnung ist ausgeschlossen wegen geschützter Bäume am Rand. Als Alternative und zum Schutz der Radler haben sich alle Parteien für Tempo 30 ausgesprochen. Diese müssen nämlich auf die Fahrbahn. Ausnahme sind Kinder bis zum zehnten Lebensjahr mit einer erwachsenen Begleitung. Viele Radfahrer nutzen trotzdem den Gehweg aus Angst vor Autos und Lastwagen, missachten die Regel.

Wie berichtet, hatte sich der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) auf Bitte dieser Redaktion ein Bild vor Ort gemacht. Ortsgruppenleiterin Brigitte Mattigkeit hält eine Tempo-Herabsetzung nicht für zielführend. Ihr Vorschlag: den Fußweg auf der östlichen Seite für Radfahrer freigeben. Die müssten sich laut der Expertin anpassen und Schrittgeschwindigkeit fahren.