Glinde. Anlieger fordern Tempo 30 auf Papendieker Redder. Die Kreisbehörde stellt sich bislang quer, will auch nach Sanierung 50 km/h erlauben.
Der Druck auf die Kreisbehörde nimmt zu: Nachdem bereits Glindes Politiker viele Hebel in Bewegung gesetzt haben, um nach der Sanierung des Papendieker Redders die zulässige Maximalgeschwindigkeit von 50 auf 30 km/h zu reduzieren, legen Anlieger nach. Binnen drei Tagen haben 60 Personen eine Petition unterschrieben, die von Peter Berndt (64) initiiert wurde. Er lebt seit 33 Jahren an der Kreisstraße 109 und ist der Meinung, dass Autofahrer am besten schon jetzt dazu gezwungen werden müssen, langsamer zu fahren. Wie berichtet, wollen die zuständigen Personen in der Kreisverwaltung keine Änderung vornehmen.
„Ich habe nicht mit dieser Resonanz gerechnet. Es ist wichtig, dass wir ein Signal setzen. Mehrere Katzen aus der Nachbarschaft wurden hier überfahren, ein Auto ist schon einmal in einen Vorgarten gekracht“, sagt Berndt, der sich und seine Mitstreiter als Bürgerinitiative versteht. Ursula Klempert sorgt sich um Radfahrer. Die 83-Jährige: „Alle haben Angst, mit dem Velo auf der Straße zu fahren. Dort ist es an manchen Stellen durch geparkte Fahrzeuge viel zu eng.“ Mehrere Gruppenmitglieder bestätigen, dass sie als Radler deshalb den Fußweg nehmen. Das dürfen sie eigentlich nicht.
Für Radstreifen ist die Fahrbahn zu schmal
Gabriela Land hat Vorfälle protokolliert und für Berndt ein Schreiben angefertigt, das drei DIN-A4-Seiten umfasst. Darin berichtet sie von Beinahe-Unfällen von Radfahrern mit Autos und kommt zu dem Schluss: „Es ist lebensgefährlich. Man wird überholt, obwohl Gegenverkehr herannaht.“ Autos donnerten mit Tempo 100 die Straße entlang. „Viele schulpflichtige Kinder sind hier unterwegs. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis etwas sehr Schlimmes passiert.“ Anliegerin Christina Dethje erzählt, wie vor vier Wochen ihr am Straßenrand geparktes Auto gerammt wurde. Der Schaden: 16.000 Euro. Sie sorgt sich vor allem um die Sicherheit ihrer zwei kleinen Kinder.
Glindes Politiker hatten sich beim Sanierungsprojekt Radstreifen gewünscht. Dafür ist die Fahrbahn allerdings zu schmal. Ihr Vorschlag, Tempo 30 einzurichten, lehnt die Kreisbehörde ab mit der Begründung, die Strecke sei kein Unfallschwerpunkt. Bürgermeister Rainhard Zug hatte das Anliegen zwar vorgetragen, Mitspracherecht hat die Stadt aber nicht. Das ärgert die Parteienvertreter, sie akzeptieren diese Haltung nicht, drängen nach wie vor auf die Geschwindigkeitsreduzierung. Deswegen erhofft man sich jetzt Hilfe von der Kreispolitik. Verkehrs- sowie Umweltausschuss werden gebeten, die Behörde aufzufordern, im Zuge der Grunderneuerung mit Tempo 30 zu planen. „Das ist die Ideallösung. Auch mit dieser Geschwindigkeit ist der Verkehrsfluss gewährleistet“, sagt Zug. Der Bürgermeister möchte eine Veränderung auf dem Anschnitt zwischen Möllner Landstraße und dem Friedhof.
Grünen-Stadtvertreter Jan Schwartz erfuhr von unserer Redaktion von Berndts Aktivitäten. Er sagt: „Ich begrüße das. Der Kreisverwaltung muss deutlich gemacht werden, dass es so nicht weitergeht. Mit der Bürgerinitiative bekommt die Sache noch mal einen Drive.“ Berndt hat bei der Polizeidirektion Ratzeburg eine sogenannte Unfallauswertung des Papendieker Redders angefordert und am Dienstag Antwort erhalten. Von 2019 bis heute haben die Ordnungshüter 16 Unfälle registriert, bei sieben wurden Verkehrszeichen oder geparkte Autos angefahren. „Bezüglich angefahrener Haustiere liegt keine Unfallerfassung vor“, heißt es in dem Schreiben. Zudem gebe es in dem Zeitraum keinen Unfall, bei dem die Ursache Geschwindigkeit laute. Die Bürgerinitiative zweifelt an der Vollständigkeit der Statistik. Berndt nennt in diesem Zusammenhang Bagatellschäden, bei denen die Polizei gar nicht eingeschaltet wird.
Fußweg und Parkflächen gehen ins Eigentum der Stadt über
Der Rentner hat sich Anfang kommender Woche mit Peter Michael Geierhaas, umweltpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, verabredet, um über die Petition zu sprechen. Diese soll dem Bürgermeister in der Stadtvertretersitzung am 30. Juni übergeben werden mit der Bitte um Weiterreichen an den Kreis. Berndt will mit möglichst vielen Leuten aufgeschlagen und auch damit ein klares Zeichen setzen.
Nach der Sanierung geht die sogenannte Straßenbaulast mit Fußweg und Parkflächen ins Eigentum der Stadt über. Das ist per Gesetz geregelt. Die Fahrbahn bleibt Sache des Kreises. Er wollte, dass Glinde auch den Grünstreifen übernimmt. Die Kommune macht davon keinen Gebrauch. Bis zur Fertigstellung dauert es noch Jahre. Der Zeitplan steht aber schon: Ab diesem Oktober werden Bäume gefällt. Der eigentliche Straßenbau beginnt im Juni oder Juli 2023 ab der Ecke Kleiner Glinder Berg Richtung Norden bis Höhe des Friedhofs.
Ab Februar oder März 2024 soll dann der Abschnitt bis hin zur Möllner Landstraße angefasst werden. Im Vorentwurf sind für das Projekt, das sich über rund einen Kilometer erstreckt, 2,2 Millionen Euro veranschlagt. Die Kosten trägt der Kreis. Der 2,50 Meter breite Fußweg, auf dem Kinder bis zum zehnten Lebensjahr mit dem Rad fahren dürfen, wird auf zwei Meter reduziert. Auch das bemängeln Glinder Politiker.